6.6 Landau Notation
Wir führen nun zwei geläufige Notationen ein, die das asymptotische Verhalten einer Funktion mit dem asymptotischen Verhalten einer anderen Funktion vergleichen – also ein relatives asymptotisches Verhalten beschreiben.
Sei eine Teilmenge und ein Häufungspunkt (also mit für alle ). Seien Funktionen. Wir schreiben
falls ein und eine Konstante existieren, so dass für alle . In anderen Worten, ist „ Gross-O“ von für , falls in einer punktierten Umgebung von die Funktion durch eine Konstante mal beschränkt werden kann. Obwohl dies für obige Defintion nicht notwendig ist, werden wir eigentlich immer vorraussetzen, dass für alle oder zumindest für alle für ein . In diesem Fall ist genau dann Gross-O von , wenn in einer -Umgebung von beschränkt ist. Nochmals in anderen Worten ist gleichbedeutend damit, dass nicht viel grösser als ist wenn in der Nähe von liegt. Zum Beispiel gilt
Der Vorteil der Notation ist, dass wir den Namen (oben ) für die obere Schranke nicht einführen. Falls uns diese Konstante nicht besonders interessiert, dann können wir uns dadurch bei Rechnungen von einer Zeile zur nächsten auf das Wesentlich konzentrieren. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der impliziten Konstante, falls diese nach einigen Rechenschritten doch erwähnt werden muss.
Wenn nicht nur durch beschränkt ist, sondern asymptotisch gegenüber vernachlässigbar ist, dann sagen wir, dass „Klein-o“ von ist für . Genauer formuliert: Wir schreiben
falls für jedes ein existiert mit für alle . Wie zuvor wollen wir meist auf annehmen. In diesem Fall gilt für genau dann, wenn
Man beachte, dass, falls die eigentlichen Grenzwerte und existieren und nicht Null sind, sicherlich für erfüllt ist, aber die stärkere Aussage für falsch ist. Beide Notationen sind also vor allem dann interessant, wenn die Grenzwerte entweder null oder unendlich sind. Zum Beispiel gilt
Diese Notationen machen analog Sinn für andere Bewegungen wie zum Beispiel , allgemeine Filter, und können insbesondere auch für Folgen verwendet werden.
Übung 6.52 (Klein-o Asymptotiken).
Zeigen Sie, dass die Asymptotiken
für jedes , und zutreffen, wobei sie Übung 6.35 verwenden dürfen.
Übung 6.53 (Rechnen mit der Landau Notation).
Seien wie oben und reellwertige Funktionen auf . Zeigen Sie, dass falls und für , dann auch
für und analog für Gross-O.
Die Landau Notation wird in vielen Situationen auch als Platzhalter verwendet, um beispielsweise auszudrücken, dass ein Term in einer Summe schneller anwächst oder abfällt als die anderen. In einem Ausdruck der Form
steht der Term für eine implizite Funktion mit der Eigenschaft
also soll die Asymptotik für erfüllen. Dies gilt analog ebenso für die Gross-O Notation.
Beispielsweise schreibt man (nach Polynomdivision mit Rest)
und erinnert sich auf der rechten Seite somit nur an jene Terme, die den Hauptteil der Bewegung ausmacht. Es mag vielleicht überraschen, dass im obigen Beispiel alle drei Formeln zutreffen oder nützlich sein könnten. Doch folgen diese Behauptungen direkt aus der Polynomdivision und je nach Zusammenhang will man vielleicht die etwas genauere Aussage mit Fehler oder die gröbere Aussage mit Hilfe des Fehlers verwenden.
Derartige asymptotische Aussagen helfen in komplizierteren Argumenten und Berechnungen den Fokus auf die wesentlichen Teile einer Berechnungen zu lenken. Doch liegen in diesem Verstecken von gewissen Ausdrücken auch Risiken für Fehler, zum Beispiel wenn wir die Fehlerterme unbeschränkt oft addieren wollen oder die Fehlerterme von weiteren Parametern abhängen und diese Abhängigkeit auf Grund der Notation vergessen wird. Wir werden die Landau Notation sporadisch aber doch immer wieder einmal einsetzen um das Wesentliche an einer Aussage zu betonen.