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6.6 Landau Notation

Wir führen nun zwei geläufige Notationen ein, die das asymptotische Verhalten einer Funktion mit dem asymptotischen Verhalten einer anderen Funktion vergleichen – also ein relatives asymptotisches Verhalten beschreiben.

Sei D eine Teilmenge und x0 ¯ ein Häufungspunkt (also mit U˙δ (x0) D für alle δ > 0). Seien f, g : D Funktionen. Wir schreiben

f(x) = O(g(x)) für x x0,

falls ein δ > 0 und eine Konstante M > 0 existieren, so dass |f(x)| M|g(x)| für alle x D U˙δ (x0). In anderen Worten, f ist „ Gross-O“ von g für x x0, falls in einer punktierten Umgebung von x0 die Funktion f durch eine Konstante mal |g| beschränkt werden kann. Obwohl dies für obige Defintion nicht notwendig ist, werden wir eigentlich immer vorraussetzen, dass g(x)0 für alle x D oder zumindest für alle x U˙δ0 (x0) für ein δ0 > 0. In diesem Fall ist f genau dann Gross-O von g, wenn f g in einer δ-Umgebung von x0 beschränkt ist. Nochmals in anderen Worten ist f = O(g) gleichbedeutend damit, dass f nicht viel grösser als g ist wenn x in der Nähe von x0 liegt. Zum Beispiel gilt

x x+1 = O (1) für x ,
für jedes x0 gilt x2 = O(x) für x x0, und insbesondere auch
x2 = O(x) für x 0, aber
x2 ist nicht gleich O(x) für x da x2 x = x in keiner Umgebung von beschränkt ist.

Der Vorteil der Notation ist, dass wir den Namen (oben M) für die obere Schranke nicht einführen. Falls uns diese Konstante nicht besonders interessiert, dann können wir uns dadurch bei Rechnungen von einer Zeile zur nächsten auf das Wesentlich konzentrieren. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der impliziten Konstante, falls diese nach einigen Rechenschritten doch erwähnt werden muss.

Wenn f nicht nur durch g beschränkt ist, sondern asymptotisch gegenüber g vernachlässigbar ist, dann sagen wir, dass fKlein-o“ von g ist für x x0. Genauer formuliert: Wir schreiben

f(x) = o(g(x)) für x x0,

falls für jedes 𝜀 > 0 ein δ > 0 existiert mit |f(x)| 𝜀|g(x)| für alle x D U˙ δ (x0). Wie zuvor wollen wir meist g(x)0 auf D annehmen. In diesem Fall gilt f(x) = o(g(x)) für x x0 genau dann, wenn

lim xx0f(x) g(x) = 0.

Man beachte, dass, falls die eigentlichen Grenzwerte lim xx0 f (x) und lim xx0 g (x ) existieren und nicht Null sind, sicherlich f(x) = O(g(x)) für x x0 erfüllt ist, aber die stärkere Aussage f(x) = o(g(x)) für x x0 falsch ist. Beide Notationen sind also vor allem dann interessant, wenn die Grenzwerte entweder null oder unendlich sind. Zum Beispiel gilt

x = o(x2 ) für x (aber nicht umgekehrt) und
x2 = o(x) für x 0 (aber nicht umgekehrt).

Diese Notationen machen analog Sinn für andere Bewegungen wie zum Beispiel x x0, allgemeine Filter, und können insbesondere auch für Folgen verwendet werden.

Übung 6.52 (Klein-o Asymptotiken).

Zeigen Sie, dass die Asymptotiken

xp = o(x) für x 0, x = o(xp) für x xa = o(ex) für x , log (x) = o(xb) für x

für jedes p > 1, a und b > 0 zutreffen, wobei sie Übung 6.35 verwenden dürfen.

Übung 6.53 (Rechnen mit der Landau Notation).

Seien D,x0 wie oben und f, f1 , f2,g reellwertige Funktionen auf D. Zeigen Sie, dass falls f(x) = o(g(x)),f1(x) = o(g(x)) und f2 (x) = o(g(x)) für x x0 , dann auch

f1(x) + f2(x) = o(g(x)) für x x0, αf(x) = o(g(x)) für x x0

für α und analog für Gross-O.

Die Landau Notation wird in vielen Situationen auch als Platzhalter verwendet, um beispielsweise auszudrücken, dass ein Term in einer Summe schneller anwächst oder abfällt als die anderen. In einem Ausdruck der Form

f(x) + o(g(x))für x x0

steht der Term o(g(x)) für eine implizite Funktion h : D mit der Eigenschaft

h(x) = o(g(x))für x x0,

also soll f~ (x) = f (x) + o (g (x)) die Asymptotik f~ (x) f (x) = h (x) = o (g (x)) für x x0 erfüllen. Dies gilt analog ebenso für die Gross-O Notation.

Beispielsweise schreibt man (nach Polynomdivision mit Rest)

x3 7x2 + 6x + 2 x2 + x 34 = x 8 + o(1) für x = x + O(1) für x = x + o(x) für x ,

und erinnert sich auf der rechten Seite somit nur an jene Terme, die den Hauptteil der Bewegung x ausmacht. Es mag vielleicht überraschen, dass im obigen Beispiel alle drei Formeln zutreffen oder nützlich sein könnten. Doch folgen diese Behauptungen direkt aus der Polynomdivision und je nach Zusammenhang will man vielleicht die etwas genauere Aussage mit Fehler o(1) oder die gröbere Aussage mit Hilfe des Fehlers o(x) verwenden.

Derartige asymptotische Aussagen helfen in komplizierteren Argumenten und Berechnungen den Fokus auf die wesentlichen Teile einer Berechnungen zu lenken. Doch liegen in diesem Verstecken von gewissen Ausdrücken auch Risiken für Fehler, zum Beispiel wenn wir die Fehlerterme unbeschränkt oft addieren wollen oder die Fehlerterme von weiteren Parametern abhängen und diese Abhängigkeit auf Grund der Notation vergessen wird. Wir werden die Landau Notation sporadisch aber doch immer wieder einmal einsetzen um das Wesentliche an einer Aussage zu betonen.

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Analysis I (Kap. 1-9) Copyright © by Manfred Einsiedler. All Rights Reserved.

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