Hafermilch – wird sie die neue Kuhmilch?
Sara Ammann, Celina Wolfisberg, Amélie Olsen, Philipp Stettler, Lilian Obrist, Damian Bühler
In den meisten Cafés wird man immer mehr gefragt, welche Milch man denn möchte. Hafermilch, Cashewmilch, Erbsenmilch oder doch lieber gewöhnliche Kuhmilch? Vor allem junge Menschen assoziieren pflanzliche Milchalternativen mit etwas Gutem – besser für die Umwelt und besser für die Gesundheit. Doch ist dies wirklich so?
Wir sind dieser Frage nachgegangen und haben dabei die Hafermilch etwas genauer unter die Lupe genommen. Was sind die Vor- und Nachteile gegenüber der herkömmlichen Kuhmilch?
Für Calcium und Vitamin B12 braucht es keine Kuhmilch
Milch wird nach wie vor wegen ihren gesunden Inhaltsstoffen angepriesen. «Milch stärkt die Knochen!» – diesen Spruch hat jedes Kind schonmal gehört. Verzichten wir aber auch auf die gesunden Inhaltsstoffe, wenn wir auf Kuhmilch verzichten?
Calcium ist ein häufiges Element, welches in der Kuhmilch aber auch in vielen anderen Lebensmitteln wie Tofu, Kohl oder Lachs vorkommt. Calcium ist für den Knochenaufbau des Menschen und mit zunehmendem Alter zur Prophylaxe einer Osteoporose sehr wichtig und sollte daher unbedingt Teil der Diät sein. Da Hafer natürlicherweise kein Calcium enthält setzen viele Produzenten von Hafermilch dieses künstlich zu, damit die Werte ungefähr denjenigen einer Kuhmilch entsprechen.
Vitamin B12 ist ein weiterer essentieller Inhaltsstoff, der in der Kuhmilch vorkommt. Es ist sehr wichtig für die Funktion des Gehirns, die DNA-Synthese, die Zellteilung und die Produktion von roten Blutkörperchen. Ein Mangel sollte daher unbedingt umgangen werden. Dies wissen auch die Produzenten von diversen Milchalternativen (beispielsweise Oatly), weshalb sie der Hafermilch auch Vitamin B12 aus industrieller Produktion künstlich zusetzen.
Es gibt noch viele weitere Faktoren, welche bezüglich der Gesundheit diskutiert werden können. Schlussendlich ist es jedoch egal, ob das Vitamin B12 von einer Kuh oder aus der Industrie stammt; das eine, wie das andere kann von unserem Körper verwertet werden. Beim Kauf einer Hafermilch sollte also darauf geachtet werden, dass das Produkt mit den wichtigen Inhaltsstoffen versehrt ist.
Ist unser Hafer-Held wirklich ökologischer als Kuhmilch?
Eine sehr schwierige Frage. Gegenüber den anderen pflanzlichen Milchalternativen hat die Hafermilch in der Schweiz sicherlich einen Vorteil – Hafer kann lokal angepflanzt werden und somit kann der Transportweg gespart werden.
Auch gegenüber der Kuhmilch-Produktion bestehen Vorteile: Hafer hat eine vergleichsweise kleine Anbaufläche und kann während des Produktionsprozesses ungekühlt gelagert werden. Jedoch ist die Ernte im Vergleich mit anderen Getreidearten intensiver, was ebenfalls eine Umweltbelastung sein könnte.
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Kuhmilchproduktion (trotz Methanausstoss) nicht grundsätzlich schlecht ist. Die Kühe und deren Emissionen sind Teil eines über die Jahre immer verbesserten Kreislaufs und sind Mitgrund für die Aufrechterhaltung des Graslandes, welches als wertvoller CO2-Speicher dient.
Um die beiden Produkte quantitativ zu vergleichen, können CO2-Äquivalente verwendet werden. Jedoch ist dieser Vergleich nicht einfach. Hafermilch ist noch relativ neu auf dem Markt und es gibt (v.a. in der Schweiz) noch kaum Forschungsdaten. Bei einer Kuh können CO2-Äquivalente ermittelt werden, jedoch ist die Milchproduktion auch an die Fleischproduktion gekoppelt, daher ist ein direkter Vergleich mit der Hafermilch schwierig. In Vergleichsstudien stösst man bei Kuhmilch auf Werte zwischen 1.0 – 1.2 und bei Hafermilch auf Werte zwischen 0.21 – 0.316 kg CO2-Äquivalente pro Liter. Ähnliche Daten veröffentlicht auch «Oatly», ein schwedischer Hafer-Drink-Hersteller. Laut diesen Äquivalenten hat also Kuhmilch eine drei- bis viermal so hohe Umweltbelastung wie die Hafer-Alternative.
Die Schweiz als Hafer-Selbstversorger
Wir können ja kaum die Hafermilch für ihren guten Umwelteinfluss loben und dann den Hafer aus dem Ausland importieren. Es stellt sich daher die Frage, ob in der Schweiz genügend Hafer angebaut werden kann, um den Bedarf zu decken.
Im Jahr 2020 wurden in der Schweiz knapp 3.5Mio. Tonnen Kuhmilch produziert. 11.3% davon werden als Konsummilch verwendet. Es müssten also knapp 400Mio. kg Hafermilchproduziert werden, wenn jeder von Kuh- auf Hafermilch umstellen würde.
Nach einigen Berechnungen stellt man fest, dass auf unseren gesamten Landwirtschaftlichen Nutzflächen (Anbaupausen mitberücksichtigt) pro Jahr 5.5Milliarden Tonnen Hafermilch produziert werden könnten. Dies würde als ausreichen, um die Schweizer Bevölkerung mit Hafermilch zu versorgen.
Im Moment baut die Schweiz auf 1700ha Hafer an. Um die oben erwähnte Menge Hafermilch zu produzieren, müsste diese Fläche um das sechsfache erhöht werden. Ob dies möglich sein wird, und ob sich in der Zukunft die Nachfrage nach Hafer erhöht, ist unklar.
Ob der Konsument Kuhmilch durch Hafermilch ersetzen wird, ist nicht nur von den Präferenzen, sondern auch von den Kosten abhängig. Im Moment erhält man einen Haferdrink im Coop für stolze CHF 3.45. Da ist der Liter Bio-Milch, den man für CHF 1.80 erhält eine starke Konkurrenz. Dieser Preisunterschied hängt vor allem damit zusammen, dass Milchproduzenten vom Staat eine Direktzahlung erhalten. Viele Landwirte sind der Meinung, dass die Betriebe höhere Preise anstatt Direktzahlungen für ihre Landwirtschaftserzeugnisse (auch Milch) erhalten sollen. Ohne Direktzahlungen würden die Produkte teurer und der Produzent müsste vielleicht für einen Haferdrink sogar weniger als für eine Kuhmilch bezahlen.
Fazit
Ob die Kuhmilchproduktion jemals eingestellt und durch Milchalternativen ersetzt wird steht in den Sternen. Was jedoch klar ist, ist, dass pflanzliche Milchalternativen mit den richtigen Inhaltsstoffen die Knochen genauso stärken können. Und nicht nur das – nach aktuellen Daten gewinnen sie auch das Rennen gegen die Milch mit weniger CO2-Aquivalenten. Letztendlich lohnt es sich also durchaus, den Kaffee hin- und wieder mit Hafermilch zu trinken oder einen Kuchen mit einer pflanzlichen Milchalternative zu backen!
Quellen
Für Calcium und Vitamin B12 braucht es keine Kuhmilch
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