Wie bereits erwähnt wurde, werden wir uns in diesem und in allen folgenden Kapiteln an den üblichen Aufbau mathematischer Theorien halten und alle Aussagen aus den gegebenen Axiomen ableiten. In unserem Fall sind letztere die Axiome der reellen Zahlen, die wir gemeinsam mit der naiven Mengenlehre (inklusive Funktionen und Relationen) verwenden werden, um die Analysis aufzubauen. Wir werden diesen Aufbau in Etappen erledigen und nach jeder Etappe klarstellen, was wir erreicht haben und in Zukunft verwenden dürfen.
2.1 – Die Axiome der reellen Zahlen
2.1.1 – Körperaxiome
Definition 2.1
Eine Menge [latex]\mathbb {R}[/latex] gemeinsam mit einer Abbildung
die wir Addition nennen, einer Abbildung
die wir Multiplikation nennen, und einer Relation [latex]\leq[/latex] auf [latex]\mathbb {R}[/latex], die wir kleiner gleich nennen, wird als Menge der reellen Zahlen bezeichnet, falls die in diesem Abschnitt 2.1 aufgelisteten [latex]16[/latex] Axiome erfüllt sind.
Die Addition erfüllt folgende Eigenschaften:
- (Nullelement) [latex]\exists 0 \in \mathbb {R}\ \forall x \in \mathbb {R}: x+0 = 0 + x = x[/latex].
- (Additives Inverses) [latex]\forall x \in \mathbb {R}\ \exists (-x) \in \mathbb {R}: x + (-x) = (-x) + x = 0[/latex]
- (Assoziativgesetz) [latex]\forall x,y,z \in \mathbb {R}: (x+y)+z = x+(y+z)[/latex]
- (Kommutativgesetz) [latex]\forall x,y\in \mathbb {R}: x+y = y+x[/latex]
An dieser Stelle kann man sich einige Fragen stellen. Beispielsweise ist nicht klar, wieso die Notation [latex](-x)[/latex] für die additive Inverse eines Elements [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] gerechtfertigt ist; a priori könnte es ja mehrere additive Inverse eines Elements geben. Deswegen sollte [latex](-x)[/latex] vorerst als der Name eines Elements in [latex]\mathbb {R}[/latex] gesehen werden und nicht als ein eindeutig bestimmtes, zu [latex]x[/latex] gehörendes Element. Fragen wie diese möchten wir in Kürze beantworten.
Bemerkung
Um formal korrekt zu sein, müsste man schreiben
- [latex]\exists z \in \mathbb {R}\ \forall x\in \mathbb {R}: x+z = z+x = x[/latex] und
- [latex]\forall x \in \mathbb {R}\ \exists y \in \mathbb {R}\ \forall w \in \mathbb {R}: (x+y)+w = w + (x+y) = (y+x) + w = w + (y+x) = w[/latex].
Dies sind die formal korrekten Version der Axiome (1) und (2): In (1′) haben wir nicht ein «unbekanntes Symbol [latex]0[/latex]» verwendet, sondern die Existenz eines Elements mit einer bestimmten Eigenschaft gefordert. Dadurch wird es klarer, dass bei der gefordeten Existenz a priori nicht klar ist, ob es nur ein oder mehrere derartige Elemente gibt. Analog haben wir in (2′) die Verwendung dieses unbekannten Symbols und auch der verfrühten Notation [latex](-x)[/latex] vermieden.
Wir haben bei der Formulierung der obigen Axiome versucht einen Kompromiss zwischen Lesbarkeit und formaler Korrektheit zu treffen, damit die Axiome auf den ersten Blick intuitiv Sinn machen und über jeden Zweifel erhaben sind. Formal sollten Sie die Symbole [latex]0[/latex] und [latex](-x)[/latex], wie bereits angedeutet, vorerst als seltsame aussehende Variablen interpretieren.
Alternativ hätten wir in der Formulierung der Axiome gleich zu Beginn fordern können, dass es neben der Addition auch noch ein ausgezeichnetes Element [latex]0\in \mathbb {R}[/latex] und eine weitere Abbildung [latex]-:\mathbb {R}\to \mathbb {R}[/latex] gibt, und in den ersten beiden Axiomen die Eigenschaften dieser zusätzlichen Objekte beschreiben können. Dies widerspricht aber dem Wunsch an einem Axiomensystem minimal zu sein und nur die nötigsten Objekte, die sich nicht unter Verwendung anderer Objekte definieren lassen, einzuführen.
- Das Nullelement [latex]0[/latex] (auch die Null genannt) ist durch das Axiom (1) eindeutig bestimmt. Insbesondere ergibt der Begriff «das Nullelement» Sinn und es ist akzeptabel, dass [latex]0[/latex] in Axiom (2) vorkommt, ohne dass man vorher eine Null wählen musste. In der Tat, sind [latex]0_1,0_2\in \mathbb {R}[/latex] zwei Elemente, die die Eigenschaft in Axiom (1) erfüllen, dann gilt also
[latex]
\begin{aligned}[]0_1 = 0_1+0_2 = 0_2.\end{aligned}
[/latex]
(Für welche [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] wurde die Eigenschaft in Axiom (1) verwendet und wie?
Hinweis.
Zuerst wurde [latex]x=0_1[/latex] in Axiom (1) für [latex]0_2[/latex] eingesetzt.
)
Das Negative [latex]-x \in \mathbb {R}[/latex] ist für jedes [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] durch die Eigenschaft [latex]x + (-x) = 0[/latex] eindeutig bestimmt. Insbesondere können wir von der additiven Inversen eines Elements sprechen und die Abbildung [latex]-:x \in \mathbb {R} \mapsto -x \in \mathbb {R}[/latex] ist wohldefiniert. In der Tat, falls [latex]y,z\in \mathbb {R}[/latex] zu [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] die Identitäten [latex]x+y = x+z= 0[/latex] erfüllen, dann gilt
[latex]
\begin{aligned}[]y = y+0 &= y+(x+z) \\ &= (y+x)+z = (x+y)+z = 0 + z = z,\end{aligned}
[/latex]
nach der Eigenschaft der Null in Axiom (1), der Annahme für [latex]z[/latex], dem Assoziativgesetz in Axiom (3), dem Kommutativgesetz in Axiom (4), der Annahme für [latex]y[/latex] und wiederum die Eigenschaft der Null in Axiom (1).
Wegen der Eindeutigkeit der additiven Inversen gilt [latex]-(-x) = x[/latex] für jedes [latex]x \in \mathbb {R}[/latex]. Denn für [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] gilt [latex](-x) + x = 0[/latex] nach der Definition der additiven Inversen von [latex]x[/latex] in Axiom (2) und damit ist nach () schliesslich [latex]-(-x) = x[/latex].
«Additives Kürzen» ist erlaubt: Sind [latex]x,y,z \in \mathbb {R}[/latex] mit [latex]x+y = x+z[/latex], so darf man [latex]x[/latex] wegstreichen. (Das heisst, die Aussage [latex]\forall x,y,z \in \mathbb {R}: x+y = x+z \implies y=z[/latex] gilt.) In der Tat gilt
[latex]
\begin{aligned}[]y = ((-x)+x) + y & = (-x) + (x+y) \\ &= (-x) + (x + z) = ((-x)+x)+ z = z,\end{aligned}
[/latex]
wobei die Eigenschaft der Null in Axiom (1), Eigenschaft der additiven Inversen in Axiom (2), das Assoziativgesetz in Axiom (3), die Annahme [latex]x+y = x+z[/latex], das Assoziativgesetz in Axiom (3) und nochmals die Eigenschaft in den Axiomen (2) und (1) verwendet wurden.
Nach dem Assoziativgesetz in Axiom (3) können wir für [latex]x,y,z \in \mathbb {R}[/latex] anstelle von [latex](x+y)+z[/latex] oder [latex]x+(y+z)[/latex] einfach [latex]x+y+z[/latex] schreiben, da diese nach Axiom (3) gleich sind. Anstelle von [latex]x+(-y)[/latex] für [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] schreiben wir oft auch die Subtraktion [latex]x-y[/latex] und anstelle von [latex](-x)+y[/latex] auch [latex]-x + y[/latex].
Wichtige Übung 2.3
Zeigen Sie die folgenden Regeln (unter Verwendung der Axiome (1)-() und der Folgerungen ()-()).
- Es gilt [latex]-0 = 0[/latex].
- Für alle [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] gilt [latex]-(x+y) = (-x) + (-y)[/latex] (wobei wir für letzteres auch [latex]= -x - y[/latex] schreiben).
- Für alle [latex]x,y \in \mathbb {R}[/latex] gilt [latex]-(x-y) = -x+ y[/latex].
Bemerkung
Wir sagen auch, dass die reellen Zahlen [latex]\mathbb {R}[/latex] gemeinsam mit der Abbildung (Verknüpfung) [latex]+:\mathbb {R} \times \mathbb {R} \to \mathbb {R}[/latex] eine kommutative oder abelsche Gruppe bilden, da die Axiome (1)-() gerade die Axiome einer kommutativen Gruppe bilden.
Die Multiplikation erfüllt folgende Eigenschaften:
- (Einselement) [latex]\exists 1 \in \mathbb {R}\setminus \left \lbrace {0} \right \rbrace \ \forall x \in \mathbb {R}: x\cdot 1 = 1 \cdot x = x[/latex].
- (Multiplikative Inverse) [latex]\forall x \in \mathbb {R} \setminus \left \lbrace {0} \right \rbrace \ \exists (x^{-1}) \in \mathbb {R}: x\cdot (x^{-1}) = (x^{-1})\cdot x = 1[/latex]
- (Assoziativgesetz) [latex]\forall x,y,z \in \mathbb {R}: x \cdot (y \cdot z) = (x \cdot y) \cdot z[/latex].
- (Kommutativgesetz) [latex]\forall x,y \in \mathbb {R}: x \cdot y = y \cdot x[/latex].
Des Weiteren muss bei Kombination der Addition und der Multiplikation folgendes Gesetz gelten.
Wir verlangen
- (Distributivgesetz) [latex]\forall x,y,z \in \mathbb {R}: (x+y)\cdot z = (x\cdot z)+(y\cdot z)[/latex]
Wir werden sehen, dass die Axiome ()-() implizieren, dass [latex]\mathbb {R}^\times = \mathbb {R}\setminus \left \lbrace {0} \right \rbrace[/latex] mit der Multiplikation eine abelsche Gruppe bildet, die auch die Einheitengruppe von [latex]\mathbb {R}[/latex] genannt wird. Dies wird uns insbesondere erlauben, die Folgerungen aus den Axiomen (1)-() auf die Multiplikation analog anzuwenden.
Folgerungen
- Es gilt [latex]0 \cdot x = x \cdot 0 = 0[/latex] für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex]. Denn für ein [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] gilt
[latex]
\begin{aligned}[]0 \cdot x + 0 \cdot x = (0+0) \cdot x = 0\cdot x =0 \cdot x + 0\end{aligned}
[/latex]
nach dem Distributivgesetz in Axiom () und der Eigenschaft der Null. Durch Wegstreichen von [latex]0 \cdot x[/latex] (siehe Folgerung ()) erhalten wir [latex]0\cdot x = 0[/latex]. Nach dem Kommutativgesetz in Axiom () folgt auch [latex]x\cdot 0 = 0[/latex] und die Behauptung ist gezeigt.
Es gilt [latex](-1)\cdot x = -x[/latex] für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex]. Denn für ein [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] ist
[latex]
\begin{aligned}[]x + (-1)\cdot x &= 1 \cdot x + (-1) \cdot x \\ &= (1+(-1)) \cdot x = 0 \cdot x = 0,\end{aligned}
[/latex]
was wegen Folgerung () die gewünschte Aussage impliziert.
Es gilt, dass für jedes [latex]x \in \mathbb {R}^\times[/latex] auch jedes Element [latex](x^{-1})[/latex] wie in Axiom () in [latex]\mathbb {R}^\times[/latex] liegt. Denn wäre [latex]x \in \mathbb {R}^\times[/latex] mit [latex](x^{-1}) = 0[/latex], so würde [latex]1 = x\cdot (x^{-1}) = x \cdot 0 = 0[/latex] gelten, was in Axiom () ausgeschlossen wurde.
«Multiplikatives Kürzen» ist erlaubt: Sei [latex]x \in \mathbb {R}^\times[/latex] und eine Gleichung der Form [latex]x\cdot y = x \cdot z[/latex] für [latex]y,z \in \mathbb {R}[/latex] gegeben. Dann darf man [latex]x[/latex] wegstreichen und es gilt [latex]y =z[/latex]. In der Tat ist
[latex]
\begin{aligned}[]y = 1 \cdot y = ((x^{-1})\cdot x) \cdot y &= (x^{-1})\cdot (x \cdot y) \\ &= (x^{-1})\cdot (x \cdot z) = ((x^{-1})\cdot x) \cdot z = 1 \cdot z = z.\end{aligned}
[/latex]
Es gibt keine «Keine Nullteiler» : Falls [latex]x \cdot y = 0[/latex] für zwei Elemente [latex]x,y \in \mathbb {R}[/latex] gilt, dann ist [latex]x = 0[/latex] oder [latex]y =0[/latex]. Denn nimmt man an, dass [latex]x \neq 0[/latex] ist, so folgt aus der Gleichung [latex]x \cdot y = 0 = x \cdot 0[/latex], die nach Folgerung () und der Voraussetzung gilt, dass [latex]y=0[/latex] ist nach Folgerung ().
Wegen dem Assoziativgesetz in Axiom () schreiben wir anstelle von [latex]x \cdot (y \cdot z)[/latex] oder [latex](x\cdot y) \cdot z[/latex] auch [latex]x \cdot y \cdot z[/latex] für [latex]x,y,z \in \mathbb {R}[/latex]. Wir verwenden im Weiteren die Regel «Punkt- vor Strichrechnung» und lassen den Punkt in der Multiplikation oft auch weg. Insbesondere werden wir das Distributivgesetz in Axiom () auch in der Form [latex](x+y) z = xz + yz[/latex] für alle [latex]x,y,z \in \mathbb {R}[/latex] schreiben.
Bemerkung
Die Axiome ()-() (gemeinsam mit den Folgerungen () und ()) machen [latex]\mathbb {R}^\times[/latex] ausgestattet mit (der Einschränkung) der Multiplikation [latex]\cdot : (\mathbb {R}^\times )^2 \to \mathbb {R}^\times[/latex] zu einer kommutativen Gruppe: Nach Folgerung () ist die Multiplikation wohldefiniert, nach Axiom () existiert ein sogenanntes neutrales Element (hier die Eins, bei der Addition war es die Null), nach Axiom () und Folgerung () hat jedes Element ein multiplikatives Inverses in [latex]\mathbb {R}\setminus \left \lbrace {0} \right \rbrace[/latex]. Das Assoziativgesetz (resp. das Kommutativgesetz) ist wegen Axiom () (resp. Axiom ()) erfüllt. Insbesondere können wir die Folgerungen ()-() übernehmen.
- Das Einselement ist durch die Eigenschaft in Axiom () eindeutig bestimmt.
- Das (multiplikatives) Inverse [latex]x^{-1}\in \mathbb {R}^\times[/latex] ist für jedes Element [latex]x \in \mathbb {R}^\times[/latex] eindeutig durch [latex]x \cdot x^{-1} = 1[/latex] bestimmt.
- Für alle [latex]x \in \mathbb {R}^\times[/latex] gilt [latex](x^{-1})^{-1} = x[/latex].
Wichtige Übung 2.4
- Analysieren Sie das Argument in Bemerkung , das Folgerungen (), () und () beweist.
- Leiten Sie die Folgerungen (),() und () direkt aus den Axiomen ()-() ab, was in diesem Fall nicht viel langsamer als die Argumentation im ersten Teil der Übung ist, aber eine klare Wiederholung der Argumente in Folgerungen ()-() darstellt.
Wichtige Übung 2.5
Seien [latex]x,y,z \in \mathbb {R}[/latex].
- Zeigen Sie, dass die Identität [latex](-x) (-y) = x y[/latex]. Überprüfen Sie auch, dass [latex]-x \in \mathbb {R}^\times[/latex] und [latex](-x)^{-1} = - (x^{-1})[/latex] gilt, falls [latex]x \in \mathbb {R}^\times[/latex] ist.
- Zeigen Sie, dass das Distributivgesetz für die Subtraktion
gilt.
Wir verwenden oft die Schreibweise des Quotienten [latex]\frac {x}{y} = x y^{-1}[/latex] für alle Zähler [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] und Nenner [latex]y \in \mathbb {R}^\times[/latex]. Die Inverse [latex]\frac {1}{y} = y^{-1}[/latex] von [latex]y \in \mathbb {R}^\times[/latex] nennen wir auch den reziproken Wert oder den Kehrwert von [latex]y[/latex].
Wichtige Übung 2.6: Rechenregeln für Quotienten
- Für alle [latex]x,z \in \mathbb {R}[/latex] und [latex]y,w \in \mathbb {R}^\times[/latex] gilt [latex]\frac {x}{y} = \frac {z}{w}[/latex] genau dann, wenn [latex]xw = yz[/latex].
- Für alle [latex]x,z \in \mathbb {R}[/latex] und [latex]y,w \in \mathbb {R}^\times[/latex] gilt
- Für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] und [latex]y,z,w \in \mathbb {R}^\times[/latex] gilt
- Für alle [latex]x,z \in \mathbb {R}[/latex] und [latex]y,w \in \mathbb {R}^\times[/latex] gilt
Wichtige Übung 2.7
Wir definieren [latex]a^2=a\cdot a[/latex] für alle [latex]a\in \mathbb {R}[/latex]. Zeigen Sie die Gleichungen [latex](a+b)^2=a^2+2ab+b^2[/latex], [latex](a-b)^2=a^2-2ab+b^2[/latex], und [latex](a+b)(a-b)=a^2-b^2[/latex] für alle [latex]a,b\in \mathbb {R}[/latex].
Die Axiome (1)-() werden auch die Körperaxiome genannt und machen also [latex]\mathbb {R}[/latex] zu einem Körper. Diese definieren die üblichen Rechenregeln und sind damit gut als Axiome geeignet. Die Folgerungen ()-(), Übung 2.3 und Übungen 2.5—2.7 gelten für beliebige Körper und nicht nur für die reellen Zahlen.
Beispiel 2.8
Bevor wir zu den weiteren Axiomen der reellen Zahlen kommen, wollen wir noch weiterere Beispiele von Körpern und ein Gegenbeispiel geben:
- Die rationalen Zahlen [latex]\mathbb {Q}[/latex], welche man aus den axiomatisch definierten natürlichen Zahlen [latex]\mathbb {N}[/latex] konstruieren kann (siehe Abschnitt 1.5), bilden einen Körper.
- Die ganzen Zahlen [latex]\mathbb {Z}[/latex] (siehe Abschnitt 1.5) bilden keinen Körper. (Warum nicht?)
- Aus den rationalen Zahlen lassen sich viele weitere Körper bilden, zum Beispiel
mit den natürlichen Rechenoperationen, wobei [latex]\sqrt {2}[/latex] eine Lösung der Gleichung [latex]x^2 = 2[/latex] ist. (Wir werden dies nochmals genauer besprechen, siehe Abschnitt 2.1.4.)
- Der kleinst mögliche Körper [latex]\mathbb {F}_2[/latex] besteht aus der Menge [latex]\left \lbrace {{\mathbf {0}},{\mathbf {1}}} \right \rbrace[/latex] gemeinsam mit den Rechenoperationen der Addition
und der Multiplikation
Hier sind [latex]\mathsf {\mathbf {0}},\mathsf {\mathbf {1}}[/latex] nicht die gewöhnlichen Zahlen (Elemente von [latex]\mathbb {R}[/latex]), sondern zwei Elemente der neuen Menge [latex]\mathbb {F}_2[/latex]. Die Operationen [latex]+_{\mathrel {\raisebox {-.5ex}{$ \scriptscriptstyle \mathbb {F}_2 $}}}[/latex] und [latex]\cdot _{\mathrel {\raisebox {-.5ex}{$ \scriptscriptstyle \mathbb {F}_2 $}}}[/latex] sind zwei neue Operationen, so dass [latex]\mathbb {F}_2[/latex] mit diesen beiden Operationen die Körperaxiome erfüllt (siehe Abschnitt 2.8.2).
- Der Körper [latex]\mathbb {F}_2[/latex] kann auch als Quotient von [latex]\mathbb {Z}[/latex] bezüglich der Äquivalenzrelation [latex]\equiv[/latex], definiert durch
für [latex]m,n \in \mathbb {Z}[/latex], konstruiert werden. Diese Definition kann man für jede Primzahl [latex]p\in \mathbb {N}[/latex] erweitern, um damit den Körper [latex]\mathbb {F}_p[/latex] zu definieren (siehe wiederum Abschnitt 2.8.2).
Obige Beispiele zeigen, dass die «üblichen Rechenoperationen» (das wären die Axiome (1)-()) von vielen Zahlensystemen erfüllt werden, oder präziser formuliert, dass es viele verschiedene Körper gibt. Wir sind an diesen Körpern hier(!) nicht weiter interessiert und schliessen sie aus, indem wir weitere Axiome einführen.
2.1.2 – Angeordnete Körper
Die Relation [latex]\leq[/latex] auf [latex]\mathbb {R}[/latex] erfüllt die folgenden vier Axiome
- (Reflexivität) [latex]\forall x \in \mathbb {R}: x \leq x[/latex]
- (Antisymmetrie) [latex]\forall x,y \in \mathbb {R}: \big ((x \leq y \wedge y \leq x) \implies x=y\big )[/latex]
- (Transitivität) [latex]\forall x,y,z \in \mathbb {R}: \big ((x\leq y\wedge y \leq z) \implies x \leq z\big )[/latex]
- (Linearität) [latex]\forall x,y \in \mathbb {R}: \big (x \leq y \vee y \leq x\big )[/latex]
Die Axiome ()-() sind die Axiome einer Ordnung und zusammen mit Axiom () bilden sie die Axiome einer linearen (oder auch totalen) Ordnung. Damit die Relation [latex]\leq[/latex] auf dem Körper [latex]\mathbb {R}[/latex] nützlich ist, benötigen wir die folgenden Axiome, die die Relation mit der Körperstruktur koppeln:
Wir verlangen
- ([latex]\leq[/latex] und [latex]+[/latex]) [latex]\forall x,y,z \in \mathbb {R}:\big ( x \leq y \implies x+z \leq y+z \big )[/latex].
- ([latex]\leq[/latex] und [latex]\cdot[/latex]) [latex]\forall x,y \in \mathbb {R}: \big ((0 \leq x \wedge 0 \leq y) \implies 0 \leq x \cdot y \big )[/latex].
Wie bereits erwähnt wurde, sprechen wir [latex]x \leq y[/latex] als «[latex]x[/latex] ist kleiner gleich [latex]y[/latex]» aus. Wir definieren für [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] auch [latex]y \geq x[/latex] durch [latex]x \leq y[/latex] und sprechen dies als «[latex]y[/latex] ist grösser gleich [latex]x[/latex]» aus. Weiter definieren wir [latex]x kleiner als [latex]y[/latex]» oder «[latex]x[/latex] ist echt kleiner als [latex]y[/latex]» ) durch [latex]x \leq y \wedge x \neq y[/latex]. Natürlich definieren wir [latex]x > y[/latex] durch [latex]y grösser als [latex]y[/latex]» oder «[latex]x[/latex] ist echt grösser als [latex]y[/latex]» . Wir verwenden diese Symbole oft auch in «gleich gerichteten Ketten» ; beispielsweise steht [latex]x \leq ypositiv, falls [latex]x>0[/latex] gilt, und negativ, falls [latex]xnichtnegativ falls [latex]x\geq 0[/latex], beziehungsweise nichtpositiv falls [latex]x\leq 0[/latex].
Das Hinzufügen der Axiome ()-() hat folgende Konsequenzen:
- (Trichotomie) Für alle [latex]x,y \in \mathbb {R}[/latex] gilt entweder [latex]x
y[/latex]. Seien [latex]x,y \in \mathbb {R}[/latex]. Nach der Linearität in Axiom [latex](13)[/latex] gilt [latex]x \leq y[/latex] oder [latex]y \leq x[/latex]. Falls [latex]x= y[/latex], dann können [latex]x > y[/latex] und [latex]x - Seien [latex]x,y,z \in \mathbb {R}[/latex]. Falls [latex]x Denn wir haben [latex]x \leq z[/latex] nach der Transitivität in Axiom () und falls [latex]x = z[/latex] wäre, dann wäre [latex]y \leq x[/latex] und daher [latex]x = y[/latex] nach der Antisymmetrie in Axiom [latex](11)[/latex] und der Voraussetzung [latex]x \leq y[/latex], was aber der Annahme widerspricht. Analog sieht man, dass [latex]x \leq y[/latex] und [latex]y
- Man darf Ungleichungen folgendermassen addieren: Seien [latex]x,y,z,w \in \mathbb {R}[/latex] mit [latex]x \leq y[/latex] und [latex]z \leq w[/latex]. Dann gilt auch [latex]x +z \leq y + w[/latex]. In der Tat, [latex]x \leq y[/latex] impliziert [latex]x+ z \leq y + z[/latex] nach der additiven Kompatibilität in Axiom [latex](14)[/latex] und [latex]z \leq w[/latex] impliziert [latex]y+z \leq y+w[/latex] ebenso nach Axiom [latex](14)[/latex], was gemeinsam [latex]x+z \leq y+w[/latex] nach der Transitivität in Axiom [latex](12)[/latex] impliziert. Analog sieht man (unter Verwendung von Folgerung ()), dass für [latex]x,y,z,w \in \mathbb {R}[/latex] mit [latex]x
- Seien [latex]y,z \in \mathbb {R}[/latex]. Dann gilt [latex]y \leq z[/latex] genau dann, wenn [latex]0 \leq z-y[/latex] gilt. Dies folgt wiederum aus der additiven Kompatibilität in Axiom () durch Subtraktion resp. Addition von [latex]y[/latex].
- Sei [latex]x \in \mathbb {R}[/latex]. Dann gilt [latex]x \geq 0 \iff -x \leq 0[/latex]. Dies folgt aus () mit [latex]y=-x[/latex] und [latex]z=0[/latex] gemeinsam mit Folgerung (c).
- Des Weiteren ist für jedes [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] das Element [latex]x^2 = x \cdot x \geq 0[/latex] und [latex]x^2 > 0[/latex], falls [latex]x \neq 0[/latex]. Falls [latex]x \geq 0[/latex] ist, so folgt die erste Aussage aus der multiplikativen Kompatibilität in Axiom (). Falls [latex]x \leq 0[/latex] ist, dann ist [latex]-x \geq 0[/latex] nach Folgerung () und damit [latex]x x = (-x) (-x) \geq 0[/latex] nach Übung 2.5. Falls [latex]x^2 = 0[/latex] ist, dann gilt [latex]x = 0[/latex] nach Folgerung () und die zweite Aussage folgt.
- Es gilt [latex]0 Denn [latex]1 = 1^2 \geq 0[/latex] nach Folgerung () und [latex]1\neq 0[/latex] nach Axiom ().
- Seien [latex]x,y,z \in \mathbb {R}[/latex]. Falls [latex]x \geq 0[/latex] und [latex]y \leq z[/latex], dann gilt [latex]x y \leq x z[/latex]. Denn unter Verwendung von Folgerung (), wonach [latex]z-y \geq 0[/latex], und der multiplikativen Kompatibilität in Axiom () gilt [latex]x z -x y = x (z-y) \geq 0[/latex] und damit folgt die Aussage wiederum aus Folgerung ().
- Seien [latex]x,y,z \in \mathbb {R}[/latex]. Falls [latex]x \leq 0[/latex] und [latex]y \leq z[/latex], dann gilt [latex]x y \geq x z[/latex]. In der Tat ist [latex]-x \geq 0[/latex] nach Folgerung (), [latex]z-y \geq 0[/latex] nach Folgerung () und somit
[latex]
\begin{aligned}[]x y-x z = x(y-z) = (-x) (-(y-z)) = (-x) (z-y) \geq 0\end{aligned}
[/latex]
nach der multiplikativen Kompatibilität in Axiom () und Übungen 2.5 und .
Für [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] impliziert [latex]0 Wir behaupten zuerst, dass [latex]x^{-1} > 0[/latex] ([latex]y^{-1} > 0[/latex] folgt analog). Denn falls nicht, dann wäre wegen der Trichotomie in Folgerung () und Folgerung () [latex]x^{-1} 0[/latex] und es gilt
[latex]
\begin{aligned}[]y^{-1} = x x^{-1} y^{-1} \leq y x^{-1} y^{-1} = x^{-1}.\end{aligned}
[/latex]
Falls [latex]0 \leq x \leq y[/latex] und [latex]0 \leq z \leq w[/latex] für [latex]x,y,z,w \in \mathbb {R}[/latex], dann gilt auch [latex]0 \leq x z \leq y w[/latex] (siehe Übung 2.9).
In einer Ungleichung der Form [latex]x + y \leq x +z[/latex] für [latex]x,y,z \in \mathbb {R}[/latex] darf man [latex]x[/latex] streichen, das heisst, [latex]y \leq z[/latex] folgern (siehe Übung 2.9).
In einer Ungleichung der Form [latex]x y \leq x z[/latex] für [latex]x,y,z\in \mathbb {R}[/latex] darf man [latex]x[/latex] streichen, das heisst, [latex]y \leq z[/latex] folgern, wenn [latex]x > 0[/latex] ist (siehe Übung 2.9).
Obige Axiome, Folgerungen und Aussagen in den Übungen stellen die üblichen Eigenschaften für Ungleichungen dar. Mit Hilfe dieser können wir auch Aufgaben wie in folgender Übung lösen.
Falls ein Körper (der ja per Definition die Axiome (1)-() erfüllt) eine Relation [latex]\leq[/latex] besitzt, die auch die Axiome ()-() erfüllt, dann nennen wir den Körper mit der Relation einen angeordneten (oder geordneten) Körper.
Beispiel 2.11: angeordnete Körper
- Es gibt keine Relation [latex]\leq[/latex] auf [latex]\mathbb {F}_2[/latex], so dass dieser einen angeordneten Körper bildet. Nehmen wir per Widerspruch an, dass [latex]\leq[/latex] eine Relation auf [latex]\mathbb {F}_2[/latex] ist, die die Axiome [latex](10)-(15)[/latex] erfüllt. Dann folgt aus [latex]0
- Die rationalen Zahlen [latex]\mathbb {Q}[/latex] sowie der Körper [latex]\mathbb {Q}(\sqrt {2})[/latex] aus Beispiel 2.8 bilden mit der üblichen Relation [latex]\leq[/latex] einen angeordneten Körper.
2.1.3 – Das Vollständigkeitsaxiom
Für die Analysis sind die Axiome (1)-() noch nicht ausreichend; Grund dafür ist, dass man vorerst noch zu viele «Lücken» in [latex]\mathbb {R}[/latex] haben könnte. Wir benötigen also noch ein weiteres Axiom. Gewissermassen hat die Suche nach diesem Axiom mit den Arbeiten der Griechen wie Pythagoras, Euklid und Archimedes begonnen, doch wurde sie erst im 19. Jahrhundert in den Arbeiten zahlreicher Mathematiker, darunter Weierstrass, Heine, Cantor und Dedekind, erfolgreich (siehe auch diesen Link).
Wie wir in Kürze besprechen wollen, ist dieses Axiom trotzdem relativ leicht vorstellbar und wie wir im Laufe des Jahres sehen werden, ist es Grundlage für die ganze Analysis.
Axiom (Vollständigkeit)
Die reellen Zahlen erfüllen folgendes Axiom:
- Zuerst in Worten: Falls [latex]X,Y[/latex] zwei nicht-leere Teilmengen von [latex]\mathbb {R}[/latex] sind und für alle [latex]x \in X[/latex] und [latex]y \in Y[/latex] die Ungleichung [latex]x \leq y[/latex] gilt, dann gibt es ein [latex]c \in \mathbb {R}[/latex], das zwischen [latex]X[/latex] und [latex]Y[/latex] liegt in dem Sinn, als dass für alle [latex]x \in X[/latex] und [latex]y \in Y[/latex] die Ungleichung [latex]x \leq c \leq y[/latex] gilt. Formal:
Wenn [latex]\mathbb {R}[/latex] die Axiome (1)–() erfüllt, dann sprechen wir auch von einem vollständig angeordneten Körper. Wir werden uns die reellen Zahlen häufig als die Punkte auf einer Geraden vorstellen, wobei wir deswegen die Gerade auch die Zahlengerade nennen.
Die Relation [latex]x
Was bedeutet in diesem Bild das Vollständigkeitsaxiom? Seien [latex]X,Y[/latex] nicht-leere Teilmengen von [latex]\mathbb {R}[/latex], so dass für alle [latex]x \in X[/latex] und alle [latex]y \in Y[/latex] die Ungleichung [latex]x \leq y[/latex] gilt. Dann sind alle Elemente von [latex]X[/latex] links von allen Elementen von [latex]Y[/latex] wie im nachfolgenden Bild.
Nach dem Vollständigkeitsaxiom existiert also ein [latex]c[/latex], das dazwischen liegt. Die Existenz der Zahl [latex]c[/latex] ist gewissermassen eine Versicherung, dass [latex]\mathbb {R}[/latex] keine «Lücken» hat.
Es ist gut, sich die obigen Axiome und Folgerungen, aber auch alle folgenden Lemmata, Propositionen, Sätze, Theoreme und deren Beweise auf der Zahlengeraden zu veranschaulichen. Doch sollte die Zahlengerade als Motivation und zur Entwicklung einer guten Intuition, aber nicht für die Beweisführung verwendet werden.
2.1.4 – Eine erste Anwendung der Vollständigkeit
Wir schliessen diesen Abschnitt indem wir als eine Anwendung des Vollständigkeitsaxioms die Wurzelfunktion auf [latex]\mathbb {R}_{\geq 0}=\{ x\in \mathbb {R}: x\geq 0\}[/latex] einführen.
Wichtige Übung 2.12: Existenz der Wurzelfunktion
In dieser Übung wollen wir die Existenz einer bijektiven Funktion [latex]\sqrt {\cdot }: \mathbb {R}_{\geq 0} \to \mathbb {R}_{\geq 0},\ a \mapsto \sqrt {a}[/latex] mit der Eigenschaft [latex]\sqrt {a}^2 = a[/latex] für alle [latex]a \in \mathbb {R}_{\geq 0}[/latex] zeigen.
- Zeigen Sie für alle [latex]x,y\in \mathbb {R}_{\geq 0}[/latex], dass [latex]x
- (Eindeutigkeit) Folgern Sie, dass es für jedes [latex]a\in \mathbb {R}_{\geq 0}[/latex] höchstens ein [latex]c\in \mathbb {R}_{\geq 0}[/latex] mit [latex]c^2=a[/latex] gibt.
- (Existenz) Betrachten Sie für eine reelle Zahl [latex]a >0[/latex] die nicht-leeren Teilmengen
Wenden Sie nun das Vollständigkeitsaxiom an, um ein [latex]c\in \mathbb {R}[/latex] mit [latex]x \leq c \leq y[/latex] für alle [latex]x\in X[/latex] und [latex]y\in Y[/latex] zu finden. Verwenden Sie, dass für alle [latex]\varepsilon \in \mathbb {R}[/latex] mit [latex]0
Wir bezeichnen für jedes [latex]a\geq 0[/latex] die durch [latex]c^2=a[/latex] und [latex]c\geq 0[/latex] eindeutig bestimmte reelle Zahl als [latex]c=\sqrt {a}[/latex] und sprechen von der Wurzel von [latex]a[/latex].
- (Wachsend) Zeigen Sie für [latex]x,y\in \mathbb {R}_{\geq 0}[/latex] mit [latex]x
- (Bijektion) Zeigen Sie, dass die Wurzelfunktion von [latex]\mathbb {R}_{\geq 0}[/latex] nach [latex]\mathbb {R}_{\geq 0}[/latex] bijektiv ist.
- (Multiplikativität) Zeigen Sie unter Verwendung von (ii), dass für alle [latex]x,y \in \mathbb {R}_{\geq 0}[/latex] gilt [latex]\sqrt {xy} = \sqrt {x}\sqrt {y}[/latex].
- (Zwei Lösungen) Zeigen Sie, dass es für [latex]a>0[/latex] genau zwei Lösungen der Gleichung [latex]x^2 = a[/latex] in [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] gibt.
Hinweis.
Für (i) genügt es wegen der Trichotomie für alle [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] die Implikation [latex]x
2.1.5 – Verwendung der reellen Zahlen und der Axiome
Zusammenfassend gilt, dass die Körperaxiome der reellen Zahlen die üblichen Rechenregeln und Gleichungsumformungen erlauben, wobei (wie gewohnt) Division mit Null nicht gestattet ist. Des Weiteren erfüllen die Relationen [latex]\leq[/latex] und [latex](1)-(), die Folgerungen ()-() und die Aussagen in den Übungen) im Folgenden ohne Verweis verwenden. Das Vollständigkeitsaxiom (Axiom (16)) war bereits notwendig für den Beweis der Existenz einer Wurzelfunktion. Die wahre Bedeutung dieses Axioms werden wir hingegen erst sehen, wenn wir es für weitere Aussagen verwenden. Insbesondere werden wir bis auf Weiteres stets darauf verweisen, wenn wir es verwenden.
Wir werden häufig die Variablen [latex]a,b,c,s,t,x,y[/latex] verwenden um damit reelle Zahlen zu bezeichnen, werden aber im Sinne der Transparenz trotzdem immer «Sei [latex]a\in \mathbb {R}[/latex] …» oder ähnliches schreiben.
Bemerkung
Wir haben in obigem die Axiome der reellen Zahlen aufgelistet. Die Tatsache, dass wir von den reellen Zahlen sprechen können, rührt daher, dass es bis auf gewisse Identifikationen nur einen angeordneten Körper gibt, der auch () genügt. Eine Analogie dazu findet sich im Schachspiel: Ein Schachbrett mit Schachfiguren ist nicht gleich einem anderen Schachbrett mit Schachfiguren. Für das Schachspiel ist es jedoch egal, welches Schachbrett man benutzt. Wir werden die erwähnte Eindeutigkeit etwas später genauer formulieren und auch beweisen können; für den Moment fixieren wir uns aber einen solchen Körper und nennen ihn den Körper der reellen Zahlen (wir einigen uns auf ein Schachbrett mit den dazugehörigen Figuren).
2.2 – Die natürlichen Zahlen
Da wir alle unsere Diskussionen auf den Axiomen der reellen Zahlen in Abschnitt 2.1 aufbauen werden, wollen wir jetzt die natürlichen, die ganzen und die rationalen Zahlen innerhalb der reellen Zahlen finden und die wichtigsten elementaren und geometrischen Eigenschaften dieser Zahlen beweisen.
2.2.1 – Definition der natürlichen Zahlen und vollständige Induktion
Definition 2.13: Induktive Teilmengen
Eine Teilmenge [latex]M \subseteq \mathbb {R}[/latex] ist induktiv, falls folgende zwei Eigenschaften gelten:
- [latex]1 \in M[/latex]
- Für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] gilt [latex]x \in M \implies x + 1 \in M[/latex].
Beispielsweise ist [latex]\mathbb {R}[/latex] eine induktive Menge (gewissermassen die grösste solche). Die «kleinste» induktive Menge sollen die natürlichen Zahlen sein.
Definition 2.14: Natürliche Zahlen
Wir definieren die Teilmenge der natürlichen Zahlen [latex]\mathbb {N} \subseteq \mathbb {R}[/latex] als Durchschnitt aller induktiven Teilmengen von [latex]\mathbb {R}[/latex]
Aus der Definition folgt unmittelbar, dass [latex]\mathbb {N}[/latex] in jeder induktiven Teilmenge von [latex]\mathbb {R}[/latex] enthalten ist und dass [latex]1 \in \mathbb {N}[/latex], da jede induktive Teilmenge die Eins enthalten muss und [latex]\mathbb {N}[/latex] der Durchschnitt aller induktiven Teilmengen ist. Des Weiteren können wir folgern, dass für alle [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] die Ungleichung [latex]n \geq 1[/latex] gilt. In der Tat ist die Teilmenge [latex]\left \lbrace {x \in \mathbb {R} } \mid {x \geq 1}\right \rbrace[/latex] induktiv (überprüfen Sie dies) und enthält somit [latex]\mathbb {N}[/latex].
Lemma 2.15: Kleinste induktive Menge
Die natürlichen Zahlen [latex]\mathbb {N}[/latex] bilden eine induktive und somit die kleinste induktive Teilmenge der reellen Zahlen.
Beweis
Wir haben oben bereits gesehen, dass [latex]1 \in \mathbb {N}[/latex] ist. Falls nun [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] ist und [latex]M \subseteq \mathbb {R}[/latex] eine beliebige induktive Teilmenge ist, dann gilt auch [latex]n \in M[/latex] (wegen der Definition von [latex]\mathbb {N}[/latex]). Da [latex]M[/latex] induktiv ist, gilt [latex]n +1 \in M[/latex]. Da [latex]M[/latex] aber eine beliebige induktive Teilmenge war, liegt [latex]n+1[/latex] in jeder induktiven Teilmenge und somit auch in [latex]\mathbb {N}[/latex] per Definition von [latex]\mathbb {N}[/latex]. Wir haben für [latex]\mathbb {N}[/latex] also beide Eigenschaften einer induktiven Teilmenge nachgewiesen und das Lemma folgt. ∎
Wir können nun das Prinzip der vollständigen Induktion als Konsequenz unserer Definition der natürlichen Zahlen (und der Axiome der reellen Zahlen) beweisen.
Satz 2.16: Vollständige Induktion
Falls für eine Aussage [latex]A(n)[/latex] über die natürlichen Zahlen [latex]n \in \mathbb {N}[/latex]
- (Induktionsanfang) [latex]A(1)[/latex] und
- (Induktionsschritt) [latex]\forall n \in \mathbb {N}: (A(n) \implies A(n+1))[/latex]
gelten, dann gilt [latex]A(n)[/latex] für alle [latex]n \in \mathbb {N}[/latex].
Beweis
Wir definieren [latex]E = \left \lbrace {n \in \mathbb {N}} \mid {A(n)}\right \rbrace[/latex], womit folgende Aussagen gelten.
- [latex]1\in E[/latex], da [latex]A(1)[/latex] auf Grund des Induktionsanfanges gilt.
- Für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] gilt, dass [latex]x \in E[/latex] nach Definition [latex]x\in \mathbb {N}[/latex] und auf Grund des Induktionsschrittes auch [latex]x + 1 \in E[/latex] impliziert.
Daher ist [latex]E[/latex] eine induktive Menge und es folgt, dass [latex]\mathbb {N} \subseteq E[/latex] nach Definition von [latex]\mathbb {N}[/latex]. Also gilt [latex]A(n)[/latex] für alle natürlichen Zahlen [latex]n \in \mathbb {N}[/latex]. ∎
Übung 2.17: Peano-Axiome
Zeigen Sie, dass die oben definierte Teilmenge [latex]\mathbb {N} \subseteq \mathbb {R}[/latex] die Peano-Axiome (siehe Abschnitt 1.5) erfüllt, wobei [latex]\nu : n \in \mathbb {N} \mapsto n+1\in \mathbb {N}[/latex] die Nachfolgerfunktion ist.
Wir untersuchen nun weitere algebraische und geometrische Eigenschaften von [latex]\mathbb {N}[/latex]. Die Bedeutung der folgenden Diskussionen liegt nicht so sehr in den behaupteten Aussagen, die anschaulich klar sind. Vielmehr zeigen Sie, dass unsere Axiome von [latex]\mathbb {R}[/latex] und unsere Definition von [latex]\mathbb {N}[/latex] auch in der Lage sind, diese natürlichsten Eigenschaften von [latex]\mathbb {N}[/latex] zu beweisen, die wiederum Grundlage für die weiteren Diskussionen bilden.
Lemma 2.18: Addition und Multiplikation auf [latex]\mathbb {N}[/latex]
Für alle [latex]m,n \in \mathbb {N}[/latex] gilt [latex]m+n \in \mathbb {N}[/latex] und [latex]m\cdot n \in \mathbb {N}[/latex].
Beweis
Sei [latex]A(n)[/latex] die Aussage [latex]\forall m \in \mathbb {N}:m+n \in \mathbb {N}[/latex]. Dann gilt [latex]A(1)[/latex], denn falls [latex]m \in \mathbb {N}[/latex], dann gilt auch [latex]m+1 \in \mathbb {N}[/latex], da [latex]\mathbb {N}[/latex] induktiv ist wegen Lemma 2.15. Dies ist der Induktionsanfang. Für den Induktionsschritt nehmen wir also an, dass [latex]A(n)[/latex] für [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] gilt oder in anderen Worten, dass für alle [latex]m \in \mathbb {N}[/latex] auch [latex]m+n \in \mathbb {N}[/latex] gilt. Wegen Lemma 2.15 impliziert letzteres aber auch [latex]m+n+1 \in \mathbb {N}[/latex] für alle [latex]m \in \mathbb {N}[/latex] und wir erhalten die Aussage [latex]A(n+1)[/latex]. Vollständige Induktion zeigt daher [latex]\forall n \in \mathbb {N}: A(n)[/latex], was gerade die Aussage [latex]\forall m,n\in \mathbb {N}: m+n \in \mathbb {N}[/latex] ist.
Für die Multiplikation definieren wir [latex]B(n)[/latex] für [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] als die Aussage [latex]\forall m \in \mathbb {N}: m \cdot n \in \mathbb {N}[/latex]. Dann gilt [latex]B(1)[/latex], da für alle [latex]m \in \mathbb {N}[/latex] auch [latex]m \cdot 1 = m \in \mathbb {N}[/latex]. Falls nun [latex]B(n)[/latex] für [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] gilt, dann folgt aus [latex]m \in \mathbb {N}[/latex] auch [latex]m \cdot n \in \mathbb {N}[/latex] und aus dem ersten Teil des Lemmas auch
Da [latex]m[/latex] beliebig war, gilt also [latex]B(n) \implies B(n+1)[/latex] und das Lemma folgt mittels vollständiger Induktion. ∎
Nachdem wir im letzten Lemma einige algebraische Fragen beantwortet haben, wollen wir uns nun geometrischen Fragen zuwenden. Da [latex]\mathbb {N}[/latex] induktiv ist, sind [latex]1[/latex] und [latex]2=1+1[/latex] in [latex]\mathbb {N}[/latex]. Gibt es eine natürliche Zahl zwischen [latex]1[/latex] und [latex]2[/latex]? Die negative Antwort zu dieser Frage ist in allgemeinerer Form in folgendem Lemma enthalten.
Lemma 2.19: Anordnung von [latex]\mathbb {N}[/latex]
- Für [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] gilt [latex]n=1[/latex] oder [latex]n-1 \in \mathbb {N}[/latex].
- Für [latex]m,n\in \mathbb {N}[/latex] mit [latex]m \leq n \leq m+1[/latex] gilt [latex]n=m[/latex] oder [latex]n=m+1[/latex].
Beweis
Für die erste Aussage zeigen wir, dass die Menge [latex]M =\left \lbrace {1} \right \rbrace \cup \left \lbrace {n \in \mathbb {N}} \mid {n-1\in \mathbb {N}}\right \rbrace[/latex] die natürlichen Zahlen [latex]\mathbb {N}[/latex] enthält. In der Tat ist die Menge [latex]M[/latex] induktiv, da [latex]1\in M[/latex] und da für [latex]n\in M[/latex] auch [latex](n+1)-1 = n \in \mathbb {N}[/latex] und damit [latex]n+1\in M[/latex] gilt. Nach Definition von [latex]\mathbb {N}[/latex] ist also [latex]\mathbb {N} \subseteq M[/latex] wie gewünscht.
Für die zweite Behauptung definieren wir für [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] die Aussage [latex]A(n)[/latex] durch
Dann gilt [latex]A(1)[/latex], denn falls [latex]m \in \mathbb {N}[/latex] die Ungleichung [latex]m \leq 1 \leq m+1[/latex] erfüllt, dann gilt wegen [latex]m \geq 1[/latex] auch [latex]m=1=n[/latex].
Angenommen es gilt nun [latex]A(n)[/latex] für ein [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] und wir wollen [latex]A(n+1)[/latex] zeigen. Sei also [latex]m \in \mathbb {N}[/latex], so dass [latex]m \leq n+1 \leq m+1[/latex] gilt. Falls [latex]m=1[/latex] ist, dann gilt [latex]1 \leq n+1 \leq 2=1+1[/latex] und damit [latex]n \leq 2-1 = 1[/latex]. Wegen [latex]n \geq 1[/latex] folgt [latex]n=1=m[/latex] und somit [latex]n+1 = m+1[/latex]. Falls aber [latex]m \neq 1[/latex] ist, dann ist wegen der ersten Behauptung [latex]m-1 \in \mathbb {N}[/latex] und [latex]m-1 \leq n \leq m[/latex]. Da wir aber [latex]A(n)[/latex] angenommen haben, gilt [latex]n \in \left \lbrace {m-1,m} \right \rbrace[/latex] und daher [latex]n+1 \in \left \lbrace {m,m+1} \right \rbrace[/latex].
Wir haben also den Induktionsanfang [latex]A(1)[/latex] und den Induktionsschritt [latex]A(n) \implies A(n+1)[/latex] für ein beliebiges [latex]n[/latex] gezeigt. Daher gilt [latex]A(n)[/latex] für alle [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] und das Lemma folgt. ∎
Wie bereits im Abschnitt 1.6.3 kurz erwähnt haben, gibt es mehrere Versionen der vollständigen Induktion.
Satz 2.20: Vollständige Induktion
Falls für eine Aussage [latex]A(n)[/latex] über die natürlichen Zahlen [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] die Aussage
- (Induktion) [latex]\forall n \in \mathbb {N}:\ \Big ( \big (\forall k\in \mathbb {N}: (k
erfüllt ist, dann gilt [latex]A(n)[/latex] für alle [latex]n\in \mathbb {N}[/latex]
Beweis
Wir definieren eine Aussage [latex]B(n)[/latex] für natürliche Zahlen [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] durch
Mit vollständiger Induktion (siehe Satz 2.16) und der Anordnung von [latex]\mathbb {N}[/latex] (wie in Lemma 2.19) möchten wir nun zeigen, dass [latex]B(n)[/latex] für alle [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] gilt. Insbesondere folgt damit, dass [latex]A(n)[/latex] für alle [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] gilt (wieso?), was den Beweis des Satzes abschliessen wird.
Wir zeigen zuerst den Induktionsanfang, also dass die Aussage [latex]B(1)[/latex] gilt. Da aber [latex]k = 1[/latex] die einzige natürliche Zahl mit [latex]k \leq 1[/latex] ist, genügt es, die Aussage [latex]A(1)[/latex] zu verifizieren. Hierfür verwenden wir die Annahme im Satz für [latex]n=1[/latex], also die Aussage
Da es keine natürlichen Zahlen kleiner [latex]1[/latex] gibt, ist für jedes [latex]k \in \mathbb {N}[/latex] die Aussage [latex]k
Sei nun [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] gegeben. Wir wollen den Induktionsschritt [latex]B(n) \implies B(n+1)[/latex] beweisen. Also nehmen wir an, dass [latex]B(n)[/latex] bereits gilt. Die Aussage [latex]B(n+1)[/latex] ist durch
gegeben. Für [latex]k \in \mathbb {N}[/latex] ist [latex]k 2.19 äquivalent zu [latex]k\leq n\vee k=n[/latex]. Die Aussage [latex]B(n)[/latex] ist damit zu
äquivalent. Wegen der Annahme im Satz angewandt auf [latex]n+1[/latex] impliziert dies aber [latex]A(n+1)[/latex], was auf Grund obiger Äquivalenz gemeinsam mit [latex]B(n)[/latex] die Aussage [latex]B(n+1)[/latex] zeigt. Dies schliesst den Induktionsschritt und damit den Beweis des Satzes ab. ∎
Die vollständige Induktion in der Version von Satz 2.20 erlaubt uns im Induktionsschritt statt der Annahme, dass die Aussage bloss für die vorhergehende natürliche Zahl gilt, die stärkere Annahme, dass die Aussage bereits für alle echt kleineren natürlichen Zahlen gilt, zu verwenden.
Übung 2.21: Versteckter Induktionsanfang
In der Version der vollständigen Induktion in Satz 2.20 scheint es keinen Induktionsanfang zu geben. Wie kann das sein? Wo ist der Induktionsanfang versteckt?
Hinweis.
Die Antwort beruht auf den Eigenschaften des Allquantors.
Wir bemerken, dass man die Induktion auch verwenden kann, um zum Beispiel für ein vorgebenes [latex]n_0\in \mathbb {N}[/latex] eine Aussage für alle natürliche Zahlen [latex]n \geq n_0[/latex] zu zeigen. In diesem Fall würde man als Induktionsanfang die Aussage für [latex]n=n_0[/latex] beweisen und im Induktionsschritt für eine natürliche Zahl [latex]n \geq n_0[/latex] annehmen.
Wichtige Übung 2.22: Varianten der vollständigen Induktion
Folgern Sie aus Satz 2.16 oder aus Satz 2.20 die folgenden Varianten der vollständigen Induktion. Sei hierzu [latex]A(n)[/latex] eine beliebige Aussage über natürliche Zahlen [latex]n\in \mathbb {N}[/latex]
- Angenommen die Aussagen
- (Induktionsanfang) [latex]A(1)[/latex] und [latex]A(2)[/latex]
- (Induktionsschritt) [latex]\forall n \in \mathbb {N}: (A(n)\wedge A(n+1) \implies A(n+2))[/latex],
gelten, dann gilt ebenso [latex]A(n)[/latex] für alle [latex]n \in \mathbb {N}[/latex].
- Falls für ein [latex]n_0\in \mathbb {N}[/latex] die Aussagen
- (Induktionsanfang) [latex]A(n_0)[/latex]
- (Induktionsschritt) [latex]\forall n\in \mathbb {N}:((n\geq n_0\wedge A(n))\implies A(n+1))[/latex]
gelten, dann gilt auch [latex]A(n)[/latex] für alle natürliche Zahlen [latex]n\geq n_0[/latex].
Hinweis.
Formal gesehen können sie zum Beispiel die Aussage [latex]B(n)[/latex] definiert durch [latex]A(n)\wedge A(n+1)[/latex] für (i) und die Aussage [latex]C(n)[/latex] definiert durch [latex]A(n_0+n-1)[/latex] für (ii) betrachten.
Satz 2.23: Wohlordnung der natürlichen Zahlen
Sei [latex]M \subseteq \mathbb {N}[/latex] eine nicht-leere Teilmenge. Dann hat [latex]M[/latex] ein eindeutig bestimmtes kleinstes Element, das heisst
Die Existenz eines kleinsten Elements zu jeder nicht-leeren Teilmenge ist etwas, was die natürlichen Zahlen auszeichnet und beispielsweise von den reellen Zahlen nicht erfüllt ist. Die Teilmenge der positiven Zahlen [latex]\left \lbrace {x \in \mathbb {R}} \mid {x > 0}\right \rbrace[/latex] oder [latex]\mathbb {R}[/latex] selbst sind konkrete Beispiele von Teilmengen, die kein kleinstes Element haben. (Wieso?
Im ersten Fall ist [latex]00[/latex] und im zweiten Fall ist [latex]x-1
)
Beweis
Die Eindeutigkeit eines solchen kleinsten Elements folgt direkt: Sind [latex]n_0,n_0' \in M[/latex] zwei kleinste Elemente, dann gilt [latex]n_0' \geq n_0[/latex], da [latex]n_0[/latex] ein kleinstes Element ist und [latex]n_0 \geq n_0'[/latex], da [latex]n_0'[/latex] ein kleinstes Element ist. Also gilt [latex]n_0 = n_0'[/latex].
Um die Existenz eines kleinsten Elements zu zeigen, verwenden wir die Kontraposition. Wir nehmen also an, dass [latex]M[/latex] kein kleinstes Element hat, und wollen zeigen, dass [latex]M[/latex] leer ist. Hierzu definieren wir für alle [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] die Aussage [latex]A(n)[/latex] durch [latex]n \not \in M[/latex].
Sei [latex]n\in \mathbb {N}[/latex]. Dann bedeutet die Aussage [latex]\forall k \in \mathbb {N}: k für jedes [latex]n \in \mathbb {N}[/latex]. Die vollständige Induktion in Satz 2.20 zeigt nun, dass [latex]A(n)[/latex] für alle [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] gilt. Damit ist [latex]M[/latex] die leere Menge. ∎
Lemma 2.24: Subtraktion in [latex]\mathbb {N}[/latex]
Für alle [latex]m,n\in \mathbb {N}[/latex] mit [latex]m
Beweis
Sei [latex]A(n)[/latex] für [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] die Aussage
Dann gilt [latex]A(1)[/latex], denn es existiert kein [latex]m \in \mathbb {N}[/latex] mit [latex]m2.19 ist entweder [latex]m=n[/latex] oder [latex]m
Wir definieren die nicht-negativen ganzen Zahlen als [latex]\mathbb {N}_0 = \mathbb {N} \sqcup \left \lbrace {0} \right \rbrace[/latex]. Diese stellen auf natürliche Weise die Kardinalitäten der endlichen Mengen dar, wobei die natürlichen Zahlen die Kardinalitäten der endlichen, nicht-leeren Mengen darstellen. Summen und Produkte sind in diesem Zusammenhang auch wichtig:
Wichtige Übung 2.25: Kardinalität des kartesischen Produkts von endlichen Mengen
Seien [latex]m,n\in \mathbb {N}[/latex]. Zeigen Sie per Induktion über [latex]n[/latex], dass das kartesische Produkt
Kardinalität [latex]mn[/latex] hat. Der Ausdruck [latex]\left \lbrace {1,\ldots ,m} \right \rbrace[/latex] ist dabei eine Abkürzung für [latex]\left \lbrace {k \in \mathbb {N}} \mid {k \leq m}\right \rbrace[/latex] und hat Kardinalität [latex]m[/latex].
Hinweis.
Schreiben Sie für den Induktionsschritt [latex]\left \lbrace {1,\ldots ,m} \right \rbrace \times \left \lbrace {1,\ldots ,n+1} \right \rbrace[/latex] als disjunkte Vereinigung einer Menge mit Kardinalität [latex]mn[/latex] und einer Menge mit Kardinalität [latex]m[/latex].
Bemerkung
Wir werden auch des öfteren eine Funktion auf [latex]\mathbb {N}[/latex] durch Rekursion definieren. Dies bedeutet, dass man die Funktion [latex]f[/latex] auf [latex]1[/latex] definiert indem man [latex]f(1)[/latex] konkret angibt, und dann eine Rekursionsbedingung (zum Beispiel eine Formel) festlegt wie [latex]f(n+1)[/latex] aus [latex]f(1),\ldots ,f(n)[/latex] bestimmt wird (wobei man [latex]f(1),\ldots ,f(n)[/latex] als bereits definiert annimmt). Dass es höchstens eine Funktion auf [latex]\mathbb {N}[/latex] gibt, die beide Bedingungen erfüllt, lässt sich durch einen Induktionsbeweis schnell beweisen. (Nehmen Sie an, dass [latex]f[/latex] und [latex]\tilde f[/latex] sowohl [latex]f(1)=\tilde f(1)[/latex] als auch die Rekursionsbedingung erfüllen und beweisen sie [latex]f(n)=\tilde f(n)[/latex] für alle [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] mittels Satz 2.20.)
Streng formal ist die Existenz etwas aufwendiger. Dazu beweist man zuerst mittels vollständiger Induktion die Aussage: «Für alle [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] gibt es eine eindeutig bestimmte Funktion [latex]f_n[/latex] auf [latex]\left \lbrace {k\in \mathbb {N}} \mid {k\leq n}\right \rbrace[/latex], die [latex]f_n(1)=f(1)[/latex] und die Rekursionsbedingung erfüllt.» Insbesondere gilt dann für natürliche Zahlen [latex]m\leq n[/latex], dass die Einschränkung der Funktion [latex]f_n[/latex] auf die Menge [latex]\left \lbrace {k\in \mathbb {N}} \mid {k\leq m}\right \rbrace[/latex] dieselben Gesetze wie [latex]f_m[/latex] erfüllt und somit gilt [latex]f_m(k)=f_n(k)[/latex] für alle natürlichen Zahlen [latex]k\leq m\leq n[/latex]. Wir definieren [latex]f[/latex] auf [latex]\mathbb {N}[/latex] durch [latex]f(k)=f_n(k)[/latex] für [latex]k\in \mathbb {N}[/latex] und ein [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] mit [latex]k \leq n[/latex] und sehen (wieder mittels vollständiger Induktion), dass diese Funktion die Rekursionbedingungen erfüllt. Man kommt nicht umhin, diesen Beweis mit dem rekursiven Algorithmus zur Berechnung von [latex]f(n)[/latex] für [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] zu vergleichen (der ja zur Berechnung von [latex]f(n)[/latex] im Allgemeinen ebenso auch [latex]f(1),f(2),\ldots ,f(n-1)[/latex] berechnen müsste).
2.2.2 – Die ganzen Zahlen
Die ganzen Zahlen sind als Teilmenge von [latex]\mathbb {R}[/latex] durch
definiert.
Lemma 2.26: Addition und Multiplikation auf [latex]\mathbb {Z}[/latex]
Die ganzen Zahlen sind unter Addition und Multiplikation abgeschlossen, das heisst, für alle [latex]m,n\in \mathbb {Z}[/latex] gilt [latex]m+n \in \mathbb {Z}[/latex] und [latex]m n \in \mathbb {Z}[/latex].
Beweis
Für die Multiplikation sieht man dies sehr direkt: Falls [latex]m,n \in \mathbb {N}[/latex], dann gilt offenbar [latex]m n = (-m) (-n) \in \mathbb {N} \subseteq \mathbb {Z}[/latex] und [latex](-m) n = m (-n) = -m n \in -\mathbb {N} \subseteq \mathbb {Z}[/latex] nach Lemma 2.18. Falls [latex]m[/latex] oder [latex]n[/latex] Null ist, gilt ebenso [latex]m n = 0 \in \mathbb {Z}[/latex].
Für die Addition verwenden wir die Eigenschaften von [latex]\mathbb {N}[/latex] in Lemma 2.18 und Lemma 2.24. Seien [latex]m,n\in \mathbb {Z}[/latex]. Falls [latex]m[/latex] oder [latex]n[/latex] Null sind, gibt es nichts zu zeigen. Seien also [latex]m,n \in \mathbb {N}[/latex]. Dann ist [latex]m+n \in \mathbb {N}\subseteq \mathbb {Z}[/latex] und [latex]-m-n = -(m+n) \in -\mathbb {N} \subseteq \mathbb {Z}[/latex]. Falls [latex]n > m[/latex], dann ist [latex]n-m\in \mathbb {N}\subseteq \mathbb {Z}[/latex] und [latex]-n +m = -(n-m) \in \mathbb {Z}[/latex]. Analoges gilt falls [latex]n
Wichtige Übung 2.27: Anordnung von [latex]\mathbb {Z}[/latex]
Verallgemeinern Sie Lemma 2.19 von [latex]\mathbb {N}[/latex] auf [latex]\mathbb {Z}[/latex]. Das heisst, zeigen Sie, dass für [latex]m,n\in \mathbb {Z}[/latex] die Ungleichung [latex]m \leq n \leq m+1[/latex] ebenso [latex]n=m[/latex] oder [latex]n=m+1[/latex] impliziert.
Hinweis.
Zeigen Sie zuerst, dass für [latex]n\in \{ 0\} \cup \mathbb {N}[/latex] und [latex]m\in \mathbb {Z}[/latex] die Ungleichungen [latex]m\leq -n\leq m+1[/latex] zu [latex]m+n+2\leq 2\leq m+n+3[/latex] äquivalent sind (und [latex]m+n+2\in \mathbb {N}[/latex] impliziert).
2.2.3 – Die rationalen Zahlen
Die rationalen Zahlen sind definiert als die Teilmenge von Quotienten
Lemma 2.28: Rationale Zahlen
Die rationalen Zahlen bilden einen Unterkörper von [latex]\mathbb {R}[/latex], das heisst, für alle [latex]r,s\in \mathbb {Q}[/latex] gilt [latex]-r,r+s,r s \in \mathbb {Q}[/latex] und auch [latex]r^{-1}\in \mathbb {Q}[/latex], falls [latex]r \neq 0[/latex].
Wichtige Übung 2.29
Beweisen Sie Lemma 2.28.
Hinweis.
Die entsprechenden Formeln sind sehr gebräuchlich, doch vergessen Sie nicht zu erklären, was Sie genau damit zeigen.
Wichtige Übung 2.30
Zeigen Sie, dass sowohl die ganzen Zahlen als auch die rationalen Zahlen abzählbar unendlich sind.
Hinweis.
Sie dürfen Übung 1.85 verwenden. Alternativ kann man auch die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung wie folgt verwenden: Für [latex]\mathbb {Z}[/latex] folgt dies aus Cantor-Schröder-Bernstein (Satz 1.81) angewendet auf die Abbildungen [latex]n\in \mathbb {N}\mapsto n\in \mathbb {Z}[/latex] und
Für [latex]\mathbb {Q}[/latex] können wir analog die Abbildungen [latex]n\in \mathbb {N}\mapsto n\in \mathbb {Q}[/latex] und
verwenden, wobei wir vorraussetzen, dass [latex]\frac {m}n\in \mathbb {Q}[/latex] mit kleinstmöglichem Nenner [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] (also durchgekürzt) dargestellt ist.
Eine reelle Zahl [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] heisst irrational, falls [latex]x\not \in \mathbb {Q}[/latex]. An dieser Stelle könnte man sich fragen, ob es überhaupt irrationale Zahlen gibt und wenn ja, wieviele. Um die erste Frage zu beantworten, werden wir die Wurzelfunktion (siehe Übungen 2.12) verwenden, mit welcher man aus rationalen Zahlen irrationale konstruieren kann.
Lemma 2.31: Quadratwurzel aus [latex]2[/latex]
Die reelle Zahl [latex]\sqrt {2}[/latex] ist irrational. Insbesondere erfüllen die rationalen Zahlen nicht das Vollständigkeitsaxiom.
Man kann Lemma 2.31 als einen Grund sehen, wieso es nicht ausreichend ist, nur rationale Zahlen zu betrachten. Eine visuelle Veranschaulichung des folgenden Beweises des Lemmas findet sich in diesem Video.
Beweis
Wir nehmen per Widerspruch an, dass [latex]\sqrt {2}[/latex] rational ist und schreiben [latex]2 = (\frac {m}{n})^2[/latex] für [latex]m \in \mathbb {N}[/latex] und das kleinst mögliche [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] (dies ist nach Satz 2.23 möglich). Insbesondere gilt also [latex]2n^2 = m^2[/latex] und folglich
Also gilt [latex]\big (\frac {2n-m}{m-n}\big )^2 = 2[/latex]. Da [latex]0
Für den Beweis der letzte Aussage bemerken wir zuerst, dass [latex]\mathbb {Q}[/latex] die Körperaxiome auf Grund von Lemma 2.28 erfüllt. Des Weiteren gelten für [latex]\mathbb {Q}[/latex] die Axiome der Anordnung und die Axiome der Verträglichkeit der Anordnung und Körperoperationen, da diese für [latex]\mathbb {R}[/latex] gelten, womit [latex]\mathbb {Q}[/latex] ein angeordneter Körper ist. Das einzig verbleibende Axiom ist das Vollständigkeitsaxiom. Da wir zum Beweis der Existenz der Quadratwurzel positiver reeller Zahlen nur die Axiome der reellen Zahlen in Abschnitt 2.1 verwendet haben, folgt, dass [latex]\mathbb {Q}[/latex] das Vollständigkeitsaxiom nicht erfüllt. ∎
Wir werden im Abschnitt 2.6.4 zeigen, dass die reellen Zahlen überabzählbar sind. Vergleicht man diese Tatsache mit Übung 2.30, so kommt man zum Schluss, dass es viel mehr irrationale als rationale Zahlen gibt.
2.2.4 – Division mit Rest und Anfänge der Zahlentheorie*
Satz 2.32: Division mit Rest
Für alle [latex]n\in \mathbb {N}_0[/latex] und [latex]d\in \mathbb {N}[/latex] gibt es ein [latex]q \in \mathbb {N}_0[/latex] und ein [latex]r \in \mathbb {N}_0[/latex] mit [latex]r
Beweis
Für [latex]n 2.23 ein kleinstes [latex]n_0 \in \mathbb {N}[/latex], für das die Division durch ein [latex]d \in \mathbb {N}_0[/latex] mit Rest nicht funktioniert. Nach obigem muss [latex]n_0 > d \geq 1[/latex] und damit auch [latex]n_0\geq 2[/latex] gelten.
Insbesondere ist [latex]n = n_0-1 \in \mathbb {N}[/latex] und es gibt einen Rest [latex]r\in \mathbb {N}_0[/latex] mit [latex]r 2.19 erfüllt [latex]r[/latex] entweder [latex]r
Wir wollen hier für Interessierte kurz andeuten, was Division mit Rest mit Begriffen wie Primzahlen, Primfaktorzerlegung, etc. zu tun hat. Da eine ausführliche Besprechung uns aber zu weit vom Thema Analysis ablenken würde, begnügen wir uns mit einer Skizze anhand einer Serie von Übungsaufgaben. Des Weiteren verweisen wir auf die Algebra [latex]1[/latex]-Vorlesung im dritten Semester des Mathematikstudiums und das Buch [1]für mehr Details.
Wir sagen, dass eine Zahl [latex]d\in \mathbb {Z}[/latex] eine Zahl [latex]n\in \mathbb {Z}[/latex] teilt und schreiben [latex]d|n[/latex], falls es ein [latex]q \in \mathbb {Z}[/latex] gibt, so dass [latex]qd = n[/latex]. Eine natürliche Zahl [latex]p > 1[/latex] ist prim oder eine Primzahl, falls für alle [latex]a,b\in \mathbb {N}[/latex] die Implikation [latex]p|ab \implies (p|a \vee p|b)[/latex] zutrifft. Eine natürliche Zahl [latex]p > 1[/latex] heisst irreduzibel, falls sie nicht als Produkt [latex]p = ab[/latex] für [latex]a,b\in \mathbb {N}[/latex] mit [latex]a>1[/latex] und [latex]b>1[/latex] geschrieben werden kann (das heisst, ausser [latex]1[/latex] und [latex]p[/latex] keine Teiler hat). Wir haben bereits in einer Übung in Abschnitt 1.7.7 gesehen, dass wir jede Zahl [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] als ein Produkt von irreduziblen Zahlen darstellen können. (Die für den Beweis dieser Übung notwendige Form der vollständigen Induktion haben wir inzwischen in der Form von Satz 2.20 nachgeliefert.) Aber wie zeigt man, dass diese Produktzerlegung (bis auf die Reihenfolge der Faktoren) eindeutig bestimmt ist?
Übung 2.33
- Zeigen Sie, dass jede Primzahl auch irreduzibel ist.
- Nehmen Sie kurz an, dass Sie bereits wissen, dass eine Zahl irreduzibel ist genau dann, wenn sie prim ist. Zeigen Sie, dass die Primfaktorzerlegung bis auf Reihenfolge der Faktoren eindeutig bestimmt ist.
Der grösste gemeinsame Teiler zweier natürlichen Zahlen [latex]m,n\in \mathbb {N}[/latex] ist die grösste natürliche Zahl [latex]d = \gcd (m,n)\in \mathbb {N}[/latex] mit [latex]d|m[/latex] und [latex]d|n[/latex]. Wir wollen zeigen, dass es [latex]a,b \in \mathbb {Z}[/latex] gibt mit [latex]d = am + bn[/latex]. Dies nennt sich auch das Lemma von Bézout oder der Euklidsche Algorithmus.
- Führen Sie für [latex]m>n[/latex] Division von [latex]m[/latex] durch [latex]n[/latex] mit Rest durch. Sei [latex]r \in \mathbb {N}_0[/latex] der Rest. Zeigen Sie für [latex]r \in \mathbb {N}[/latex], dass [latex]\gcd (m,n) = \gcd (n,r)[/latex] und für [latex]r=0[/latex], dass [latex]\gcd (m,n) = n[/latex].
- Schliessen Sie per Induktion auf die Aussage, dass der grösste gemeinsame Teiler wie oben beschrieben als Summe von Vielfachen dargestellt werden kann.
Wir zeigen nun, dass irreduzible Zahlen auch prim sind.
- Angenommen [latex]p \in \mathbb {N}[/latex] ist irreduzibel und seien [latex]m,n\in \mathbb {N}[/latex] mit [latex]p |m n[/latex], aber [latex]p \nmid m[/latex] (also [latex]\neg (p|m)[/latex]). Zeigen Sie, dass es [latex]a,b\in \mathbb {Z}[/latex] gibt mit [latex]1 = ap + bm[/latex]. Folgern Sie, dass [latex]p | bmn[/latex], dass [latex]p | (1-ap) n[/latex] und dass [latex]p | n[/latex].
Fassen Sie obige Diskussionen in der Form der eindeutigen Primfaktorzerlegung von natürlichen Zahlen zusammen.
Unter Verwendung der Tatsache, dass irreduzible Zahlen prim sind (und umgekehrt), lässt es sich etwas einfacher zeigen, dass die Wurzel aus [latex]2[/latex] (oder jeder anderen Primzahl) irrational ist. Wir überlassen das wiederum als Übung (siehe auch dieses Lied).
Wir möchten an dieser Stelle noch kurz erwähnen, dass vielleicht überraschenderweise die tiefgreifende Untersuchung von Primzahlen viele Methoden der Analysis (und auf jeden Fall alle Methoden dieser Analysis-Vorlesung) voraussetzt. Für eine Andeutung dieser Tatsache und einen historischen Exkurs verweisen wir auf den Podcast der BBC.
2.2.5 – Verwendung der ganzen Zahlen und deren Eigenschaften
Die algebraischen und geometrischen Aussagen in diesem Abschnitt über die natürlichen, die ganzen und die rationalen Zahlen stellen bloss die Standardeigenschaften dieser Zahlen dar. Deswegen werden wir die oben bewiesenen Lemmata und Sätze im Folgenden meist ohne Referenz verwenden. Dies gilt ebenso für die vollständige Induktion in Satz 2.16.
Wir werden im Abschnitt 2.6.1 zwei weitere grundlegende Eigenschaften von [latex]\mathbb {Z}[/latex] respektive [latex]\mathbb {Q}[/latex] beweisen, die die Geometrie von [latex]\mathbb {Z}[/latex] und [latex]\mathbb {Q}[/latex] als Teilmengen von [latex]\mathbb {R}[/latex] beschreiben.
Wir werden oft die Variablen [latex]j,k,\ell ,m,n[/latex] für natürliche oder ganze Zahlen verwenden. Weiters verwenden wir meist die Variable [latex]r[/latex] für rationale Zahlen.
2.3 – Die komplexen Zahlen
Unter Verwendung der reellen Zahlen können wir die Menge der komplexen Zahlen als
definieren. Wir schreiben ein Element [latex]z = (x,y) \in \mathbb {C}[/latex] viel häufiger in der Form [latex]z = x+y\mathrm {i}[/latex], wobei das Symbol [latex]\mathrm {i}[/latex] als die imaginäre Einheit bezeichnet wird. Man beachte, dass bei dieser Identifikation [latex]+[/latex] vorerst als Ersatz für das Komma zu verstehen ist. Die Zahl [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] wird als der Realteil von [latex]z[/latex] bezeichnet und man schreibt [latex]x = \operatorname {Re}(z)[/latex]; die Zahl [latex]y = \operatorname {Im}(z) \in \mathbb {R}[/latex] ist der Imaginärteil von [latex]z[/latex]. Die Elemente von [latex]\mathbb {C}[/latex] mit Imaginärteil [latex]0[/latex] bezeichnet man auch als reell und die Elemente mit Realteil [latex]0[/latex] als rein imaginär. Via der injektiven Abbildung [latex]x\in \mathbb {R} \mapsto x+0\mathrm {i} \in \mathbb {C}[/latex] identifizieren wir [latex]\mathbb {R}[/latex] mit der Teilmenge der reellen Elemente von [latex]\mathbb {C}[/latex] (der «[latex]x[/latex]-Achse» ).
Die Menge [latex]\mathbb {C}[/latex] (inklusive deren graphische Darstellung wie oben) wird ganz im Sinne der Identifikation [latex]\mathbb {C} = \mathbb {R}^2[/latex] auch komplexe Ebene (alternativ Gausssche Zahlenebene oder auch Argand-Ebene) genannt. In der geometrischen Denkweise wird die Menge der reellen Punkte als die reelle Achse und die Menge der rein imaginären Punkte als die imaginäre Achse bezeichnet.
Wie Sie vielleicht schon erwartet haben, soll [latex]\mathrm {i}[/latex] eine Wurzel von [latex]-1[/latex] sein. Formal ausgedrückt, wollen wir, dass [latex]\mathbb {C}[/latex] einen Körper darstellt, in dem die Rechenoperationen von [latex]\mathbb {R}[/latex] «verallgemeinert» werden, und dass [latex]\mathrm {i}^2 = \mathrm {i} \cdot \mathrm {i} = -1[/latex] gilt. Die Addition auf [latex]\mathbb {C}[/latex] definieren wir «komponentenweise» durch
für [latex]x_1,x_2,y_1,y_2 \in \mathbb {R}[/latex]. Die Multiplikation auf [latex]\mathbb {C}[/latex] definieren wir hingegen durch
für [latex]x_1,x_2,y_1,y_2 \in \mathbb {R}[/latex]. Insbesondere gilt [latex](0+1 \mathrm {i})^2 = -1+0\mathrm {i}[/latex] und die Addition und Multiplikation auf [latex]\mathbb {C}[/latex] erweitern die entsprechenden Operationen auf [latex]\mathbb {R}[/latex].
Proposition 2.34: Komplexe Zahlen
Mit den oben definierten Verknüpfungen definiert [latex]\mathbb {C}[/latex] einen Körper, den Körper der komplexen Zahlen. Hierbei ist die Null gleich [latex]0+0\mathrm {i}[/latex] und die Eins gleich [latex]1+0\mathrm {i}[/latex].
Für die Geschichte der komplexen Zahlen verweisen wir auf den Podcast der BBC (zum Beispiel ab der 14. oder 20. Minute).
Übung 2.35
Wäre [latex]\mathbb {R}^2[/latex] mit obiger Addition und mit der (komponentenweisen) Multiplikation definiert durch [latex](a,b)\times (c,d) = (ac,bd)[/latex] für [latex]a,b,c,d \in \mathbb {R}[/latex] auch ein Körper? Genauer: Welche Körperaxiome gelten in diesem Fall?
Beweis von Proposition 2.34
Wir verifizieren die Körperaxiome. Wie wir sehen werden, folgen die Eigenschaften der Addition auf [latex]\mathbb {C}[/latex] aus den Eigenschaften der Addition auf [latex]\mathbb {R}[/latex]. Die Addition ist kommutativ: Seien [latex]x_1,x_2,y_1,y_2 \in \mathbb {R}[/latex]. Dann gilt
Das Element [latex]0+0\mathrm {i}[/latex] ist ein (und schlussendlich also das) Nullelement der Addition, denn
für alle [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex]. Die additive Inverse eines Elements [latex]x+y\mathrm {i}[/latex] für [latex]x,y \in \mathbb {R}[/latex] ist [latex](-x)+(-y)\mathrm {i}[/latex], denn
Die Addition ist assoziativ: Seien [latex]x_i,y_i \in \mathbb {R}[/latex] für [latex]i \in \left \lbrace {1,2,3} \right \rbrace[/latex]. Dann gilt
Die Eigenschaften der Multiplikation fordern etwas mehr Aufwand. Wir zeigen zuerst, dass die Multiplikation kommutativ ist. Für [latex]x_1,x_2,y_1,y_2 \in \mathbb {R}[/latex] haben wir
Das Element [latex]1+0\mathrm {i}[/latex] ist ein Einselement, denn [latex]1+0\mathrm {i} \neq 0+0i[/latex] und für [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] gilt
Wir geben nun die multiplikative Inverse eines Elements [latex]x+y\mathrm {i} \in \mathbb {C}[/latex], wobei [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] und [latex]x+y\mathrm {i} \neq 0+0i[/latex] (das heisst [latex]x\neq 0[/latex] oder [latex]y \neq 0[/latex]), an. Wir bemerken zuerst, dass [latex]x^2+y^2 > 0[/latex]: Nehmen wir vorerst an, dass [latex]x\neq 0[/latex], dann ist [latex]x^2 > 0[/latex] und [latex]y^2 \geq 0[/latex] und damit [latex]x^2+y^2 > 0[/latex]. Für [latex]y \neq 0[/latex] gilt ebenso [latex]x^2\geq 0[/latex] und [latex]y^2 > 0[/latex] und damit [latex]x^2+y^2 > 0[/latex]. Die multiplikative Inverse ist gegeben durch [latex]\frac {x}{x^{2}+y^{2}} + \frac {-y}{x^2+y^2}\mathrm {i}[/latex], denn
Die verbleibenden beiden Axiome (Assoziativität der Multiplikation und Distributivität) lassen sich durch abstraktere Argumente beweisen, die aber auch etwas mehr Wissen benötigen. Wir bestätigen diese Axiome deswegen durch zwei konkrete Rechnungen.
Die Multiplikation ist assoziativ: Seien [latex]x_i,y_i \in \mathbb {R}[/latex] für [latex]i \in \left \lbrace {1,2,3} \right \rbrace[/latex]. Nun berechnet man
Es bleibt nur noch die Distributivität: Seien also [latex]x_i,y_i \in \mathbb {R}[/latex] für [latex]i \in \left \lbrace {1,2,3} \right \rbrace[/latex]. Dann gilt
womit gezeigt wäre, dass [latex]\mathbb {C}[/latex] zusammen mit der oben definierten Addition und der oben definierten Multiplikation ein Körper ist. ∎
Applet 2.36: Komplexe Zahlen
Wir betrachten die Körperoperationen (Addition, Multiplikation, multiplikatives Inverse) auf den komplexen Zahlen. Die wahre geometrische Bedeutung der Multiplikation und des multiplikativen Inversen lässt sich hier bereits erahnen, doch werden wir diese erst später besprechen.
Wie schon zuvor angedeutet, wollen wir [latex]\mathbb {R}[/latex] als eine Teilmenge von [latex]\mathbb {C}[/latex] auffassen. Vielmehr nennt man [latex]\mathbb {R} \subseteq \mathbb {C}[/latex] auch einen Unterkörper, da Addition und Multiplikation auf [latex]\mathbb {C}[/latex] eingeschränkt auf [latex]\mathbb {R}[/latex] die Addition und Multiplikation auf [latex]\mathbb {R}[/latex] ergeben. Wir werden deswegen von nun an für alle [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] kürzer [latex]x = x+0\mathrm {i}[/latex] und [latex]x\mathrm {i} = 0+x\mathrm {i}[/latex] schreiben. Insbesondere wollen wir auch [latex]1 = 1+0\mathrm {i}[/latex], [latex]0 = 0+0\mathrm {i}[/latex] und [latex]\mathrm {i} = 0+1\mathrm {i}[/latex] schreiben. Per Definition der Multiplikation gilt nun [latex]\mathrm {i}^2 = -1[/latex] wie gewünscht.
Wir wollen ebenso bemerken, dass die komplexen Zahlen keinen angeordneten Körper bilden — unabhängig davon, welche Ordnung man auf [latex]\mathbb {C}[/latex] wählt. Angenommen es gäbe eine Ordnung [latex]\leq _\mathbb {C}[/latex], so dass [latex]\mathbb {C}[/latex] mit [latex]\leq _\mathbb {C}[/latex] ein angeordneter Körper ist. In einem angeordneten Körper sollte [latex]-1 <_ gelten was aber _ widerspricht abschnitt href="https://wp-prd.let.ethz.ch/WP0-CIPRF9693/chapter/die-reellen-zahlen/#section:real-axiome_von_R">2.1).
An dieser Stelle möchten wir uns kurz fragen, wieso die komplexen Zahlen überhaupt von Interesse sind. Während eine der schönen Eigenschaften der reellen Zahlen deren vollständige Ordnung ist, so zeichnen sich die komplexen Zahlen unter anderem durch algebraische Schönheit aus. Auf [latex]\mathbb {C}[/latex] hat nicht nur die Gleichung [latex]x^2+1=0[/latex] eine Lösung, sondern auch jede andere Gleichung der Form [latex]a_nx^n + ...+a_1x+a_0 = 0[/latex] für [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] und [latex]a_0,a_1,...,a_n \in \mathbb {C}[/latex] mit [latex]a_n \neq 0[/latex] und [latex]n>0[/latex]. Diese Tatsache («[latex]\mathbb {C}[/latex] ist algebraisch abgeschlossen» ) ist Inhalt des sogenannten Fundamentalsatzes der Algebra, den wir im zweiten Semester beweisen werden. Intuitiv sollte man in Analogie zu «[latex]\mathbb {R}[/latex] ist vollständig, da [latex]\mathbb {R}[/latex] keine Lücken hat» den Fundamentalsatz der Algebra lesen als «[latex]\mathbb {C}[/latex] hat algebraisch keine Lücken» .
Zum Abschluss dieses ersten Exkurses in das Reich der komplexen Zahlen wollen wir die komplexe Konjugation definieren. Diese ist im Wesentlichen nichts anderes als eine Spiegelung um die reelle Zahlengerade (und wird zum Beispiel in der Linearen Algebra in der Untersuchung von komplexen inneren Produkten unentbehrlich sein).
Im Beweis von Proposition 2.34 wurde die komplexe Konjugation indirekt schon verwendet: die multiplikative Inverse eines von Null verschiedenen Elements [latex]x+y\mathrm {i} \in \mathbb {C}[/latex] ist
Lemma 2.38: Eigenschaften der Konjugation
Die komplexe Konjugation erfüllt folgende Eigenschaften:
- Für alle [latex]z \in \mathbb {C}[/latex] ist [latex]z\bar {z}\in \mathbb {R}[/latex] und [latex]z \bar {z} \geq 0[/latex]. Des Weiteren gilt für alle [latex]z \in \mathbb {C}[/latex], dass [latex]z\bar {z} = 0[/latex] genau dann, wenn [latex]z=0[/latex].
- Für alle [latex]z,w \in \mathbb {C}[/latex] gilt [latex]\overline {z+w}=\overline {z}+\overline {w}[/latex].
- Für alle [latex]z,w \in \mathbb {C}[/latex] gilt [latex]\overline {z\cdot w}=\overline {z}\cdot \overline {w}[/latex].
Beweis
Wir überlassen der Leserin/dem Leser Teil [latex](i)[/latex] als Übung. Seien [latex]z=x_1+y_1\mathrm {i}[/latex] und [latex]w =x_2+y_2\mathrm {i}\in \mathbb {C}[/latex] für [latex]x_1,y_1,x_2,y_2 \in \mathbb {R}[/latex]. Dann gilt
und
was zu zeigen war. ∎
Wie schon angemerkt wurde, gelten die Folgerungen ()-() in Abschnitt 2.1.1 für alle Körper und insbesondere auch für [latex]\mathbb {C}[/latex].
Übung 2.41
Zeigen Sie die Identitäten
für alle [latex]z \in \mathbb {C}[/latex]. Schliessen Sie insbesondere, dass [latex]\mathbb {R} = \left \lbrace {z \in \mathbb {C}} \mid {z = \overline {z}}\right \rbrace[/latex]. Was bedeutet diese Gleichheit geometrisch?
Bemerkung
Wie wir gesehen haben, lässt sich auf [latex]\mathbb {C}[/latex] keine Ordnung definieren, die zur Addition und zur Multiplikation kompatibel ist. Dennoch lässt sich auf den komplexen Zahlen Analysis betreiben, was zum Teil in diesem Kurs aber vor allem im Kurs «Funktionentheorie» im zweiten Studienjahr des Mathematik- und Physikstudiums thematisiert wird. Grund dafür ist, dass [latex]\mathbb {C}[/latex] eine Verallgemeinerung des Vollständigkeitsaxiom erfüllt (welches wir erst nach etwas mehr Theorie besprechen können).
2.3.1 – Verwendung der komplexen Zahlen
Unsere Konstruktion von [latex]\mathbb {C}[/latex] aus [latex]\mathbb {R}[/latex] mag etwas formal gewesen sein, doch muss man sich eigentlich nur merken, dass [latex]\mathrm {i}^2=-1[/latex] und sonst alle gewöhnlichen Eigenschaften für die Addition und Multiplikation gelten. Sogar die Formel für das multiplikative Inverse von [latex]z\in \mathbb {C}[/latex] muss man nicht auswendig lernen wenn man sich stattdessen merkt, dass man den Bruch [latex]\frac 1z[/latex] mit dem konjugierten Element [latex]\overline {z}[/latex] erweitert. Sie werden der komplexen Konjugation noch öfter und insbesondere in der Linearen Algebra-Vorlesung in der Diskussion von «inneren Produkten auf Vektorräumen über [latex]\mathbb {C}[/latex]» begegnen. Wir bemerken noch, dass wir manchmal die Variable [latex]i[/latex] (zum Beispiel als Indexvariable) verwenden werden. Man sollte dies allerdings vermeiden, wenn gleichzeitig komplexen Zahlen eine wesentliche Rolle in der Diskussion spielen.
Wir verwenden häufig die Variablen [latex]z[/latex] und [latex]w[/latex] für Elemente der komplexen Zahlen.
2.4 – Intervalle und der Absolutbetrag
2.4.1 – Intervalle
Wie bereits erwähnt, stellen wir [latex]\mathbb {R}[/latex] als die Zahlengerade dar. In diesem Bild entsprechen folgende Teilmengen Strecken auf dieser Geraden, wobei wir vier Möglichkeiten haben, je nachdem, ob man die Endpunkte in der Teilmenge haben will oder nicht.
Definition 2.42: Intervalle
Seien [latex]a,b\in \mathbb {R}[/latex]. Dann ist das abgeschlossene Intervall [latex][a,b][/latex] durch
das offene Intervall [latex](a,b)[/latex] durch
das (rechts) halboffene Intervall [latex][a,b)[/latex] durch
und das (links) halboffene Intervall [latex](a,b][/latex] durch
definiert. Wenn das Intervall nicht-leer ist, dann wird [latex]a[/latex] der linke Endpunkt, [latex]b[/latex] der rechte Endpunkt, und [latex]b-a[/latex] die Länge des Intervalls genannt.
Wir möchten an dieser Stelle anmerken, dass beispielsweise die Intervalle [latex](a,b],[a,b),(a,b)[/latex] für [latex]a,b\in \mathbb {R}[/latex] nicht-leer sind genau dann, wenn [latex]a endliche oder beschränkte Intervalle genannt, wenn wir sie von folgenden Intervallen unterscheiden wollen.
Definition 2.43: Unbeschränkte Intervalle
Für [latex]a,b\in \mathbb {R}[/latex] definieren wir die unbeschränkten abgeschlossenen Intervalle
und die unbeschränkten offenen Intervalle
Statt runden Klammern werden manchmal auch umgedrehte eckige Klammern verwendet, um offene und halboffene Intervalle zu bezeichnen. Zum Beispiel findet man anstelle von [latex](a,b)[/latex] für [latex]a,b\in \mathbb {R}[/latex] oft auch [latex]]a,b[[/latex] in der Literatur. Wir werden hier stets runde Klammern verwenden.
Der folgende Begriff wird für uns später sehr bedeutsam sein.
Definition 2.44: Umgebungen eines Punktes
Sei [latex]x\in \mathbb {R}[/latex]. Ein Menge, die ein offenes Intervall enthält, in dem [latex]x[/latex] liegt, wird auch eine Umgebung von [latex]x[/latex] genannt. Für ein [latex]\delta >0[/latex] wird das offene Intervall [latex](x-\delta , x+\delta )[/latex] die [latex]\delta[/latex]-Umgebung von [latex]x[/latex] genannt.
Beispielsweise wäre also [latex]\mathbb {Q} \cup [-1,1][/latex] eine Umgebung von [latex]0 \in \mathbb {R}[/latex]. Falls ein [latex]y \in \mathbb {R}[/latex] in einer [latex]\delta[/latex]-Umgebung eines Punktes [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] liegt für ein «kleines» [latex]\delta >0[/latex], so sagt man auch, dass [latex]y[/latex] «[latex]\delta[/latex]-nahe» an [latex]x[/latex] ist.
Übung 2.45: Verhalten von Intervallen unter Durchschnitt und Vereinigung
- Zeigen Sie, dass ein endlicher Schnitt [latex]\bigcap _{k=1}^n I_k[/latex] von Intervallen [latex]I_1,...,I_n[/latex] wieder ein Intervall ist (wobei die leere Menge auch als ein Intervall zugelassen ist). Können Sie die Endpunkte eines nicht-leeren Durchschnitts mittels der Endpunkte der ursprünglichen Intervalle beschreiben?
- Wann ist eine Vereinigung von zwei Intervallen wieder ein Intervall? Was geschieht in diesem Fall, wenn man zwei Intervalle des selben Typs (offen, abgeschlossen, links halboffen, rechts halboffen) vereinigt?
2.4.2 – Der Absolutbetrag auf den reellen Zahlen
Wir betrachten zuerst einige Konsequenzen dieser Definition.
Folgerungen
- Für [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] ist [latex]|x|\geq 0[/latex] und [latex]|x| = 0[/latex] genau dann, wenn [latex]x=0[/latex]. Dies folgt aus der Trichotomie von reellen Zahlen: Für [latex]x=0[/latex] gilt [latex]|x|=0[/latex], für [latex]x>0[/latex] gilt [latex]|x|=x>0[/latex], und für [latex]x 0[/latex].
- Es ist [latex]|-x| = |x|[/latex] für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex].
- Die Absolutbetrag ist multiplikativ: [latex]|xy| = |x||y|[/latex] für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex]. (Überprüfen Sie dies in den insgesamt vier Fällen, je nachdem, ob [latex]x[/latex], [latex]y[/latex] negativ sind oder nicht.)
- Für alle [latex]x \in \mathbb {R}^\times = \mathbb {R} \setminus \left \lbrace {0} \right \rbrace[/latex] gilt [latex]\vert \frac {1}{x}\vert = \frac {1}{|x|}[/latex]. Dies folgt aus (c) wegen [latex]\vert \frac {1}{x}\vert |x| =1[/latex] für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex].
- Für alle [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] ist [latex]|x| \leq y[/latex] äquivalent zu [latex]-y \leq x \leq y[/latex]. Denn angenommen [latex]|x|\leq y[/latex]. Falls [latex]x\geq 0[/latex] dann gilt [latex]-y\leq 0\leq x= |x| \leq y[/latex]. Falls [latex]x
- Analog ist für alle [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] die strikte Ungleichung [latex]|x|
- (Dreiecksungleichung) Für alle [latex]x,y \in \mathbb {R}[/latex] gilt
Diese Ungleichung wird auch die Dreiecksungleichung genannt. Sie folgt, in dem wir [latex]-|x|\leq x \leq |x|[/latex] und [latex]-|y| \leq y \leq |y|[/latex] wie in (e) addieren und anschliessend auf
wiederum Eigenschaft (e) anwenden.
- (umgekehrte Dreiecksungleichung) Für alle [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] gilt
Denn die Dreiecksungleichung in (g) zeigt
was zu [latex]|x|-|y| \leq |x-y|[/latex] führt. Durch Vertauschen von [latex]x,y[/latex] erhalten wir [latex]|y|-|x| \leq |x-y|[/latex]. Also ist nach Eigenschaft (e) [latex]\big | |x| - |y| \big | \leq |x-y|[/latex] wie gewünscht.
Übung 2.47
Für welche [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] gilt Gleichheit in der Dreiecksungleichung oder der umgekehrten Dreiecksungleichung?
Für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] gilt [latex]x = \operatorname {sgn}(x)|x|[/latex], wobei [latex]\operatorname {sgn}(x)[/latex] das Vorzeichen (oder Signum) von [latex]x[/latex] ist, welches durch
definiert ist. Das Vorzeichen einer Zahlen ist also genau dann [latex]1[/latex] (respektive [latex]-1[/latex]), wenn die Zahl positiv (respektive negativ) ist. Die Zahl [latex]0[/latex] ist weder positiv noch negativ und deswegen weist man ihr das «Vorzeichen Null» zu.
Übung 2.48: Absolutbetrag und Quadratwurzel
Zeigen Sie für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] die Gleichungen [latex]x^2 = |x|^2[/latex] und [latex]\sqrt {x^2} = |x|[/latex].
Hinweis.
Hinweis: Die Wurzelfunktion wurde in Übung 2.12 eingeführt.
Wir bemerken noch, dass für [latex]\delta > 0[/latex] und [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] die [latex]\delta[/latex]-Umgebung von [latex]x[/latex] (siehe Definition 2.44) durch [latex]\left \lbrace {y \in \mathbb {R}} \mid {|x-y| Abstand von [latex]x[/latex] zu [latex]y[/latex] interpretieren. Im Sinne des Wortes «Abstand» kann man ein paar der obigen Folgerungen neu intuitiver ausdrücken. Zum Beispiel besagt (b), dass für [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex] die Gleichheit [latex]|x-y |= |y-x|[/latex] erfüllt ist, was also bedeutet, dass der Abstand von [latex]x[/latex] zu [latex]y[/latex] dem Abstand von [latex]y[/latex] zu [latex]x[/latex] gleich ist (wie man sich wünschen könnte). Des Weiteren werden Umgebungen einer reellen Zahl [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] auch Nachbarschaften von [latex]x[/latex] genannt.
Definition 2.49: Offene und abgeschlossene Teilmengen
Eine Teilmenge [latex]U \subseteq \mathbb {R}[/latex] heisst offen (in [latex]\mathbb {R}[/latex]), wenn für jedes [latex]x\in U[/latex] ein [latex]\varepsilon >0[/latex] existiert mit
Eine Teilmenge [latex]A\subseteq \mathbb {R}[/latex] heisst abgeschlossen (in [latex]\mathbb {R}[/latex]), wenn ihr Komplement [latex]\mathbb {R} \setminus A[/latex] offen ist.
Intuitiv ausgedrückt ist eine Teilmenge offen, wenn für jeden Punkt [latex]x[/latex] in der Menge alle Punkte, die nahe genug an [latex]x[/latex] sind, wieder in der Menge liegen. Wir kennen bereits Beispiele von offenen Mengen:
Übung 2.50: Offene Intervalle
Zeigen Sie, dass eine Teilmenge [latex]U \subseteq \mathbb {R}[/latex] genau dann offen ist, wenn für jeden Punkt [latex]x\in U[/latex] ein offenes Intervall [latex]I[/latex] mit [latex]x \in I[/latex] und [latex]I \subseteq U[/latex] existiert. Schliessen Sie, dass die offenen (respektive abgeschlossenen) Intervalle auch im Sinne der obigen Definition offen (respektive abgeschlossen) sind.
Übung 2.51
Entscheiden Sie bei den folgenden Teilmengen von [latex]\mathbb {R}[/latex] jeweils, ob sie offen, abgeschlossen oder weder noch sind.
- Die Teilmengen [latex]\emptyset ,\mathbb {N},\mathbb {Z},\mathbb {R}[/latex].
- Die Teilmengen [latex][0,1)[/latex], [latex](0,1][/latex] und [latex](0,1) \cup (2,3)[/latex].
2.4.3 – Der Absolutbetrag auf den komplexen Zahlen
Wir möchten nun den Absolutbetrag auf [latex]\mathbb {C}[/latex] so definieren, so dass dieser möglichst viele Eigenschaften des Absolutbetrags auf [latex]\mathbb {R}[/latex] hat und mit diesem kompatibel ist. Wir verwenden dazu die Wurzelfunktion, die in Übung 2.12 eingeführt wurde.
Definition 2.52
Der Absolutbetrag [latex]|\cdot |[/latex] auf [latex]\mathbb {C}[/latex] ist gegeben durch
für [latex]x+y\mathrm {i} \in \mathbb {C}[/latex].
An dieser Stelle bemerken wir, dass für [latex]z=x+y\mathrm {i} \in \mathbb {C}[/latex] die Summe der Quadrate [latex]x^2+y^2[/latex] gerade gleich [latex]z \overline {z}[/latex] ist, denn
Somit gilt für alle [latex]z \in \mathbb {C}[/latex]
Des Weiteren möchten wir anmerken, dass für ein [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] der zu Beginn von Abschnitt 2.4.2 definierte Absolutbetrag [latex]|x|[/latex] und der Absolutbetrag von [latex]x[/latex] als Element von [latex]\mathbb {C}[/latex] übereinstimmen, da [latex]\sqrt {x\overline {x}} = \sqrt {x^2} = |x|[/latex] (vergleiche Übung 2.48). Insbesondere ist die neu eingeführte Notation nicht widersprüchlich und wir haben den Absolutbetrag von [latex]\mathbb {R}[/latex] auf [latex]\mathbb {C}[/latex] erweitert.
Wir fassen nun einige Eigenschaften des Absolutbetrags auf [latex]\mathbb {C}[/latex] zusammen:
Eigenschaften des Absolutbetrags auf [latex]\mathbb {C}[/latex]
- (Definitheit) Für alle [latex]z \in \mathbb {C}[/latex] gilt [latex]|z| \geq 0[/latex] und [latex]|z| = 0[/latex] genau dann, wenn [latex]z=0[/latex].
- (Multiplikativität) Für alle [latex]z,w \in \mathbb {C}[/latex] gilt [latex]|zw| = |z||w|[/latex].
- (Dreiecksungleichung) Für alle [latex]z,w \in \mathbb {C}[/latex] gilt [latex]|z+w| \leq |z|+|w|[/latex].
- (Umgekehrte Dreiecksungleichung) Für alle [latex]z,w \in \mathbb {C}[/latex] gilt [latex]\big ||z|-|w|\big | \leq |z-w|[/latex].
Genauso wie auf [latex]\mathbb {R}[/latex] wollen wir mit Hilfe des Absolutbetrags den Abstand zweier Punkte [latex]z,w\in \mathbb {C}[/latex] als die nicht-negative Zahl [latex]|z-w|[/latex] auffassen. Wir bemerken noch, dass Definition 2.52 dem Satz von Pythagoras (siehe die entsprechende Übung in Abschnitt 1.7.6) entspricht. Doch haben wir dies als Definition des Absolutbetrages von [latex]z=x+y\mathrm {i}[/latex] gewählt, womit es (abgesehen von obigen Eigenschaften) nichts zu beweisen gibt.
Beweis
Zur Definitheit: Per Definition der Wurzel gilt für ein [latex]z\in \mathbb {C}[/latex], dass [latex]|z|\geq 0[/latex]. Des Weiteren gilt [latex]|z|=0[/latex] wegen der Injektivität der Wurzelfunktion genau dann, wenn [latex]z \overline {z} =0[/latex]. In Lemma 2.38 wurde jedoch gezeigt, dass [latex]z\overline {z}[/latex] genau dann Null ist, wenn [latex]z[/latex] selbst Null ist. Also folgt die Definitheit des Absolutbetrags.
Für die Multiplikativität verwenden wir die Eigenschaften der Konjugation aus Lemma 2.38 und die Multiplikativität der Wurzel (siehe Übung 2.12(vi)). Seien [latex]z,w\in \mathbb {C}[/latex]. Dann gilt
was zu zeigen war.
Für die Dreiecksungleichung betrachten wir [latex]z=x_1+y_1\mathrm {i},w=x_2+y_2\mathrm {i} \in \mathbb {C}[/latex]. Da die Wurzelfunktion Ungleichungen zwischen positive Zahlen erhält (siehe Übung 2.12(iv)), reicht es die Ungleichung [latex]|z+w|^2 \leq (|z|+|w|)^2[/latex] zu zeigen. Wir berechnen
Wie wir sehen werden, reicht es aus die Ungleichung [latex]x_1x_2+y_1y_2 \leq |z||w|[/latex] zu zeigen, die auch als Cauchy-Schwarz-Ungleichung auf [latex]\mathbb {C}[/latex] bekannt ist. Tatsächlich gilt
und daher auch [latex]x_1x_2+y_1y_2 \leq |x_1x_2+y_1y_2|\leq |z||w|[/latex]. Zusammen ergibt sich
Die umgekehrte Dreiecksungleichung folgt ebenso wie im reellen Fall direkt aus der Dreiecksungleichung. ∎
Wie vorhin lässt sich mit Hilfe des Absolutbetrags ein Begriff von Offen- und Abgeschlossenheit einführen. Für die Definition von offenen Mengen in [latex]\mathbb {R}[/latex] wurden die symmetrisch um einen zuvor fixierten Punkt liegenden offenen Intervalle verwendet. In Analogie dazu definieren wir folgende Teilmengen von [latex]\mathbb {C}[/latex].
Definition 2.53: Offene Bälle
Der offene Ball mit Radius [latex]r>0[/latex] um einen Punkt [latex]z \in \mathbb {C}[/latex] ist die Menge
Der offene Ball [latex]B_r(z)[/latex] zu [latex]r>0[/latex] und [latex]z \in \mathbb {C}[/latex] besteht also gerade aus jenen Punkten, die Abstand (strikt) kleiner [latex]r[/latex] von [latex]z[/latex] haben. Offene Bälle in [latex]\mathbb {C}[/latex] und offene Intervalle in [latex]\mathbb {R}[/latex] sind in folgendem Sinne kompatibel: Ist [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] und [latex]r>0[/latex], so ist der Schnitt des offenen Balles [latex]B_r(x)\subseteq \mathbb {C}[/latex] mit [latex]\mathbb {R}[/latex] gerade das offene, symmetrisch um [latex]x[/latex] liegende Intervall [latex](x-r,x+r)[/latex] (wieso?).
Wichtige Übung 2.54: Durchschnitt von offenen Bällen
Zeigen Sie folgende Eigenschaft von Bällen: Seien [latex]z_1,z_2 \in \mathbb {C}[/latex], [latex]r_1 > 0[/latex] und [latex]r_2 > 0[/latex]. Für jeden Punkt [latex]z \in B_{r_1}(z_1) \cap B_{r_2}(z_2)[/latex] existiert ein Radius [latex]r>0[/latex], so dass
Illustrieren Sie Ihre Wahl des Radius [latex]r[/latex] in einem Bild.
Definition 2.55: Offene und abgeschlossene Teilmengen von [latex]\mathbb {C}[/latex]
Eine Teilmenge [latex]U \subseteq \mathbb {C}[/latex] heisst offen (in [latex]\mathbb {C}[/latex]), wenn zu jedem Punkt in [latex]U[/latex] ein offener Ball um diesen Punkt existiert, der in [latex]U[/latex] enthalten ist. Formaler: Für alle [latex]z \in U[/latex] existiert ein Radius [latex]r>0[/latex], so dass [latex]B_r(z) \subseteq U[/latex]. Eine Teilmenge [latex]A \subseteq \mathbb {C}[/latex] heisst abgeschlossen (in [latex]\mathbb {C}[/latex]), falls ihr Komplement [latex]\mathbb {C} \setminus A[/latex] offen ist.
Nach Übung 2.54 sind beispielsweise alle Bälle offen.
Applet 2.56: Offener Ball
Wir sehen, dass es für jeden Punkt [latex]w[/latex] in dem offenen Ball [latex]B_r(z)[/latex] um [latex]z[/latex] mit Radius [latex]r[/latex] wieder einen Radius [latex]\varepsilon >0[/latex] gibt, so dass der offene Ball um [latex]w[/latex] mit Radius [latex]\varepsilon[/latex] ganz in [latex]B_r(z)[/latex] enthalten ist.
Es gibt, abgesehen von den offenen Bällen, noch viele weitere, offene Teilmengen von [latex]\mathbb {C}[/latex]. Beispielsweise ist jede Vereinigung von offenen Teilmengen offen. Zum Studium der offenen Mengen und damit verwandten Begriffen werden wir in deutlicher grösserer Allgemeinheit im zweiten Semester zurückkehren. Insbesondere wollen wir uns hier noch nicht auf eine ausführliche Diskussion einlassen.
2.5 – Maximum und Supremum
2.5.1 – Maximum und Minimum
Definition 2.57: Maximum
Wir sagen, dass [latex]x_0 = \max (X) \in \mathbb {R}[/latex] das Maximum einer Teilmenge [latex]X\subseteq \mathbb {R}[/latex] ist, falls [latex]x_0 \in X[/latex] und für alle [latex]x \in X[/latex] die Ungleichung [latex]x \leq x_0[/latex] gilt.
Wir dürfen in der Tat von dem Maximum einer Teilmenge [latex]X \subseteq \mathbb {R}[/latex] sprechen, da es durch die Definition eindeutig bestimmt ist. Denn falls [latex]x_0,x_0'[/latex] beide die Eigenschaften eines Maximums erfüllen, so folgt [latex]x_0 \leq x_0'[/latex] (weil [latex]x_0 \in X[/latex] und [latex]x_0'[/latex] ein Maximum ist) und [latex]x_0' \leq x_0[/latex] (weil [latex]x_0' \in X[/latex] und [latex]x_0[/latex] ein Maximum ist) und damit [latex]x_0 = x_0'[/latex].
Ein abgeschlossenes Intervall [latex][a,b][/latex] mit Endpunkten [latex]a
Des Weiteren kann [latex]\mathbb {R}[/latex] (oder auch Intervalle der Form [latex][a,\infty ),(a,\infty )[/latex] für [latex]a \in \mathbb {R}[/latex]) kein Maximum besitzen, da für beliebige [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] die Ungleichung [latex]x Wir sagen, dass [latex]x_0 = \min (X)[/latex] das Minimum einer Teilmenge [latex]X \subseteq \mathbb {R}[/latex] ist, falls [latex]x_0 \in X[/latex] und [latex]x \geq x_0[/latex] für alle [latex]x \in X[/latex] gilt.
Die obige Diskussion lässt sich auf analoge Weise für das Minimum anwenden. Dieses ist also eindeutig bestimmt, muss aber nicht unbedingt existieren. Eine Teilmenge [latex]X \subseteq \mathbb {R}[/latex] heisst von oben beschränkt, falls es ein [latex]s \in \mathbb {R}[/latex] gibt mit [latex]x \leq s[/latex] für alle [latex]x \in X[/latex]. Ein solches [latex]s \in \mathbb {R}[/latex] nennt man in diesem Fall eine obere Schranke von [latex]X[/latex]. Die Begriffe «von unten beschränkt» und «untere Schranke» sind analog definiert. Eine Teilmenge [latex]X \subseteq \mathbb {R}[/latex] heisst beschränkt, falls sie von oben und von unten beschränkt ist.
Wie wir bereits bemerkt haben, hat zum Beispiel das Intervall [latex](0,1)[/latex] kein Maximum. Es hat aber obere Schranken, [latex]100[/latex] ist ein Beispiel. Natürlich ist [latex]100[/latex] keine «gute» obere Schranke; [latex]10[/latex] oder auch [latex]2[/latex] oder [latex]\frac {3}{2}[/latex] sind kleinere also auch «bessere» obere Schranken. Die absolut beste obere Schranke ist aber durch [latex]1[/latex] gegeben. Denn nach Definition von [latex](0,1)[/latex] ist [latex]1[/latex] sicherlich eine obere Schranke und für jede obere Schranke [latex]s[/latex] gilt [latex]s \geq 1[/latex]. (Falls [latex]s0[/latex], [latex]\frac {s+1}{2} \in (0,1)[/latex] und [latex]s
Diese Gedanken führen gemeinsam mit dem Vollständigkeitsaxiom (Axiom () in Abschnitt 2.1) zu folgendem grundlegenden Begriff. Sei [latex]X \subseteq \mathbb {R}[/latex] eine von oben beschränkte, nicht-leere Teilmenge. Dann gibt es eine kleinste obere Schranke von [latex]X[/latex], die auch das Supremum [latex]\sup (X)[/latex] von [latex]X[/latex] genannt wird. Formal gelten also für [latex]s_0 = \sup (X)[/latex] folgende Eigenschaften: Äquivalenterweise kann [latex]s_0 = \sup (X)[/latex] auch durch (1) und die folgende Bedingung definiert werden: Um diesen wichtigen Begriff noch etwas genauer zu beleuchten, wollen wir vor dem Beweis noch ein paar Bemerkungen machen. Nach Annahme ist [latex]X[/latex] nicht-leer und die Menge der oberen Schranken [latex]Y = \left \lbrace {s\in \mathbb {R}} \mid {\forall x \in X: x\leq s}\right \rbrace[/latex] ist ebenfalls nicht-leer. Des Weiteren gilt für alle [latex]x \in X, s \in Y[/latex] die Ungleichung [latex]x \leq s[/latex]. Nach dem Vollständigkeitsaxiom (Axiom () in Abschnitt 2.1.3) folgt daher, dass es ein [latex]c \in \mathbb {R}[/latex] gibt, für das [latex]x \leq c \leq s[/latex] für alle [latex]x \in X[/latex] und [latex]s \in Y[/latex]. Aus der ersten Ungleichung folgt, dass [latex]c[/latex] eine obere Schranke von [latex]X[/latex] ist. Aus der zweiten Ungleichung folgt, dass [latex]c[/latex] die kleinste obere Schranke von [latex]X[/latex] ist, und daher erfüllt [latex]c[/latex] sowohl (1) als auch (2). Wir zeigen nun, dass das Supremum auch durch (1) und (2′) charakterisiert wird. Also angenommen [latex]s_0 = \sup (X)[/latex] und [latex]\varepsilon > 0[/latex], dann ist [latex]s_0-\varepsilon s_0-\varepsilon[/latex]. Daher erfüllt [latex]s_0[/latex] auch (2′). Erfüllt [latex]t_0 \in \mathbb {R}[/latex] nun (1) und (2′), so ist [latex]t_0[/latex] eine obere Schranke und daher ist [latex]s_0 \leq t_0[/latex] nach Definition von [latex]s_0 = \sup (X)[/latex]. Falls [latex]s_0 0[/latex]. Nach der zweiten Eigenschaft von [latex]t_0[/latex] gäbe es ein [latex]x \in X[/latex] mit [latex]x>s_0[/latex], was der Definition von [latex]s_0[/latex] als (kleinste) obere Schranke widerspricht. Deswegen muss [latex]t_0 = s_0[/latex] gelten und [latex]s_0[/latex] ist eindeutig durch die Bedingungen (1) und (2′) bestimmt. ∎
Wir betrachten eine beschränkte nicht-leere Teilmenge von [latex]\mathbb {R}[/latex] und zwei äquivalente Charakterisierungen des Supremums dieser Menge. In diesem und manchen der folgenden Applets können sie den dargestellten Ausschnitt vergrössern: je nach Gerät mit Mausrad, Auf- und Abbewegung mit zwei Finger auf dem Trackpad, oder auf mobilen Geräten mittels Streckbewegungen mit zwei Finger. Genauso wie auch andere Konsequenzen des Vollständigkeitsaxioms, die wir behandeln werden, ist die Existenz des Supremums in der Tat äquivalent zum Vollständigkeitsaxiom. In anderen Worten hätten wir anstelle von Axiom () einfach die Aussage von Satz 2.60 fordern können. Mehr dazu finden Sie im Abschnitt 2.8.2. Für eine von unten beschränkte, nicht-leere Teilmenge [latex]X \subseteq \mathbb {R}[/latex] wird die grösste, untere Schranke auch das Infimum [latex]\inf (X)[/latex] von [latex]X[/latex] genannt. Für das Infimum gilt eine ähnliche Aussage wie in Satz 2.60: Formulieren und beweisen Sie die analoge Aussage zu Satz 2.60 für das Infimum. Sie können dazu wie im Beweis von Satz 2.60 vorgehen oder das Supremum der Teilmenge [latex]-X = \left \lbrace {-x} \mid {x \in X}\right \rbrace[/latex] für eine von unten beschränkte, nicht-leere Teilmenge [latex]X \subseteq \mathbb {R}[/latex] betrachten.
Die in obiger Übung erschienene Notation lässt sich verallgemeinern. Sei [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] eine reelle Zahl und seien [latex]A,B \subseteq \mathbb {R}[/latex] zwei Teilmengen. Wir definieren Es gelten also beispielsweise die Identitäten [latex]x+ A = \left \lbrace {x} \right \rbrace +A[/latex], [latex]xA = \left \lbrace {x} \right \rbrace A[/latex] für alle [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] und [latex]A \subseteq \mathbb {R}[/latex]. Auch gilt [latex][a,b]+[c,d] = [a+c,b+d][/latex] für [latex]a,b,c,d\in \mathbb {R}[/latex] mit [latex]a\leq b[/latex] und [latex]c \leq d[/latex]. (Wieso?) Sei [latex]A\subseteq \mathbb {R}[/latex] eine nicht-leere, von oben beschränkte Teilmenge und sei [latex]c>0[/latex]. Dann ist [latex]cA[/latex] von oben beschränkt und es gilt Wir empfehlen Ihnen hier, sich die Aussage dieser (genauso wie der nächsten) Proposition zuerst am Begriff des Maximums zu veranschaulichen. Sei [latex]s = \sup (A)[/latex]. Dann gilt [latex]a\leq s[/latex] und somit auch [latex]ca \leq cs[/latex] für alle [latex]a \in A[/latex]. Da aber jedes Element von [latex]cA[/latex] von der Form [latex]ca[/latex] für ein [latex]a\in A[/latex] ist, erhalten wir, dass [latex]cs[/latex] eine obere Schranke von [latex]cA[/latex] ist und dass [latex]cA[/latex] von oben beschränkt ist. Sei [latex]\varepsilon >0[/latex]. Dann existiert nach Satz 2.60 ein [latex]a\in A[/latex] mit [latex]a > s - \frac {\varepsilon }{c}[/latex], für welches die Ungleichung [latex]ca > cs - \varepsilon[/latex] gilt. Dies zeigt die zweite charakterisierende Eigenschaft des Supremums und wir erhalten [latex]\sup (cA) = cs=c \sup (A)[/latex]. ∎ Seien [latex]A,B\subseteq \mathbb {R}[/latex] zwei nicht-leere, von oben beschränkte Teilmengen von [latex]\mathbb {R}[/latex]. Dann ist [latex]A+B[/latex] von oben beschränkt und es gilt Wir definieren [latex]s_A = \sup (A)[/latex] und [latex]s_B = \sup (B)[/latex]. Dann gilt [latex]a \leq s_A[/latex] und [latex]b\leq s_B[/latex] für alle [latex]a \in A[/latex] und [latex]b\in B[/latex], was [latex]a+b \leq s_A+s_B[/latex] für alle [latex]a \in A[/latex] und [latex]b\in B[/latex] impliziert. Da aber jedes Element von [latex]A+B[/latex] von dieser Form ist, erhalten wir, dass [latex]s_A+s_B[/latex] eine obere Schranke von [latex]A+B[/latex] ist und dass [latex]A+B[/latex] von oben beschränkt ist. Sei [latex]\varepsilon >0[/latex]. Dann existiert nach Satz 2.60 ein [latex]a\in A[/latex] mit [latex]a > s_A - \frac {\varepsilon }{2}[/latex] und ein [latex]b\in B[/latex] mit [latex]b > s_B - \frac {\varepsilon }{2}[/latex], was wiederum [latex]a+b > s_A+s_B-\varepsilon[/latex] impliziert. Dies zeigt die zweite charakterisierende Eigenschaft von [latex]\sup (A+B)[/latex] in Satz 2.60 und wir erhalten ∎ In diesem Abschnitt wollen wir die Begriffe «Supremum» und «Infimum» auf beliebige Teilmengen von [latex]\mathbb {R}[/latex] erweitern (ohne die in Abschnitt 2.5.2 getroffenen Annahmen). Dazu verwenden wir die Symbole [latex]\infty = + \infty[/latex] und [latex]-\infty[/latex], die keine reellen Zahlen darstellen. Wir definieren die erweiterte Zahlengerade (die auch Zweipunktkompaktifizierung von [latex]\mathbb {R}[/latex] genannt wird) durch und stellen uns diese als die Zahlengerade vor. Hier haben wir den Punkt [latex]+\infty[/latex] rechts von [latex]\mathbb {R}[/latex] und den Punkt [latex]-\infty[/latex] links von [latex]\mathbb {R}[/latex] zu der Gerade hinzugefügt. Formaler formuliert: wir erweitern die Relation (Ordnung) [latex]\leq[/latex] auf [latex]\overline {\mathbb {R}}[/latex], so dass [latex]-\infty \leq x \leq +\infty[/latex] für alle [latex]x \in \overline {\mathbb {R}}[/latex] gilt, aber keine weiteren [latex]\leq[/latex]-Relationen für die Symbole [latex]-\infty ,+\infty[/latex] erfüllt sind. Inbesondere schreiben wir auch [latex]-\infty
Zeigen Sie, dass die Abbildung bijektiv ist und die Ordnung erhält. Das heisst, für [latex]x,y \in \mathbb {R}[/latex] gilt [latex]x
Das Maximum und das Minimum einer Teilmenge [latex]X \subseteq \overline {\mathbb {R}}[/latex] ist nun wie in Abschnitt 2.5.1 definiert (falls es existiert). Falls [latex]X \subseteq \mathbb {R}[/latex] nicht von oben beschränkt ist, dann definieren wir [latex]\sup (X) = +\infty[/latex]. Falls [latex]X[/latex] leer ist, setzen wir [latex]\sup (\emptyset ) = -\infty[/latex] (da jedes [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] eine obere Schranke von [latex]\emptyset[/latex] darstellt). Analog definieren wir [latex]\inf (\emptyset ) = +\infty[/latex] und [latex]\inf (X) = -\infty[/latex], falls [latex]X\subseteq \mathbb {R}[/latex] nicht von unten beschränkt ist. Folgende Übungen stellen natürliche Eigenschaften von Supremum und Infimum dar. Sie sollten mindestens eine dieser Übungen ausarbeiten. Betrachten Sie hierbei die Spezialfälle, die zu einem uneigentlichen Supremum oder Infimum führen, getrennt und gehen Sie anschliessend wie im Beweis von Proposition 2.64 vor. Weiter definieren wir für die Übungen die «Rechenregeln» für alle [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] und für alle [latex]y>0[/latex], wovon wir einen Teil verwenden werden. Die Ausdrücke [latex]\infty -\infty[/latex] und [latex]0\cdot \infty[/latex] oder ähnliche bleiben wohlgemerkt aber undefiniert. Seien [latex]X,Y[/latex] zwei Teilmengen von [latex]\mathbb {R}[/latex]. Zeigen Sie, dass Formulieren und beweisen Sie eine analoge Formel für das Infimum von [latex]X \cup Y[/latex].
Seien [latex]A,B \subseteq \mathbb {R}[/latex] zwei nicht-leere Teilmengen. Zeigen Sie, dass und dass, falls [latex]A \subseteq \mathbb {R}_{>0}[/latex] und [latex]B \subseteq \mathbb {R}_{>0}[/latex], Suchen Sie des Weiteren ähnliche Identitäten für das Infimum.
Sei [latex]A[/latex] eine nicht-leere Teilmenge von [latex]\mathbb {R}[/latex]. Zeigen Sie, dass Hierbei ist [latex]|A|[/latex] das Bild von [latex]A[/latex] unter dem Absolutbetrag [latex]|\cdot |[/latex] (als Funktion von [latex]\mathbb {R}[/latex] nach [latex]\mathbb {R}[/latex]).
Das Supremum ist eine natürliche und notwendige Verallgemeinerung des Maximums einer Menge, da letzteres sogar für beschränkte Intervalle nicht existieren muss. Das Supremum kann aber auch hilfreich sein in Situationen, wo das Maximum existiert. Denn falls man beweisen will, dass ein Maximum existiert, dann hat man mit dem Supremum den richtigen Kandidaten und kann den Beweis mit der Existenz des Supremums beginnen. Auf die gleiche Weise ist das Infimum einer Menge eine Verallgemeinerung des Minimums. Es ist wichtig, dass Sie sich die charakterisierenden Eigenschaften des Supremums und Infimums einprägen, da diese Begriffe fundamentale Bausteine unserer zu entwickelnden Theorie sein werden. Zum Beispiel werden wir das Integral einer Funktion durch ein Supremum definieren (siehe Figur 1.2 und Kapitel 4). Wir haben in Abschnitt 2.1 unter Verwendung des Vollständigkeitsaxiom die Wurzelfunktion eingeführt und in Abschnitt 2.5 bereits das Vollständigkeitsaxiom verwendet um die Existenz des Supremums zu beweisen. Letzteres kann aber auch bloss als eine Umformulierung des Vollständigkeitsaxiom betrachtet werden. In diesem Abschnitt werden wir eine bereits bekannte Fragestellung und einige weitere Themen betrachten und erkennen wie nützlich das Vollständigkeitsaxiom sein kann. Mit Hilfe der Existenz des Supremums können wir nun das Archimedische Prinzip beweisen. Es gelten folgende Aussagen: Wir können das Archimedische Prinzip beispielsweise verwenden, um folgende Funktionen zu definieren. Zu (i): Sei [latex]E \subseteq \mathbb {Z}[/latex] eine nicht-leere und (als Teilmenge von [latex]\mathbb {R}[/latex]) von oben beschränkte Teilmenge. Nach Satz 2.60 existiert das Supremum [latex]s_0 = \sup (E)[/latex]. Da [latex]s_0[/latex] die kleinste obere Schranke von [latex]E[/latex] ist, existiert ein [latex]n_0 \in E[/latex] mit [latex]s_0-1 2.19 und Übung 2.27). Daher ist [latex]n_0[/latex] das Maximum von [latex]E[/latex] wie in (i) behauptet. Zu (ii): Sei [latex]x \geq 0[/latex] eine reelle Zahl. Dann ist [latex]E = \left \lbrace {n \in \mathbb {Z}} \mid {n \leq x}\right \rbrace[/latex] eine von oben beschränkte, nicht-leere Teilmenge von [latex]\mathbb {Z}[/latex] (nicht-leer, da [latex]0 \in E[/latex] — hier verwenden wir [latex]x\geq 0[/latex]). Nach obigem hat [latex]E[/latex] ein Maximum, das heisst, es gibt ein maximales [latex]n \in \mathbb {Z}[/latex] mit [latex]n \leq x[/latex]. Daraus folgt [latex]x
Falls [latex]x
Für den Beweis der Eindeutigkeit nehmen wir an, dass [latex]n_1,n_2\in \mathbb {Z}[/latex] die Ungleichungen [latex]n_1 \leq x
Zu (iii): Sei [latex]\varepsilon > 0[/latex] eine reelle Zahl. Dann gilt auch [latex]\frac {1}{\varepsilon }>0[/latex] und es gibt nach Teil (ii) ein [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] mit [latex]\frac {1}{\varepsilon } Sei [latex]A[/latex] eine nicht-leere Teilmenge von [latex]\mathbb {R}[/latex]. Zeigen Sie, dass im Allgemeinen [latex]\sup (\lfloor {A} \rfloor ) = \lfloor {\sup (A)} \rfloor[/latex] nicht gilt. Hierbei ist [latex]\lfloor {A} \rfloor[/latex] das Bild von [latex]A[/latex] unter der Abrundungsfunktion [latex]\lfloor {\cdot } \rfloor :\mathbb {R}\to \mathbb {R}[/latex].
Mit Hilfe des Archimedischen Prinzips können wir auch den geometrischen Zusammenhang zwischen [latex]\mathbb {Q}[/latex] und [latex]\mathbb {R}[/latex] im folgenden Korollar beschreiben. (Ein Korollar ist eine Folgerung aus einer Proposition, einem Satz oder einem Theorem.) Zwischen je zwei reellen Zahlen [latex]a,b\in \mathbb {R}[/latex] mit [latex]a
Nach dem Archimedischen Prinzip (Satz 2.69 (iii)) existiert ein [latex]m \in \mathbb {N}[/latex] mit [latex]\frac {1}{m} 2.69 (ii)) ein [latex]n \in \mathbb {Z}[/latex] mit [latex]n-1 \leq ma
und damit das Korollar impliziert, wobei [latex]r = \frac {n}{m}[/latex] gewählt wird. ∎ Anders formuliert zeigt obiges Korollar, dass [latex]\mathbb {Q}[/latex] jede Umgebung [latex]I[/latex] einer reellen Zahl schneidet (das heisst, [latex]I \cap \mathbb {Q} \neq \emptyset[/latex]), oder auch, dass wir jede reelle Zahl beliebig genau durch rationale Zahlen approximieren können. Die Eigenschaft wird auch als [latex]\mathbb {Q}[/latex] ist dicht in [latex]\mathbb {R}[/latex] bezeichnet und wird uns später in einem allgemeineren Kontext wiederbegegnen. Zeigen Sie, dass für jedes [latex]x \in \mathbb {R}[/latex] das Supremum von [latex]\left \lbrace {r\in \mathbb {Q}} \mid {r Nach Definition ist [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] eine obere Schranke von [latex]X=\left \lbrace {r\in \mathbb {Q}} \mid {r Sei [latex]a\in \mathbb {R}[/latex] eine reelle, irrationale Zahl. Betrachtet man den Beweis von Korollar 2.71 nochmals, so realisiert man, dass die Existenz einer rationalen Zahl [latex]\frac {p}{q} \in \mathbb {Q}[/latex] mit gezeigt wird. Fragen zu Approximation von reellen Zahlen mit rationalen sind Fragestellungen der Diophantischen Approximation. Wir wollen hier auf elementare Weise ein stärkeres Resultat (Dirichlet’s Approximationssatz) zeigen. Sei [latex]Q \in \mathbb {N}[/latex] eine natürliche Zahl. Zeigen Sie, dass [latex]p\in \mathbb {Z}[/latex] und [latex]q\in \mathbb {N}[/latex] mit [latex]1 \leq q \leq Q[/latex] existieren, die und insbesondere [latex]\big |a- \frac {p}{q}\big | Ohne Beschränkung der Allgemeinheit kann man [latex]a \in [0,1)[/latex] annehmen (wieso?). Betrachten Sie die Zerlegung in [latex]Q[/latex] «Schubfächer» [latex][0,1) = \bigsqcup _{i=0}^{Q-1}[\frac {i}{Q},\frac {i+1}{Q})[/latex] und die Zahlen [latex]\left \lbrace {n\alpha } \right \rbrace[/latex] für [latex]n\in \left \lbrace {0,...,Q} \right \rbrace[/latex] und wenden Sie das Schubfachprinzip an. Sie finden also [latex]\left \lbrace {m\alpha } \right \rbrace ,\left \lbrace {n\alpha } \right \rbrace[/latex] im gleichen Schubfach für zwei verschiedene Zahlen [latex]m,n\in \left \lbrace {0,...,Q} \right \rbrace[/latex] mit [latex]m Wie oben bereits erwähnt, kann jeder Punkt in [latex]\mathbb {R}[/latex] durch Punkte in [latex]\mathbb {Q}[/latex] approximiert werden. Allgemeiner möchten wir nun zu einer Menge [latex]A \subseteq \mathbb {R}[/latex] jene Punkte betrachten, denen [latex]A[/latex] «von aussen» beliebig nahe kommt. Sei [latex]A\subseteq \mathbb {R}[/latex] und [latex]x_0\in \mathbb {R}[/latex]. Wir sagen, dass [latex]x_0[/latex] ein Häufungspunkt der Menge [latex]A[/latex] ist, falls es für jedes [latex]\varepsilon >0[/latex] ein [latex]a\in A[/latex] gibt mit [latex]0
In anderen Worten gibt es für einen Häufungspunkt [latex]x_0[/latex] in jeder Umgebung abgesehen von [latex]x_0[/latex] Punkte in [latex]A[/latex] (wobei es keine Rolle spielt ob [latex]x_0[/latex] in [latex]A[/latex] liegt oder nicht). Die Menge [latex]A[/latex] kommt also ihren Häufungspunkten «von aussen» beliebig nahe. Zeigen Sie, dass eine endlichen Teilmenge [latex]A\subseteq \mathbb {R}[/latex] keine Häufungspunkte besitzt. Betrachten Sie für ein [latex]x_0\in \mathbb {R}[/latex] die Zahl [latex]\varepsilon =\min \left \lbrace {|a-x_0|} \mid {a\in A\setminus \{ x_0\} }\right \rbrace[/latex] (oder [latex]\varepsilon =1[/latex] falls [latex]A=\{ x_0\}[/latex]). Ebenso gibt es unendliche Mengen ohne Häufungspunkte. Zum Beispiel hat [latex]A=\mathbb {Z}[/latex] keine Häufungspunkte. In der Tat gibt es für [latex]x_0\in \mathbb {Z}[/latex] kein [latex]n\in \mathbb {Z}[/latex] mit [latex]02.19 und Übung 2.27). Des Weiteren ist für jedes [latex]x_0\in \mathbb {R}\setminus \mathbb {Z}[/latex] die Zahl [latex]\varepsilon =\min \left \lbrace {x_0-\lfloor {x_0} \rfloor ,\lfloor {x_0} \rfloor +1-x_0} \right \rbrace[/latex] positiv und erfüllt [latex]|n-x_0|\geq \varepsilon[/latex] für alle [latex]n\in \mathbb {Z}[/latex]. Für beschränkte unendliche Mengen ist die Situation aber besser wie folgender Satz zeigt. Sei [latex]A\subseteq \mathbb {R}[/latex] eine beschränkte unendliche Teilmenge. Dann existiert ein Häufungspunkt von [latex]A[/latex] in [latex]\mathbb {R}[/latex].
Angenommen [latex]m,M\in \mathbb {R}[/latex] erfüllen [latex]A\subseteq [m,M][/latex]. Wir definieren Dann ist [latex]m\in X[/latex] da [latex]|A\cap (-\infty ,m]|\leq 1[/latex]. Des Weiteren gilt [latex]x Sei nun [latex]\varepsilon >0[/latex]. Dann existiert ein [latex]x\in X[/latex] mit [latex]x>x_0-\varepsilon[/latex], was zeigt, dass [latex]A\cap (-\infty ,x_0-\varepsilon ][/latex] eine endliche Menge ist, da gilt. Des Weiteren gilt [latex]x_0+ \varepsilon \not \in X[/latex] auf Grund der Definition von [latex]x_0[/latex]. Damit ist die Kardinalität von [latex]A \cap (-\infty ,x_0+ \varepsilon ][/latex] unendlich. Es folgt, dass eine unendliche Menge ist und abgesehen von möglicherweise [latex]x_0,x_0+\varepsilon[/latex] noch weitere Punkte besitzen muss. Da [latex]\varepsilon >0[/latex] beliebig war, sehen wir, dass [latex]x_0[/latex] ein Häufungspunkt der Menge [latex]A[/latex] ist. ∎ Insbesondere erkennen wir im Beweis eine stärkere Aussage für den gefundenen Häufungspunkt [latex]x_0[/latex] der Menge [latex]A[/latex], nämlich dass für alle [latex]\varepsilon >0[/latex] der Durchschnitt [latex]A\cap (x_0-\varepsilon ,x_0+\varepsilon )[/latex] unendlich ist. Dies stellt eine alternative Definition des Begriffs dar. Sei [latex]A\subseteq \mathbb {R}[/latex] und [latex]x_0\in \mathbb {R}[/latex]. Zeigen Sie, dass [latex]x_0[/latex] genau dann ein Häufungspunkt der Menge [latex]A[/latex] ist, wenn für jedes [latex]\varepsilon >0[/latex] der Durchschnitt von [latex]A[/latex] mit der [latex]\varepsilon[/latex]-Umgebung [latex](x_0-\varepsilon ,x_0+\varepsilon )[/latex] unendlich viele Punkte enthält.
Die Existenz eines Häufungspunkt in Satz 2.76 kann man als ein Schubfachprinzip der Analysis auffassen: Anstatt einer echten Übereinstimmung wie im regulären Schubfachprinzip für endliche Mengen (wie in Abschnitt 1.6.4) erlauben wir näherungsweise Übereinstimmungen wie in der Definition eines Häufungspunktes und haben einen Punkt gefunden mit dem unendlich viele Punkte der Menge «fast übereinstimmen» . Wir werden noch andere Sätze kennenlernen, bei denen ein beschränktes, abgeschlossenes Intervall ähnliche Eigenschaften wie eine endliche Menge haben wird. Der Durchschnitt von ineinander geschachtelten, nicht-leeren Intervallen, das heisst, Intervallen [latex]I_1 \supseteq I_2 \supseteq I_3\subseteq \cdots[/latex] in [latex]\mathbb {R}[/latex], die kleiner werden, muss nicht unbedingt nicht-leer sein. Zum Beispiel gilt auf Grund des Archimedischen Prinzip in Satz 2.69. Für abgeschlossene und beschränkte Intervalle ist die Situation aber deutlich besser. Dies ist nochmals eine Konsequenz des Vollständigkeitsaxioms. Sei für jedes [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] ein nicht-leeres, abgeschlossenes, beschränktes Intervall [latex]I_n = [a_n,b_n][/latex] gegeben, so dass für alle natürlichen Zahlen [latex]m \leq n[/latex] die Inklusion [latex]I_m \supseteq I_n[/latex] oder äquivalenterweise die Ungleichungen [latex]a_m \leq a_n \leq b_n \leq b_m[/latex] gelten. Dann ist der Durchschnitt nicht-leer.
Sollte die Aussage verwirrend sein, überzeugen Sie sich doch zuerst davon, dass für beliebige [latex]a_1,a_2,b_1,b_2\in \mathbb {R}[/latex] gilt. Nach Annahme gilt für natürliche Zahlen [latex]\ell ,m,n[/latex] mit [latex]\ell \leq m \leq n[/latex] die Ungleichung Insbesondere ist [latex]b_m[/latex] eine obere Schranke von [latex]\left \lbrace {a_k} \mid {k\in \mathbb {N}}\right \rbrace[/latex], woraus folgt. Da [latex]m\in \mathbb {N}[/latex] beliebig war, sehen wir nun, dass [latex]\overline {a}= \sup \left \lbrace {a_k} \mid {k\in \mathbb {N}}\right \rbrace \in \mathbb {R}[/latex] eine untere Schranke von [latex]\left \lbrace {b_m} \mid {m\in \mathbb {N}}\right \rbrace[/latex] ist. Daher hat letztere Menge ein Infimum [latex]\overline {b}\in \mathbb {R}[/latex] und wir erhalten Insbesondere ist der Schnitt [latex]\bigcap _{n=1}^\infty I_n[/latex] nicht-leer, da er zum Beispiel [latex]\overline {a}[/latex] enthält. Für [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] gilt nun die Abfolge von Äquivalenzen womit [latex]\bigcap _{n=1}^\infty [a_n,b_n] = [\bar {a},\bar {b}][/latex] gilt und der Satz folgt. ∎
Bei Vergrösserung sehen wir, dass die Intervalle immer wieder weitere Intervalle enthalten. Man kann sich vorstellen, wie dies unbeschränkt weitergeht und der Durchschnitt in dem betrachteten Fall aus der Menge mit nur einem Punkt besteht. (Allerdings können wir dies hier nicht unbeschränkt beobachten, da geogebra nach einigen Vergrösserungen auf die Grenzen der Rechengenauigkeit stösst.)
Seien [latex]I_n=[a_n,b_n][/latex] für [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] wie im Satz 2.78 und nehmen Sie zusätzlich an, dass [latex]\inf \{ b_n-a_n| n\in \mathbb {N}\} =0[/latex]. Intuitiv heisst dies also, dass die betrachteten Intervalle immer kürzer werden. Zeigen Sie, dass in diesem Fall [latex]\bigcap _{n=1}^\infty I_n[/latex] aus nur einem Punkt besteht.
In diesem Teilabschnitt möchten wir eine klassische Anwendung des Intervallschachtelungsprinzips präsentieren, nämlich den Beweis für die Überabzählbarkeit der reellen Zahlen. Die Teilmenge [latex][0,1]\subseteq \mathbb {R}[/latex] (und daher auch [latex]\mathbb {R}[/latex]) ist überabzählbar.
Wir wollen den Beweis in der Form eines Spiels zwischen den Spielern Alice und Bob darstellen. Bob behauptet (fälschlicherweise), dass [latex][0,1][/latex] abzählbar ist und darf in jedem seiner Züge (von abzählbar vielen Spielzügen) ein weiteres Element auflisten und Alice glaubt ihm nicht. Er hat das Ziel alle Elemente von [latex][0,1][/latex] am Ende aufgelistet zu haben und Alice hat das Ziel ein Element zu finden, das Bob nicht aufgelistet hat. Als Gegenzug zur Wahl des jeweiligen Elements von Bob, darf Alice ihr zuletzt konstruiertes Intervall (beginnend mit [latex][0,1][/latex]) verkleinern. Wir beschreiben eine Gewinnstrategie für Alice, die bei Befolgung und Anwendung von Satz 2.78 zu einem neuen Element in [latex][0,1][/latex] führt, welches von Bob nicht aufgelistet wurde. Das heisst, Alice kann das Spiel immer gewinnen, was beweist, dass Bob nicht Recht hat. Sei [latex]n\in \mathbb {N}\mapsto x_n\in [0,1][/latex] eine beliebige Funktion, die die Züge von Bob vollständig beschreibt. Wir beschreiben nun die Strategie von Alice, die rekursiv Intervalle [latex]I_n = [a_n,b_n][/latex] definiert, so dass diese [latex]x_n\notin I_n[/latex] erfüllen und den Bedingungen in Satz 2.78 genügen. Für [latex]n=1[/latex] definieren Alice [latex]I_1[/latex] durch Fallunterscheidung mittels Dies stellt sicher, dass [latex]I_1[/latex] ein abgeschlossenes Intervall ist, dass [latex]x_1[/latex] nicht enthält. Grob gesagt wählt Alice also [latex]I_1[/latex] als das linke Drittel von [latex][0,1][/latex], wenn [latex]x_1[/latex] in der rechten Hälfte liegt, und als das rechte Drittel, wenn [latex]x_1[/latex] in der linken Hälfte liegt. Angenommen Alice hat bereits [latex]I_n = [a_n,b_n][/latex] für ein [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] definiert und Bob hat in seinem darauffolgenden Spielzug das Element [latex]x_{n+1}\in [0,1][/latex] gewählt. Alice definiert nun das heisst, sie verwendet also das vorherige Intervall [latex]I_n[/latex], wenn es [latex]x_{n+1}[/latex] nicht enthält und das rechte (resp. linke) Drittel von [latex]I_n[/latex], wenn [latex]x_{n+1}[/latex] in der linken (resp. rechten) Hälfte von [latex]I_n[/latex] liegt. Per Konstruktion ist insbesondere [latex]I_{n+1} \subseteq I_n[/latex] und [latex]x_{n+1} \not \in I_{n+1}[/latex] erfüllt. Nach dem Intervallschachtelungsprinzip ist der Durchschnitt [latex]I = \bigcap _{n=1}^\infty I_n \subseteq [0,1][/latex] nicht-leer, sagen wir [latex]x\in I[/latex]. Dann ist [latex]x\neq x_n[/latex] für alle [latex]n\in \mathbb {N}[/latex], da [latex]x_n\notin I_n[/latex] nach Konstruktion von [latex]I_n[/latex] und [latex]x\in I\subseteq I_n[/latex]. Alice hat also ein neues Element von [latex][0,1][/latex] gefunden, das von Bob nicht aufgelistet wurde. Formal gesehen, zeigt obiges Argument, dass eine beliebige Abbildung [latex]\mathbb {N}\rightarrow [0,1][/latex] nicht surjektiv sein kann und das Korollar folgt. ∎ Wir definieren rekursiv Teilmengen des Intervalles [latex][0,1][/latex] durch für [latex]n \in \mathbb {N}_0[/latex]. Beispielsweise gilt also Die Cantor-Menge ist der Durchschnitt [latex]C=\bigcap _{n=0}^\infty C_n[/latex].
Ziel dieses Teilabschnitts ist es, die Cantor-Menge und ihre schönen «fraktalen» Eigenschaften auszukundschaften. Dazu wollen wir zuerst die Mengen [latex]C_n[/latex] besser verstehen. Grob gesagt wollen wir die für folgendes Bild notwendigen Aussagen treffen: und also [latex]C_{n+2} \subseteq C_{n+1}[/latex]. Somit folgt die Aussage per vollständiger Induktion. (Disjunktheit) Die Mengen [latex]\frac {1}{3} C_n[/latex] und [latex]\left (\frac {1}{3} C_n+\frac {2}{3}\right )[/latex] sind disjunkt für jedes [latex]n\in \mathbb {N}_0[/latex]. Insbesondere gilt [latex]C_{n+1} = \frac {1}{3} C_n \sqcup \left (\frac {1}{3} C_n+\frac {2}{3}\right )[/latex] für jedes [latex]n\in \mathbb {N}_0[/latex]. Bei genauerer Betrachtung sieht man sogar, dass [latex]\frac {1}{3} C_n[/latex] in [latex][0,\frac {1}{3}][/latex] und [latex]\left (\frac {1}{3} C_n+\frac {2}{3}\right )[/latex] in [latex][\frac {2}{3},1][/latex] liegt. Dies impliziert die behauptete Disjunktheit und folgt sofort aus [latex]C_n \subseteq [0,1][/latex]. Insbesondere ist die Länge eines Intervalles in [latex]C_{n+1}[/latex] ein Drittel der Länge eines Intervalles in [latex]C_n[/latex]. Für [latex]n=0[/latex] (und auch [latex]n=1[/latex]) haben wir dies bereits direkt nachgerechnet. Wenn dies bereits für [latex]C_n[/latex] und [latex]C_{n+1}[/latex] bekannt ist, dann gilt die Aussage auch für die verkleinerten Versionen [latex]\frac 13C_{n+1}\subseteq \frac 13C_{n}[/latex] und [latex](\frac 13C_{n+1}+\frac 23)\subseteq (\frac 13C_{n}+\frac 23)[/latex], was wiederum die Aussage für [latex]C_{n+1}[/latex] und [latex]C_{n+2}[/latex] ergibt. Wir wenden uns nun der Cantor-Menge [latex]C[/latex] zu. Wir möchten einem Punkt in [latex]C[/latex] eine Art «Adresse» zuweisen. Dazu definieren wir rekursiv die Adresse eines Punktes [latex]x\in C[/latex] wie folgt. Setze Wir weisen [latex]x[/latex] also die erste Adresse [latex]\mathrm {l}[/latex] zu, falls [latex]x[/latex] im linken Drittel von [latex][0,1][/latex] liegt und [latex]\mathrm {r}[/latex], falls [latex]x[/latex] im rechten Drittel von [latex][0,1][/latex] liegt. Kennen wir die erste Adresse [latex]a_1(x)[/latex] von [latex]x[/latex], so ist [latex]I_1(x)[/latex] das entsprechende Intervall, in dem [latex]x[/latex] liegt. Wir fahren genauso fort: Die zweite Adresse von [latex]x[/latex] ist definiert durch Des Weiteren ist [latex]I_2(x)[/latex] das linke Drittel von [latex]I_1(x)[/latex], wenn [latex]a_2(x) = \mathrm {l}[/latex], und sonst das rechte Drittel. Genauso fährt man fort, um für jedes [latex]k \in \mathbb {N}_0[/latex] die [latex]k[/latex]-te Adresse [latex]a_k(x)[/latex] von [latex]x[/latex] zu erhalten. Wir erhalten somit eine Liste von Adressen oder genauer eine Abbildung Die Menge der Abbildung [latex]\mathbb {N}_0 \to \left \lbrace {\mathrm {l},\mathrm {r}} \right \rbrace[/latex] schreiben wir als [latex]\left \lbrace {\mathrm {l},\mathrm {r}} \right \rbrace ^{\mathbb {N}_0}[/latex]. Unter dem Strich haben wir also die Funktion konstruiert, die einem Element in der Cantor-Menge ihre Adressen zuweist. Folgende Beschreibung der Cantor-Menge folgt aus dem Intervallschachtelungsprinzip (Satz 2.78). Die oben konstruierte Abbildung [latex]f:C \to \left \lbrace {\mathrm {l},\mathrm {r}} \right \rbrace ^{\mathbb {N}_0}[/latex] ist eine Bijektion. Insbesondere ist also [latex]C \sim \left \lbrace {\mathrm {l},\mathrm {r}} \right \rbrace ^{\mathbb {N}_0} \sim \left \lbrace {0,1} \right \rbrace ^{\mathbb {N}_0} \sim \mathcal {P}({\mathbb {N}_0})[/latex] und die Cantor-Menge ist überabzählbar.
Wir bemerken, dass die letzte Bijektion in obigen Satz auf Grund von Übung 1.76 gilt und die Überabzählbarkeit daher aus Cantor’s Diagonalargument (Theorem 1.74) folgt. Wir zeigen zuerst, dass [latex]f[/latex] surjektiv ist. Sei also [latex]a\in \left \lbrace {\mathrm {l},\mathrm {r}} \right \rbrace ^{\mathbb {N}_0}[/latex] eine Liste von Adressen. Um Verwirrungen zu vermeiden schreiben wir [latex]a_k[/latex] anstelle von [latex]a(k)[/latex] für [latex]k\in {\mathbb {N}_0}[/latex]. Genau wie oben (und ähnlich wie im Beweis von Korollar 2.82) diktieren diese Adressen eine Liste von Intervalle [latex]I_1 \supseteq I_2\supseteq ...[/latex]. Präziser formuliert ist und rekursiv ist [latex]I_{n+1}[/latex] das linke Teilintervall von [latex]I_n\cap C_{n+1}[/latex] falls [latex]a_{n+1}=\mathrm {l}[/latex] und ansonsten das rechte Teilintervall. Nach dem Intervallschachtelungsprinzip (Satz 2.78) ist [latex]\bigcap _{k=1}^\infty I_k[/latex] nicht-leer und nach Konstruktion in der Cantor-Menge enthalten. Ist [latex]x[/latex] ein Element dieses Schnittes, dann gilt [latex]I_k(x) = I_k[/latex] und insbesondere [latex]a_k(x) = a_k[/latex] für alle [latex]k \in {\mathbb {N}_0}[/latex]. Also ist [latex]a(x) = a[/latex] und [latex]f[/latex] ist surjektiv. Zur Injektivität von [latex]f[/latex]. Seien [latex]x,y\in C[/latex] mit [latex]a(x) = a(y)[/latex]. Dann gilt also auch [latex]I_k(x) = I_k(y)[/latex] für alle [latex]k \in {\mathbb {N}_0}[/latex]. Die Punkte [latex]x,y[/latex] liegen beide im Schnitt [latex]\bigcap _{k=1}^\infty I_k(x) = \bigcap _{k=1}^\infty I_k(y)[/latex]. Wir behaupten, dass die Länge von einem Intervall [latex]I_n[/latex] in der Zerlegung von [latex]C_n[/latex] kleiner gleich [latex]\frac {1}{n}[/latex] ist. Nach dem Archimendischen Prinzip in Satz 2.69 und Übung 2.81 besteht also [latex]\bigcap _{k=1}^\infty I_k(x)[/latex] aus einem Punkt und somit gilt [latex]x=y[/latex]. Die Behauptung gilt sicherlich für [latex]n=0[/latex], da [latex]I_1 = [0,1][/latex] Länge [latex]1=\frac {1}{1}[/latex] hat. Angenommen sie gilt für [latex]n\in \mathbb {N}_0[/latex]. Dann hat ein Intervall [latex]I_{n+1}[/latex] in der Zerlegung von [latex]C_{n+1}[/latex] ein Drittel der Länge eines Intervalles in der Zerlegung von [latex]C_n[/latex] und es gilt Dies schliesst den Beweis der Behauptung ab und impliziert somit den Satz. ∎ Wir stellen die Cantor-Menge im folgenden Applet dar und werden sie einige Male am Rande für weitere «fraktale» Konstruktionen verwenden. Unser Hauptinteresse wird aber bei «glatten» Objekten und weniger bei derartigen «fraktalen» Objekten liegen.
Wir stellen hier die Cantor-Menge dar, wobei Sie die Cantor-Menge vergrössern und verschieben können. Sie werden bemerken, dass die Cantor-Menge selbstähnlich ist, da sie den Vergrösserungsfaktor nur an der Beschriftung nicht aber an der Form der dargestellten Teilmenge feststellen können. Es scheint unmöglich direkt die Darstellung von überabzählbar vielen Punkten zu programmieren. Deswegen werden hier eigentlich nur sehr viele kleine Teilintervalle von [latex]C_n[/latex] für ein geeignetes [latex]n[/latex] dargestellt, doch werden [latex]n[/latex] und die Teilintervalle dem Vergrösserungsfaktor angepasst. Dies ergibt die gewünschte Darstellung trotz beschränkter Genauigkeit des Computers und des Bildschirms, denn auf Grund von Satz 2.84 und dessen Beweis enthält jedes Teilintervall von [latex]C_n[/latex] tatsächlich Punkte von [latex]C[/latex]. Wir wollen in diesem Abschnitt andeuten, warum die Axiome der reellen Zahlen die reellen Zahlen im Wesentlichen eindeutig festlegen. Damit dürfen wir ohne Weiteres eine beliebige Version der reellen Zahlen betrachten oder je nach Zusammenhang auch verschiedene Vorstellungen von reellen Zahlen haben. Zuerst wollen wir aber einige mögliche Modelle der reellen Zahlen ansprechen. Falls wir von der zweidimensionalen euklidischen Geometrie ausgehen, so können wir [latex]\mathbb {R}[/latex] definieren indem wir eine Gerade [latex]g[/latex] in der Ebene gemeinsam mit zwei verschiedenen ausgezeichneten Punkten [latex]P_0,P_1\in g[/latex] auswählen. Addition und Multiplikation wird dann mit geometrischen Konstruktionen (siehe folgendes Applet) so definiert, dass in [latex]\mathbb {R}=g[/latex] die Punkte [latex]P_0[/latex] und [latex]P_1[/latex] die Rolle von [latex]0[/latex] und [latex]1[/latex] in [latex]\mathbb {R}[/latex] übernehmen.
Wir deuten an, wie man mittels parallelen Geraden die Addition und mittels dem Strahlensatz die Multiplikation auf der Zahlengerade definieren kann.
Eine übliche Vorstellung der reellen Zahlen wird durch (im Allgemeinen nicht abbrechenden und vorzeichenbehafteten) Dezimalbrüche gegeben. Die Addition und Multiplikation von Dezimalbrüchen sind durch die bekannten Algorithmen gegeben. Allerdings muss die formale Beschreibung dieser Algorithmen auch nicht abbrechende Dezimalbrüche erlauben und die reellen Zahlen [latex]\mathbb {R}[/latex] müssen in diesem Zusammenhang als Quotientenraum von der Menge der Dezimalbrüche modulo einer Äquivalenzrelation definiert werden. Denn zum Beispiel stellen [latex]1.00\ldots[/latex] und [latex]0.99\ldots[/latex] dieselbe reelle Zahl dar, und es gibt unendlich viele reelle Zahlen mit zwei Dezimalbruchentwicklungen. Daher muss vor Besprechung der Axiome diese Äquivalenzrelation genau definiert werden und auch gezeigt werden, dass die Algorithmen wohldefinierte Abbildungen auf dem Quotientenraum [latex]\mathbb {R}[/latex] definieren. Insgesamt ist die korrekte Konstruktion mit dieser Methode überraschend aufwendig. Des Weiteren gibt es keinen guten Grund nur Dezimalbrüche zu betrachten und nicht auch andere Basen zu erlauben (zum Beispiel Binärdarstellungen von Zahlen). Letzteres wirft aber die Frage auf, ob denn vielleicht manche Eigenschaften der reellen Zahlen davon abhängen, ob man 10 Symbole oder eine andere Anzahl verwendet. Die Eindeutigkeit der reellen Zahlen verneint diese Frage. Wir werden auf Dezimalbruchentwicklungen im Kapitel 6 nochmals zu sprechen kommen. Formal einfacher ist die Konstruktion der reellen Zahlen ausgehend von den rationalen Zahlen durch sogenannte Dedekind-Schnitte, welche nach dem deutschen Mathematiker Dedekind (1831-1916) benannt sind. Hier definiert man [latex]\mathbb {R}[/latex] als die Familie aller von oben beschränkten Teilmengen [latex]A\subseteq \mathbb {Q}[/latex] ohne Maximum, welche die Eigenschaft erfüllen (Strahlen in [latex]\mathbb {Q}[/latex]). Der Hinweis, warum dies funktionieren sollte, ist in Übung 2.72 enthalten. Die rationale Zahl [latex]r\in \mathbb {Q}[/latex] identifiziert man mit der Teilmenge [latex]\left \lbrace {s\in \mathbb {Q}} \mid {s Es gibt eine wichtige Methode, wie man ausgehend von einem Raum mit einer Abstandsfunktion (einem sogenannten «metrischen Raum» ) einen grösseren «vollständigen Raum» definieren kann. Dies erfordert etwas mehr Theorie, die wir im Laufe des ersten Semesters besprechen werden, kann auch auf die Menge [latex]\mathbb {Q}[/latex] der rationalen Zahlen angewendet werden und liefert in diesem Fall eine Konstruktion der reellen Zahlen [latex]\mathbb {R}[/latex]. Auch hier wird [latex]\mathbb {R}[/latex] als Quotientenraum einer grösseren Menge modulo einer Äquivalenzrelation definiert. Wir werden diesen Existenzbeweis später ausführlich besprechen. Der schweizer Mathematiker A’Campo (geb. 1941) hat in diesem Jahrhundert (2003) eine weitere kuriose Konstruktion gefunden (siehe [2]). Für dies nennen wir eine Abbildung [latex]f:\mathbb {Z}\to ~\mathbb {Z}[/latex] quasi-linear, falls sie die Eigenschaft hat. Wir bezeichnen die Menge der quasi-linearen Abbildungen mit [latex]\mathcal {Q}[/latex] und die Menge der Abbildungen von [latex]\mathbb {Z}[/latex] nach [latex]\mathbb {Z}[/latex] mit endlichem Bild mit [latex]\mathcal {K}[/latex]. Wir bemerken, dass [latex]\mathcal {K}\subseteq \mathcal {Q}[/latex] und zum Beispiel [latex]\operatorname {id}_\mathbb {Z}\in \mathcal {Q}\setminus \mathcal {K}[/latex]. Man kann nun [latex]\mathbb {R}[/latex] als den Quotientenraum von [latex]\mathcal {Q}[/latex] definieren, wobei [latex]f_1,f_2\in \mathcal {Q}[/latex] equivalent sind, wenn die Funktion endliches Bild besitzt, das heisst, in [latex]\mathcal {K}[/latex] liegt. Im Sinne der Algebra ist [latex]\mathcal {Q}[/latex] bereits eine Gruppe bezüglich «punktweiser Addition» , [latex]\mathcal {K}\subseteq \mathcal {Q}[/latex] ist eine Untergruppe, und [latex]\mathbb {R}=\mathcal {Q}/\mathcal {K}[/latex]. Überraschenderweise ist die Multiplikation der reellen Zahlen [latex][f_1],[f_2]\in \mathcal {Q}/\mathcal {K}[/latex] durch [latex][f_1\circ f_2][/latex] und die [latex]1[/latex] durch [latex][\operatorname {id}_\mathbb {Z}][/latex] gegeben. Eine rationale Zahl [latex]r\in \mathbb {Q}[/latex] wird in diesem Modell durch die Äquivalenzklasse [latex][f_r][/latex] der Funktion dargestellt. Gewissermassen wird hier eine reelle Zahl durch die «durchschnittliche Steigung» einer quasi-linearen Abbildung definiert. Sie sollten nicht zu viel Zeit dazu verwenden, diese Konstruktion vollständig zu verstehen, denn wir werden im Laufe des ersten Semesters mittels einigen Übungen ein besseres Verständnis für diesen Zugang erhalten. Vor allem aber wollten wir damit und auch mit den anderen, obigen Modellen Ihnen klarstellen, dass es nicht nur eine Art und Weise gibt, wie man die reellen Zahlen finden kann. Dies unterstreicht die Wichtigkeit der Frage nach der Eindeutigkeit. Wie auch in anderen Situationen ist der Beweis der Eindeutigkeit einfacher als der Beweis der Existenz. Er enthält aber trotzdem gewisse Einblicke, die weiterentwickelt auch zum Existenzbeweis beitragen. Die Axiome von [latex]\mathbb {R}[/latex] in Abschnitt 2.1 legen die reellen Zahlen bis auf Isomorphie fest. Genauer formuliert gilt folgende Aussage: Sei [latex]\mathbb {R}'[/latex] eine weitere Menge, auf der eine Addition, eine Multiplikation und eine kleiner-gleich-Relation definiert sind, so dass alle Axiome der reellen Zahlen erfüllt sind (das heisst, [latex]\mathbb {R}'[/latex] ist ein weiterer vollständiger angeordneter Körper). Wir bezeichnen mit [latex]0' \in \mathbb {R}'[/latex] das Nullelement in [latex]\mathbb {R}'[/latex] und mit [latex]1'\in \mathbb {R}'[/latex] das Einselement in [latex]\mathbb {R}'[/latex]. Dann existiert eine bijektive Abbildung [latex]\Phi : \mathbb {R} \to \mathbb {R}'[/latex], so dass folgende Eigenschaften erfüllt sind. Dieser Satz ist befriedigend, da es wegen ihm nicht darauf ankommt, welches Modell der reellen Zahlen man untersucht oder welche Konstruktion ausgehend aus den rationalen (oder auch aus den natürlichen) Zahlen wir verwenden, um die reellen Zahlen zu finden. Eine Abbildung [latex]\Phi[/latex] wie in Satz 2.87 nennen wir eine Isomorphie (von angeordneten Körpern), denn sie ist eine Bijektion, die alle Strukturen von [latex]\mathbb {R}[/latex] auf die entsprechenden Strukturen von [latex]\mathbb {R}'[/latex] abbildet. Wie bereits bemerkt, könnte man obigen Satz auch mit Schach vergleichen, wo es ebenso nicht darauf ankommt, ob die Figuren aus Glas, Holz, Plastik oder Metall sind. Denn sobald man die verschiedenen Figuren richtig erkannt hat, besteht eine klare Korrespondenz (eine Isomorphie) zwischen den Figuren in dem Schachspiel aus Glas und dem Schachspiel aus Holz, und weiter kann man mit den einen genau dasselbe machen wie mit den anderen (die Isomorphie erhält alle möglichen Schachzüge). Wir möchten im Folgenden einen Beweis zur Existenz einer solchen Abbildung [latex]\Phi[/latex] skizzieren und überlassen Interessierten die Verifikation einiger Details (siehe Übung 2.89). Wie wir sehen werden besteht der Beweis gewissermassen aus einer Wiederholung vieler fundamentaler Themen aus diesem Kapitel. Etwas überspitzt lässt sich die Idee des Beweises wie folgt darstellen: Des Weiteren ist folgende Übung ein hilfreicher erster Schritt für den Eindeutigkeitsbeweis. Sei [latex]\varphi :\mathbb {R} \to \mathbb {R}[/latex] eine bijektive Funktion, die [latex]x
Zeigen Sie, dass auf Grund der angenommenen Eigenschaft von [latex]\varphi[/latex] eine obere Schranke (und das Supremum) von einer von oben beschränkten, nicht-leeren Teilmenge [latex]A\subseteq \mathbb {R}[/latex] unter [latex]\varphi[/latex] auf eine obere Schranke (beziehungsweise das Supremum) von [latex]\varphi (A)[/latex] abgebildet wird. Nehmen Sie nun [latex]\varphi (r)=r[/latex] für alle [latex]r\in \mathbb {Q}[/latex] an und verwenden Sie Übung 2.72. Angenommen [latex]\mathbb {R}[/latex] und [latex]\mathbb {R}'[/latex] sind zwei Mengen von reellen Zahlen, die jeweils die Axiome in Abschnitt 2.1 und damit auch deren Folgerungen in den Abschnitten 2.1, 2.2, 2.5 und 2.6.1 erfüllen. Seien [latex]\mathbb {N},\mathbb {N}_0,\mathbb {Z},\mathbb {Q}[/latex] respektive [latex]\mathbb {N}',\mathbb {N}_0',\mathbb {Z}',\mathbb {Q}'[/latex] die in [latex]\mathbb {R}[/latex] respektive [latex]\mathbb {R}'[/latex] konstruierten natürlichen Zahlen, ganzen Zahlen und rationalen Zahlen. Wir werden diese verwenden, um die gewünschte Abbildung in mehreren Schritten zu definieren. Definition von [latex]\Phi[/latex] auf [latex]\mathbb {N}_0[/latex]. Wir verwenden Rekursion, um eine Abbildung [latex]\Phi _0 : \mathbb {N}_0 \to \mathbb {N}_0'[/latex] mit «guten» Eigenschaften zu definieren. In der Tat setzen wir [latex]\Phi _0(0) = 0',\ \Phi _0(1) = 1'[/latex] und mittels Rekursion für alle [latex]n \in \mathbb {N}[/latex] Mittels vollständiger Induktion in [latex]\mathbb {N}[/latex] kann man nun zeigen, dass [latex]\Phi _0[/latex] dadurch eindeutig festgelegt ist und dass die Regeln für alle [latex]m,n \in \mathbb {N}_0[/latex] gelten. Die Verifikation dieser Regeln überlassen wir als Übung und ist sehr ähnlich dem Beweis von Lemma 2.18, nach dem [latex]\mathbb {N}[/latex] unter Addition und Multiplikation abgeschlossen ist. Des Weiteren gilt Insbesondere implizieren obigen Eigenschaften, dass [latex]\Phi _0[/latex] injektiv ist (wieso?). Da das Bild von [latex]\Phi _0[/latex] sowohl [latex]0'[/latex] als auch [latex]1'[/latex] enthält und induktiv ist, ist [latex]\Phi _0[/latex] auch surjektiv und damit bijektiv. Des Weiteren gilt (wegen Lemma 2.24) für [latex]m,n\in \mathbb {N}_0[/latex] auch was auf Grund der obigen Eigenschaften von [latex]\Phi _0[/latex] auch impliziert. Definition von [latex]\Phi[/latex] auf [latex]\mathbb {Z}[/latex]. Für [latex]n\in \mathbb {Z}[/latex] definieren wir und erhalten dadurch eine Abbildung [latex]\Phi _\mathbb {Z}:\mathbb {Z}\to \mathbb {Z}'[/latex], die ebenso obige Eigenschaften erfüllt. Definition von [latex]\Phi[/latex] auf [latex]\mathbb {Q}[/latex]. Für [latex]m\in \mathbb {Z}[/latex] und [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] setzen wir [latex]\Phi _\mathbb {Q}(\frac {m}{n}) = \frac {\Phi _0(m)}{\Phi _0(n)}\in \mathbb {Q}'[/latex]. Somit erhalten wir eine Abbildung [latex]\Phi _\mathbb {Q}:\mathbb {Q} \to \mathbb {Q}'[/latex], die noch immer alle gewünschten Eigenschaften erfüllt. Insbesondere gilt [latex]a \leq b \iff \Phi _\mathbb {Q}(a) \leq \Phi _\mathbb {Q}(b)[/latex] zuerst für [latex]a,b\in \mathbb {Z}[/latex] und dann (wegen [latex]\Phi _\mathbb {Q}(na) = \Phi _\mathbb {Q}(n)\Phi _\mathbb {Q}(a)[/latex] für [latex]a\in \mathbb {Q}[/latex] und [latex]n\in \mathbb {N}[/latex]) auch für [latex]a,b\in \mathbb {Q}[/latex]. Definition von [latex]\Phi[/latex] auf [latex]\mathbb {R}[/latex]. Für jedes [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] gilt wegen dem Korollar 2.71 des Archimedischen Prinzip (Satz 2.69) und Übung 2.72 Deswegen drängt sich die Definition für alle [latex]x\in \mathbb {R}[/latex] auf, wobei [latex]\sup {'}[/latex] das Supremum auf den in [latex]\mathbb {R}'[/latex] von oben beschränkten Teilmengen bezeichnet. Dazu gehört auch die Teilmenge [latex]\left \lbrace {\Phi _\mathbb {Q}(r)} \mid { r\in \mathbb {Q},\ r
da [latex]\Phi _\mathbb {Q}[/latex] die Ordnung erhält. Für [latex]x\leq y[/latex] gilt und damit Für [latex]x2.71, was und damit [latex]\Phi (x)2.89d) ) Wir müssen noch zeigen, dass [latex]\Phi[/latex] bijektiv ist. Durch Vertauschen von [latex]\mathbb {R}[/latex] mit [latex]\mathbb {R}'[/latex] erhalten wir analog eine Funktion [latex]\Psi :\mathbb {R}' \to \mathbb {R}[/latex], die unter anderem [latex]x' Überprüfen Sie nun, dass wir damit alle notwendigen Eigenschaften von [latex]\Phi[/latex] gezeigt haben. ∎ Beweisen Sie die in obiger Beweisskizze unterlassenen Details: Verwenden Sie Induktion um zu zeigen, dass [latex]\phi[/latex] auf [latex]\mathbb {N}_0[/latex] mit der Identitätsabbildung übereinstimmt und die Eigenschaften von [latex]\phi[/latex], um diese Aussage auf [latex]\mathbb {Z}[/latex] und dann auf [latex]\mathbb {Q}[/latex] zu erweitern. Die Themen dieses Kapitels stellen den Anfang unserer Entwicklung der Analysis dar und sind aus diesem Grunde für das Folgende fundamental. Wie bereits erwähnt werden wir die üblichen Eigenschaften der reellen, natürlichen, ganzen, rationalen und komplexen Zahlen (inklusive der Konjugation komplexer Zahlen) im Folgenden ohne Verweise verwenden. Es ist auch nicht notwendig, die Beweise der elementaren Aussagen in Abschnitt 2.1 auswendig zu lernen. Manche der Beweise in Abschnitt 2.2 sind auch etwas zu formal, als dass sie für das Folgende von grosser Bedeutung sein werden. Für ein fundiertes Verständnis der Induktion sind die besprochenen Varianten der Induktion samt Beweise wichtig und auch die Beweise der algebraischen und geometrischen Aussagen stellen eine gute Übung dar. In Abschnitt 2.4 haben wir einige Ihnen wahrscheinlich bekannte Definition ausgesprochen, doch werden auch die Ihnen wahrscheinlich neuen Begriffe «offen» und «abgeschlossen» zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die Kernthemen dieses Kapitels sind hingegen in folgender Liste enthalten. Diese Themen und deren Beweismethoden sind von zentraler Bedeutung für das Folgende und Sie werden weitere Vorlesungsstunden besser verstehen, wenn Sie diese Kernthemen bereits im Gedächnis und auf Abruf bereit haben. Im Laufe dieses Kapitels haben wir auch bereits einige grundlegende Funktionen eingeführt, welche wir ohne Verweis und mit den üblichen Eigenschaften in Zukunft wieder benötigen werden. Zeigen Sie für alle [latex]z,w \in \mathbb {C}[/latex] die Gleichung Seien [latex]w_1, w_2 \in \mathbb {C}[/latex] zwei verschiedene Punkte. Erklären und beweisen Sie, wieso die Teilmenge [latex]\left \lbrace {z\in \mathbb {C}} \mid {|z-w_1| = |z-w_2|}\right \rbrace[/latex] eine Gerade ist. Eine Gerade ist dabei eine Teilmenge der Form [latex]\left \lbrace { a + t v} \mid {t \in \mathbb {R}}\right \rbrace[/latex] für [latex]a,v \in \mathbb {C}[/latex].
Zeigen Sie, dass die Menge [latex]\mathbb {F}_2[/latex] mit den in Übung 2.8 definierten Operationen einen Körper mit zwei Elementen bildet. Wieso gibt es keinen Körper mit nur einem Element?
Sei [latex]\mathbb {F}_p = \mathbb {Z} / p \mathbb {Z}[/latex] gegeben wie in Abschnitt 1.5.2 durch Kongruenzen modulo einer Primzahl [latex]p[/latex]. Wie in Übung 1.93 gezeigt wurde, sind wohldefinierte Operationen der Addition und Multiplikation auf [latex]\mathbb {F}_p[/latex] durch für [latex]a+ p \mathbb {Z}, b+ p \mathbb {Z} \in \mathbb {F}_p[/latex] definiert. Wir möchten in dieser Übung zeigen, dass [latex](\mathbb {F}_p, +,\cdot )[/latex] ein Körper ist. Somit haben wir für jede Primzahl [latex]p[/latex] ein Körper dieser Kardinalität konstruiert. Aus ähnlichen Gründen wie auch für [latex]\mathbb {C}[/latex] lässt sich auf keinem dieser Körper eine Ordnung definieren, die diese zu geordneten Körper macht. Wir bemerken auch, dass sich für jede Primzahlpotenz wie zum Beispiel [latex]4[/latex] oder [latex]9[/latex] ein Körper definieren lässt; siehe nächstes Kapitel. Für (iii) dürfen Sie auch Übung 2.33 verwenden. Entscheiden Sie bei den folgenden Teilmengen von [latex]\mathbb {C}[/latex] jeweils, ob sie offen, abgeschlossen oder weder noch sind. Sei [latex]\mathcal {T}[/latex] die Menge der offenen Teilmengen von [latex]\mathbb {C}[/latex]. Zeigen Sie, dass folgende Eigenschaften erfüllt sind. In Worten ausgedrückt sind also endliche Schnitte und beliebige Vereinigungen von offenen Mengen offen. Die analoge Aussage gilt für die offenen Teilmengen von [latex]\mathbb {R}[/latex]. Was gilt für abgeschlossene Mengen?
In Abschnitt 2.6.1 haben wir bereits beschrieben, was Dichtheit der rationalen Zahlen in [latex]\mathbb {R}[/latex] bedeutet. Allgemeiner sagt man, dass eine Teilmenge [latex]A \subseteq \mathbb {R}[/latex] dicht ist, wenn für jedes offene, nicht-leere Intervall [latex]I \subseteq \mathbb {R}[/latex] der Schnitt [latex]I \cap A[/latex] nicht-leer ist. Zeigen Sie, dass folgende Aussagen über eine Teilmenge [latex]A \subseteq \mathbb {R}[/latex] äquivalent sind. Zeigen Sie, dass die Menge [latex]\mathbb {R} \setminus \mathbb {Q}[/latex] der irrationalen Zahlen dicht liegt in [latex]\mathbb {R}[/latex]. Verschieben Sie die Menge der rationalen Zahlen um eine irrationale Zahl. Berechnen Sie die Häufungspunkte folgender Teilmengen von [latex]\mathbb {R}[/latex]. Sei [latex]A\subseteq \mathbb {R}[/latex] eine von oben beschränkte Teilmenge. Zeigen Sie, dass [latex]A[/latex] ein Maximum besitzt oder das Supremum von [latex]A[/latex] ein Häufungspunkt der Menge [latex]A[/latex] ist. Sei [latex]A\subseteq \mathbb {R}[/latex] überabzählbar (aber möglicherweise unbeschränkt). Zeigen Sie, dass dann [latex]A[/latex] einen Häufungspunkt besitzt. Betrachten Sie die Durschschnitte [latex]A\cap [-n,n][/latex] für [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] und ob diese endlich oder unendlich sind. Finden Sie für jedes [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] ein Intervall [latex]I_n = [a_n,b_n][/latex] mit rationalen Endpunkten [latex]a_n,b_n \in \mathbb {Q}[/latex] wie in obigem Satz, so dass [latex]\bigcap _{n=1}^\infty I_n = \left \lbrace {\sqrt {2}} \right \rbrace[/latex] gilt. Schliessen Sie daraus, dass das Intervallschachtelungsprinzip in [latex]\mathbb {Q}[/latex] nicht erfüllt ist. (Hierbei ist ein Intervall in [latex]\mathbb {Q}[/latex] definiert als der Durchschnitt von [latex]\mathbb {Q}[/latex] mit einem reellen Intervall mit rationalen Endpunkten.)
Zeigen Sie, dass Satz 2.60 zum Vollständigkeitsaxiom (Axiom ()) äquivalent ist. Genauer formuliert: zeigen Sie, dass die Axiome eines angeordneten Körpers (das wären Axiome (1)—(15)) gemeinsam mit der Aussage in Satz 2.60 das Vollständigkeitsaxiom (Axiom (16)) implizieren.
Zeigen Sie in Analogie zu obiger Übung, dass (unter Annahme der Axiome eines angeordneten Körpers (1)—(15)) äquivalent sind zum Vollständigkeitsaxiom.
Zeigen Sie, dass jede offene Teilmenge von [latex]\mathbb {R}[/latex] überabzählbar ist. Verifizieren Sie der Einfachheit halber zuerst, dass [latex](0,1)[/latex] überabzählbar ist. Zeigen Sie, dass die Abbildung wohldefiniert ist. Intuitiv sagt uns die Abbildung [latex]m_3[/latex] also, dass [latex]C_{n+1}[/latex] aus zwei Hälften besteht, die jeweils aussehen wie kontrahierte Kopien von [latex]C_n[/latex]. (Wieso?)
Wir bezeichnen eine Menge der Form als ein abgeschlossenes beschränktes Rechteck. Beweisen Sie folgendes Rechtecksschachtelungsprinzip in [latex]\mathbb {C}[/latex]: Seien [latex]R_n[/latex] für jedes [latex]n\in \mathbb {N}[/latex] ein abgeschlossenes beschränktes Rechteck so dass [latex]R_m\supseteq R_n[/latex] für [latex]m\leq n[/latex]. Dann ist der abzählbare Durchschnitt [latex]\bigcap _{n=1}^\infty R_n[/latex] nicht-leer.
Sei [latex]A\subseteq \mathbb {C}[/latex] und [latex]z_0\in \mathbb {C}[/latex]. Dann heisst [latex]z_0[/latex] ein Häufungspunkt von der Menge [latex]A[/latex] falls es zu jedem [latex]\varepsilon >0[/latex] ein [latex]a\in A[/latex] gibt mit [latex]0 0[/latex] mit [latex]A \subseteq B_M(0)[/latex]) Teilmenge. Zeigen Sie, dass ein Häufungspunkt der Menge [latex]A[/latex] in [latex]\mathbb {C}[/latex] existiert. Eine kurze Anleitung: Auf Grund der Beschränktheit der Menge [latex]A[/latex] existiert ein [latex]D>0[/latex] so dass [latex]A\subseteq [-D,D]\times [-D,D][/latex]. Sie können für den Beweis zuerst obiges Rechtecksschachtelungsprinzip beweisen und dann verwenden. Alternativ können Sie den Beweis von Satz 2.76 adaptieren: definieren Sie und zeigen Sie, dass [latex]x_0+y_0\mathrm {i}[/latex] ein Häufungspunkt ist.
In folgendem Fragen-Typ können Sie aus mehreren verschiedenen Lösungsvarianten auswählen (Multiple-Choice). Es ist dabei nicht unbedingt nur eine Lösung richtig. Sei [latex]A \subseteq \mathbb {R}[/latex] und [latex]x_0 \in \mathbb {R}[/latex]. Welche der folgenden Aussagen sind äquivalent zur Aussage, dass [latex]x_0[/latex] ein Häufungspunkt von [latex]A[/latex] ist? Welche der folgenden Punkte liegen in der Cantor-Menge? Gibt es eine Kollektion [latex]\left \lbrace {A_t} \mid {t \in \mathbb {R}}\right \rbrace[/latex] von Teilmengen von [latex]\mathbb {N}[/latex] mit der Eigenschaft [latex]A_t \subsetneq A_{t'}[/latex] für alle [latex]t Für das Lernen der Themen dieses Kapitels könnten wieder die Lernkarten helfen.
Des Weiteren können Sie auch die Zusammenhänge der einzelnen Sätze dieses Kapitels mit Hilfe folgenden Graphen wiederholen. (Die Darstellung wird zufällig generiert, und es empfiehlt sich die Knoten des Graphen etwas logischer zu platzieren.)Definition 2.58: Minimum
2.5.2 – Supremum und Infimum
Definition 2.59: Beschränktheit und Schranken
Satz 2.60: Supremum
Beweis von Satz 2.60
Applet 2.61: Supremum einer beschränkten nicht-leeren Menge
(*)
Übung 2.62: Existenz des Infimums
Proposition 2.63: Supremum unter Streckung
Beweis
Proposition 2.64: Supremum unter Summen
Beweis
2.5.3 – Uneigentliche Werte, Suprema und Infima
Übung 2.65: Geometrie der Zweipunktkompaktifizierung
Übung 2.66: Eigenschaften von Supremum und Infimum unter Vereinigung
Übung 2.67: Eigenschaften von Supremum und Infimum unter Summen und Produkten
Übung 2.68
2.5.4 – Verwendung des Supremums und des Infimums
2.6 – Konsequenzen der Vollständigkeit
2.6.1 – Das Archimedische Prinzip
Satz 2.69: Das Archimedische Prinzip
Beweis von Satz 2.69
Übung 2.70: Supremum von Bildmengen
Korollar 2.71: Dichtheit von [latex]\mathbb {Q}[/latex] in [latex]\mathbb {R}[/latex]
Beweis
Übung 2.72: Jede reelle Zahl ist ein Supremum einer Menge von rationalen Zahlen
Lösung
Übung 2.73: Etwas Diophantische Approximation
Hinweis.
2.6.2 – Häufungspunkte einer Menge
Definition 2.74: Häufungspunkte von Mengen
Übung 2.75: Endliche Mengen haben keine Häufungspunkte
Hinweis.
Satz 2.76: Existenz von Häufungspunkten
Beweis
Übung 2.77: Alternative Charakterisierung von Häufungspunkten
2.6.3 – Intervallschachtelungsprinzip
Satz 2.78: Intervallschachtelungsprinzip
Beweis von Satz 2.78
Applet 2.79: Intervallschachtelung
Übung 2.80: Charakterisierung von Intervallen
Übung 2.81: Zusammenziehende Intervalle
2.6.4 – Überabzählbarkeit
Korollar 2.82: Überabzählbarkeit von [latex]\mathbb {R}[/latex]
Beweis
2.6.5 – Die Cantor-Menge*
Definition 2.83: Cantor-Menge
[latex]
\begin{aligned}[]\frac {1}{3}C_{n+1} \subseteq \frac {1}{3} C_n \subseteq C_{n+1},\quad \frac {1}{3}C_{n+1}+\frac {2}{3} \subseteq \frac {1}{3} C_n+\frac {2}{3} \subseteq C_{n+1}\end{aligned}
[/latex]
(Zerlegung in Intervalle) Für [latex]n\in \mathbb {N}_0[/latex] besteht [latex]C_{n+1}[/latex] aus genau doppelt so vielen disjunkten, abgeschlossenen Intervallen wie [latex]C_n[/latex]. Dies folgt aus (ii).
(Von der Zerlegung von [latex]C_n[/latex] zur Zerlegung von [latex]C_{n+1}[/latex]) Sei [latex]I[/latex] eines der Intervalle in der Zerlegung von [latex]C_n[/latex] und schreibe [latex]I = [a,b][/latex]. Dann sind [latex]\bigl [a,a+\frac {b-a}{3}\bigr ][/latex] und [latex]\bigl [b-\frac {b-a}{3},b\bigr ][/latex] zwei Intervalle in der Zerlegung von [latex]C_{n+1}[/latex] undKorollar 2.84: Cantor-Menge
Beweis
Applet 2.85: Selbstähnlichkeit der Cantor-Menge
Hinweis.
2.7 – Modelle und Eindeutigkeit der Menge der reellen Zahlen*
2.7.1 – Ebene Geometrie und die Zahlengerade
Applet 2.86: Definition mittels der Zahlengerade
2.7.2 – Dezimalbrüche
2.7.3 – Dedekind-Schnitte
2.7.4 – Vervollständigung der rationalen Zahlen
2.7.5 – Definition mittels Steigungen
2.7.6 – Eindeutigkeit
Satz 2.87: Eindeutigkeit der reellen Zahlen
Übung 2.88
Hinweis.
Beweisskizze
[latex]
\begin{aligned}[]\label{eq:real-addeindeutigkeitsbew} \left \lbrace {r \in \mathbb {Q}} \mid {r
was gemeinsam mit dem Verhalten des Supremums unter Summenbildung von Mengen in Proposition 2.64 und der Additivität von [latex]\Phi _\mathbb {Q}[/latex] gerade [latex]\Phi (x+y) = \Phi (x)+\Phi (y)[/latex] impliziert. Insbesondere gilt wegen [latex]\Phi (0) = 0[/latex] auch [latex]\Phi (-x) = -\Phi (x)[/latex] für alle [latex]x\in \mathbb {R}[/latex]. Auch gilt für alle [latex]x,y \in \mathbb {R}_{>0}[/latex], dass
[latex]
\begin{aligned}[]\label{eq:real-multeindeutigkeitsbew} \left \lbrace {r \in \mathbb {Q}} \mid {0
und damit [latex]\Phi (x)\Phi (y) = \Phi (xy)[/latex] für alle [latex]x,y \in \mathbb {R}_{>0}[/latex] wegen der Multiplikativität von [latex]\Phi _\mathbb {Q}[/latex] und Übung 2.67. Da wir aber bereits wissen, dass [latex]\Phi (-x) = -\Phi (x)[/latex] für alle [latex]x\in \mathbb {R}[/latex], gilt [latex]\Phi (x)\Phi (y) = \Phi (xy)[/latex] für alle [latex]x,y\in \mathbb {R}[/latex].Übung 2.89
2.8 – Weitere Lernmaterialien
2.8.1 – Verwendung des Kapitels
2.8.2 – Weitere Übungsaufgaben
Übung: Parallelogrammidentität
Übung: Mittelsenkrechte
Übung: Körper mit zwei Elementen
Übung: Körper von Primzahlordnung
Hinweis.
Übung
Übung: Topologie auf [latex]\mathbb {R}[/latex] und [latex]\mathbb {C}[/latex]
Übung: Charakterisierung von Dichtheit
Übung: Dichtheit der irrationalen Zahlen
Hinweis.
Übung
Übung: Supremum als Häufungspunkt
Übung: Überabzählbare Mengen haben Häufungspunkte
Hinweis.
Übung
Übung: Das Vollständigkeitsaxiom und das Supremum
Übung: Weitere Formen des Vollständigkeitsaxioms
Übung
Hinweis.
Übung: Multiplikation mit 3 auf der Cantor-Menge
Übung: Rechtecksschachtelungprinzip in [latex]\mathbb {C}[/latex]
Übung: Häufungspunkte in [latex]\mathbb {C}[/latex]
2.8.3 – Multiple-Choice Fragen
Übung
Übung
Übung: Challenge
2.8.4 – Lernkarten