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4 Das Riemann-Integral

Wir werden in diesem Kapitel die Idee von Abschnitt 1.1 aufgreifen und diese mit Hilfe des Supremums und des Infimums (also implizit des Vollständigkeitsaxioms) aus Kapitel 2 und der -Notation aus Kapitel 3 zum Begriff des Riemann-Integrals ausbauen.

Leser fragen sich vielleicht, warum wir hier schon das Integral besprechen, obwohl wir die Ableitung noch nicht besprochen haben. Es gibt viele Wege, die zum Ziel führen, und wir könnten in der Tat ebenso das Integral nach der Ableitung einführen. Für diese Reihenfolge sprechen die folgenden Argumente:

  • Flächeninhalte wurden bereits seit der Antike untersucht und (teilweise) berechnet. Die Ableitung hat eine kürzere Geschichte und ist eigentlich ein schwierigeres Konzept als das Integral.
  • Auch vom rein mathematischen Gesichtspunkt gesehen, ist das Integral viel einfacher. Wie wir hier sehen werden, erfüllt das Integral einige sehr nette Eigenschaften (zum Beispiel Monotonie und eine verallgemeinerte Dreiecksungleichung), welche keine Entsprechung für die Ableitung haben. Wir werden später diese netten Eigenschaften des Integrals verwenden, um gewisse Aussagen für die Ableitung zu zeigen. Da wir in dieser Vorlesung die Analysis nach ihren inneren Strukturen aufbauen wollen, spricht dies dafür das Integral zuerst zu besprechen.
  • Der Zusammenhang zwischen Ableitung und Integral ist eines der Hauptziele für dieses erste Semester in Analysis. Wir hoffen, dass die frühe Einführung des Integrals die Wichtigkeit dieses Zusammenhangs weiter betont.

4.1 – Treppenfunktionen und deren Integral

Im Folgenden seien [latex]a

4.1.1 – Zerlegungen

Definition 4.1: Zerlegung

Eine Zerlegung (oder Unterteilung) ZZ von [a,b][a,b] ist gegeben durch endlich viele Punkte

\begin{aligned}[]a= x_0\begin{aligned}[]a= x_0

mit nNnN. Die Punkte x0,,xn[a,b]x0,,xn[a,b] werden die Teilungspunkte der Zerlegung genannt. Wir schreiben [latex]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a= x_0

Formal gesehen ist eine Zerlegung also eine endliche Teilmenge unseres Intervalls [a,b][a,b], die aa und bb enthält, gemeinsam mit einer Auflistung ihrer Elemente durch eine streng monotone Funktion k{0,,n}xkk{0,,n}xk. (Die Aufzählung ist eindeutig durch die Teilmenge bestimmt, da wir die Forderung [latex]x_0

P(Z)={{a},(x0,x1),{x1},,(xn1,xn),{b}},P(Z)={{a},(x0,x1),{x1},,(xn1,xn),{b}},

die fortan implizit in den Diskussionen verwendet wird.

Definition 4.2: Treppenfunktion

Eine Funktion f:[a,b]Rf:[a,b]R ist eine Treppenfunktion (abgekürzt TFTF), falls es eine Zerlegung [latex]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a= x_0

x(xk1,xk):f(x)=ck.x(xk1,xk):f(x)=ck.

Eine Treppenfunktion soll also konstant sein auf den Intervallen in der Partition P(Z)P(Z). Die Intervalle (xk1,xk)(xk1,xk) für k{1,,n}k{1,,n} heissen auch Konstanzintervalle der Treppenfunktion ff und ZZ heisst eine Zerlegung in Konstanzintervalle von ff. Die Zahlen c1,,cnc1,,cn nennen wir Konstanzwerte von ff bezüglich ZZ.

Beispielsweise sind konstante Funktionen auch Treppenfunktionen.

image

Abbildung 4.1 – Der Graph einer Treppenfunktion auf dem Intervall [a,b][a,b]. Die blauen Punkte deuten die Funktionswerte bei den Punkten x0,,x5x0,,x5 an.

Definition 4.3

Seien Z,ZZ,Z zwei Zerlegungen von [a,b][a,b]. Wir sagen, dass ZZ feiner als ZZ ist, falls jeder Teilungspunkt von ZZ ein Teilungspunkt von ZZ ist. Die gemeinsame Verfeinerung zweier Zerlegungen ZZ und ZZ ist die Zerlegung, deren Menge von Teilungspunkten durch die Vereinigung der Menge der Teilungspunkte von ZZ und von ZZ gegeben ist.

4.1.2 – Das Integral einer Treppenfunktion

Definition 4.4

Sei f:[a,b]Rf:[a,b]R eine Treppenfunktion und [latex]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a= x_0

I(f,Z)=nk=1ck(xkxk1)=nk=1ckΔxk,I(f,Z)=nk=1ck(xkxk1)=nk=1ckΔxk,

wobei Δxk=(xkxk1)Δxk=(xkxk1) für die Länge des kk-ten Konstanzintervalls in der Zerlegung ZZ für k=1,,nk=1,,n steht.

Für eine nicht-negative Treppenfunktion f0f0 interpretieren wir I(f,Z)I(f,Z) als Flächeninhalt der Ordinatenmenge

{(x,y)R2axb, 0yf(x)}{(x,y)R2axb, 0yf(x)}

und im Allgemeinen als vorzeichenbehafteter Nettoflächeninhalt (siehe Bild unten).

image

Abbildung 4.2 – Die Zahl I(f,Z)I(f,Z) kann die Summe der Flächeninhalten von Rechtecken über der xx-Achse oder eine Differenz von Flächeninhalten sein, wenn die Treppenfunktion positive und negative Werte auf den Konstanzintervallen annimmt.

Lemma 4.5: Unabhängigkeit von Zerlegung in Konstanzintervalle

Sei f:[a,b]Rf:[a,b]R eine Treppenfunktion und [latex]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a= x_0

Dieses Lemma wird uns erlauben, den Wert I(f,Z)I(f,Z) als das Integral von ff zu definieren.

Beweis

Seien f,ff,f zwei Treppenfunktionen auf [a,b][a,b] mit derselben Zerlegung in Konstanzintervalle [latex]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a= x_0

I(f,Z)=nk=1ck(xkxk1)=I(f,Z)I(f,Z)=nk=1ck(xkxk1)=I(f,Z)

und die erste Behauptung im Lemma folgt.

Sei nun ff eine Treppenfunktion auf [a,b][a,b] und sowohl ZZ als auch ZZ Zerlegungen in Konstanzintervalle von ff. Die zweite Behauptung des Lemmas besagt I(f,Z)=I(f,Z)I(f,Z)=I(f,Z). (Zum Beispiel könnte [latex]\mathfrak {Z}=\{ x_0=a4.1 sein.)

Wir beweisen diese Behauptung in drei Schritten. Im ersten Schritt nehmen wir an, dass ZZ feiner als [latex]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a= x_0

I(f,Z)=1k=1ckΔxk+c(xx1)+nk=+1ckΔxk=1k=1ckΔxk+c(xy)+c(yx1)+nk=+1ckΔxk=I(f,Z),I(f,Z)=1k=1ckΔxk+c(xx1)+nk=+1ckΔxk=1k=1ckΔxk+c(xy)+c(yx1)+nk=+1ckΔxk=I(f,Z),

da f(x)=cf(x)=c für alle x(x1,y)(y,x)(x1,x)x(x1,y)(y,x)(x1,x).

Mittels vollständiger Induktion nach |ZZ||ZZ| folgt aus obigem Fall, dass I(f,Z)=I(f,Z)I(f,Z)=I(f,Z), falls ZZ feiner als ZZ ist. In der Tat kann man eine Liste von Zerlegungen finden, die mit ZZ beginnt, mit ZZ endet, und in der die nächste jeweils einen Punkt mehr besitzt als die vorhergehende Zerlegung in der Liste.

Falls nun Z,ZZ,Z beliebige Zerlegungen in Konstanzintervalle von ff sind, dann können wir die gemeinsame Verfeinerung ZZ′′ betrachten und erhalten aus dem vorherigen Fall

I(f,Z)=I(f,Z)=I(f,Z),I(f,Z)=I(f,Z′′)=I(f,Z),

was den Beweis des Lemmas abschliesst. ∎

Definition 4.6

Für eine Treppenfunktion f:[a,b]Rf:[a,b]R definieren wir das Integral der Treppenfunktion ff als

baf(x)dx=bafdx=I(f,Z),baf(x)dx=bafdx=I(f,Z),

wobei ZZ eine Zerlegung in Konstanzintervalle von ff ist.

Nach Lemma 4.5 hängt diese Definition des Integrals nicht von der Wahl der Zerlegung ab.

Wir bemerken auch, dass das Symbol für ein stilisiertes SS steht und damit an den Zusammenhang zu einer Summe erinnert. Des Weiteren ist die Variable xx in der Notation f(x)dxf(x)dx eine interne Variable für die Notation des Integrals (genauso wie die Variable kk in der Summe nk=1ckΔxknk=1ckΔxk), die ausserhalb des Integrals keine Bedeutung hat (und, um vorprogrammierte Verwirrungen zu vermeiden, auch keine haben sollte).

Lemma 4.7: Linearität des Integrals von Treppenfunktionen

Die nicht-leere Menge

TF([a,b])={fF([a,b])f ist eine Treppenfunktion}TF([a,b])={fF([a,b])f ist eine Treppenfunktion}

der Treppenfunktionen auf dem Intervall [a,b][a,b] ist ein Unterraum des Vektorraums F([a,b])F([a,b]) der reellwertigen Funktionen auf [a,b][a,b]. Des Weiteren ist die Abbildung :TF([a,b])R:TF([a,b])R linear. Das heisst, für alle f,gTF([a,b])f,gTF([a,b]) und sRsR ist f+gTF([a,b])f+gTF([a,b]), sfTF([a,b])sfTF([a,b]) und es gilt

ba(f+g)dx=bafdx+bagdx,ba(sf)dx=sbafdx.ba(f+g)dx=bafdx+bagdx,ba(sf)dx=sbafdx.
Beweis

Falls ZfZf eine Zerlegung in Konstanzintervalle von ff und ZgZg eine Zerlegung in Konstanzintervalle von gg ist, dann existiert eine gemeinsame Verfeinerung

[latex]
\begin{aligned}[]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a= x_0 [/latex]

von ZfZf und ZgZg. Dies ist eine Zerlegung in Konstanzintervalle von ff und gg. Seien c1,,cnc1,,cn respektive d1,,dnRd1,,dnR die Konstanzwerte von ff respektive gg bezüglich der Zerlegung ZZ, das heisst, es gilt
x(xk1,xk):f(x)=ck und g(x)=dkx(xk1,xk):f(x)=ck und g(x)=dk
für alle k{1,,n}k{1,,n}. Insbesondere ergibt dies für alle k{1,,n}k{1,,n}

x(xk1,xk):f(x)+g(x)=ck+dk und (sf)(x)=sckx(xk1,xk):f(x)+g(x)=ck+dk und (sf)(x)=sck

und wir erhalten f+g,sfTF([a,b])f+g,sfTF([a,b]). Des Weiteren gilt

ba(f+g)dx=I(f+g,Z)=nk=1(ck+dk)Δxk=nk=1ckΔxk+nk=1dkΔxk=I(f,Z)+I(g,Z)=bafdx+bagdxba(f+g)dx=I(f+g,Z)=nk=1(ck+dk)Δxk=nk=1ckΔxk+nk=1dkΔxk=I(f,Z)+I(g,Z)=bafdx+bagdx

und ebenso

ba(sf)dx=I(sf,Z)=nk=1sckΔxk=snk=1ckΔxk=sI(f,Z)=sbafdx.ba(sf)dx=I(sf,Z)=nk=1sckΔxk=snk=1ckΔxk=sI(f,Z)=sbafdx.

Lemma 4.8: Monotonie des Integrals von Treppenfunktionen

Sind f,gTF([a,b])f,gTF([a,b]) zwei Treppenfunktionen mit fgfg. Dann gilt

bafdxbagdx.bafdxbagdx.

Insbesondere impliziert fTF([a,b])fTF([a,b]) und f0f0, dass bafdx0bafdx0.

Beweis

Wie schon im Beweis des letzten Lemmas können wir für f,gTF([a,b])f,gTF([a,b]) eine gemeinsame Zerlegung [latex]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a= x_0 4.1)). Falls nun fgfg (also f(x)g(x)f(x)g(x) für alle x[a,b]x[a,b]) ist, dann ist ckdkckdk für alle k{1,,n}k{1,,n} und wir erhalten

bafdx=I(f,Z)=nk=1ckΔxknk=1dkΔxk=I(g,Z)=bagdx.bafdx=I(f,Z)=nk=1ckΔxknk=1dkΔxk=I(g,Z)=bagdx.

Die zweite Aussage folgt aus der ersten angewendet auf 00 und ff. ∎

Durch genauere Betrachtung des obigen Beweises oder Lemma 4.5 sieht man sogar, dass die Ungleichung fgfg auf den durch eine Zerlegung gegebenen offenen Intervallen für die Konklusion bafdxbagdxbafdxbagdx ausreichend ist.

Übung 4.9: Integral von «zusammengeklebten» Treppenfunktionen

Seien [a,b],[b,c][a,b],[b,c] zwei beschränkte und abgeschlossene Intervalle und sei f1TF([a,b])f1TF([a,b]) und f2TF([b,c])f2TF([b,c]). Zeigen Sie, dass die Funktion

f:[a,c]R,x{f1(x)falls x[a,b)f2(x)falls x[b,c]f:[a,c]R,x{f1(x)falls x[a,b)f2(x)falls x[b,c]

eine Treppenfunktion auf [a,c][a,c] ist und geben Sie eine Zerlegung in Konstanzintervalle von ff an. Beweisen Sie anschliessend, dass das Integral von ff gegeben ist durch

cafdx=baf1dx+cbf2dx.cafdx=baf1dx+cbf2dx.

Zeigen Sie des Weiteren, dass jede Treppenfunktion auf [a,c][a,c] von obiger Form ist.

Hinweis.

Die Notation [latex]\mathfrak {Z}_1=\left \lbrace {a=x_{1,0}

4.2 – Definition des Riemann-Integrals

Wie schon im letzten Abschnitt betrachten wir im Folgenden Funktionen auf einem kompakten Intervall [a,b]R[a,b]R zu reellen Zahlen [latex]a

Wir bemerken, dass Treppenfunktionen beschränkt sind, da sie endliche Wertemengen haben. Des Weiteren ist eine reellwertige Funktion ff genau dann beschränkt, wenn es Treppenfunktionen u,oTF([a,b])u,oTF([a,b]) gibt, die ufoufo erfüllen. In der Tat, falls ufoufo für gewisse Treppenfunktionen u,ou,o gilt, dann ist f([a,b])f([a,b]) von oben durch das Maximum von o([a,b])o([a,b]) beschränkt und von unten durch das Minimum von u([a,b])u([a,b]) beschränkt. (Wieso?). Umgekehrt können wir konstante Treppenfunktionen u,oTF([a,b])u,oTF([a,b]) verwenden, falls ff beschränkt ist.

Definition 4.10

Sei fF([a,b])fF([a,b]) beschränkt. Dann definieren wir die (nicht-leere) Menge der Untersummen durch

U(f)={baudxuTF([a,b]) und uf}U(f)={baudxuTF([a,b]) und uf}

und die (nicht-leere) Menge der Obersummen durch

O(f)={baodxoTF([a,b]) und fo}.O(f)={baodxoTF([a,b]) und fo}.

Für u,oTF([a,b])u,oTF([a,b]) mit ufoufo gilt nach Lemma 4.8 auch

baudxbaodx.baudxbaodx.

Jede Untersumme ist also kleiner gleich jeder Obersumme. Äquivalenterweise ist jede Obersumme bao dxbao dx eine obere Schranke der nicht-leeren Menge der Untersummen und daher ist

supU(f)baodx,supU(f)baodx,

da das Supremum die kleinste obere Schranke ist. Insbesondere ist supU(f)supU(f) eine untere Schranke der Menge der Obersummen O(f)O(f) und es gilt
supU(f)infO(f),supU(f)infO(f),
da das Infimum die grösste untere Schranke ist.

Definition 4.11: Riemann-Integrierbarkeit

Für eine beschränkte Funktion fF([a,b])fF([a,b]) wird I_(f)=supU(f)I(f)=supU(f) das untere Integral von ff und ¯I(f)=infO(f)¯¯¯I(f)=infO(f) das obere Integral von ff genannt. Die Funktion ff heisst Riemann-integrierbar, oder kurz R-integrierbar, falls I_(f)=¯I(f)I(f)=¯¯¯I(f). In diesem Fall wird dieser gemeinsame Wert das Riemann-Integral

bafdx=I_(f)=¯I(f)bafdx=I(f)=¯¯¯I(f)

genannt. Des Weiteren definieren wir

R([a,b])={fF([a,b])f ist Riemann-integrierbar}.R([a,b])={fF([a,b])f ist Riemann-integrierbar}.

Wir bezeichnen aa als die untere und bb als die obere Integrationsgrenze und die Funktion als den Integrand für das Integral bafdxbafdx.

Wir haben hier den Zugang von Darboux für die Definition des Riemann-Integrals gewählt; im nächsten Kapitel werden wir aber auch kurz die sogenannten Riemann-Summen besprechen, die von Riemann als Ausgangspunkt seiner Definition verwendet wurden. Es gibt neben diesen beiden äquivalenten Definitionen noch weitere, die wir nicht besprechen werden.

Falls fF([a,b])fF([a,b]) nicht-negativ (das heisst, es gilt f0f0), beschränkt und Riemann-integrierbar ist, dann interpretieren wir die Zahl bafdxbafdx als den Flächeninhalt der Menge

{(x,y)R2axb, 0yf(x)}.{(x,y)R2axb, 0yf(x)}.

Proposition 4.12: Charakterisierungen der Riemann-Integrierbarkeit

Sei fF([a,b])fF([a,b]) beschränkt. Folgende Bedingungen sind äquivalent:

  1. ff ist Riemann-integrierbar.
  2. Es existiert höchstens eine (oder auch genau eine) reelle Zahl II, die die Ungleichungen
    baudxIbaodxbaudxIbaodx

    für alle u,oTF([a,b])u,oTF([a,b]) mit ufoufo erfüllt.

  3. Für alle ε>0ε>0 existieren u,oTF([a,b])u,oTF([a,b]) mit ufoufo, so dass [latex]\int _a^b (o-u)\thinspace {\rm {d}} x

Der dritte Punkt in obiger Proposition bedeutet intuitiv, dass ff sich zwischen zwei Treppenfunktionen «einquetschen» lässt, so dass deren Differenz im Mittel (geometrisch formuliert, der Flächeninhalt zwischen den beiden Treppenfunktionen) klein ist.

Beweis

Angenommen ff ist Riemann-integrierbar wie in (i). Wir wollen (iii) zeigen. Sei also ε>0ε>0. Dann existiert (wegen der zweiten Charakterisierung des Supremums in Satz 2.60) ein uTF([a,b])uTF([a,b]) mit ufuf und baudx>I_(f)ε2baudx>I(f)ε2. Genauso existiert ein oTF([a,b])oTF([a,b]) mit ofof und [latex]\int _a^b o\thinspace {\rm {d}} x 4.7

\begin{aligned}[]\int _a^b (o-u)\thinspace {\rm {d}} x &= \int _a^b o\thinspace {\rm {d}} x - \int _a^b u\thinspace {\rm {d}} x \\  &\begin{aligned}[]\int _a^b (o-u)\thinspace {\rm {d}} x &= \int _a^b o\thinspace {\rm {d}} x - \int _a^b u\thinspace {\rm {d}} x \\  &

wie in (iii) behauptet.

Angenommen fF([a,b])fF([a,b]) ist beschränkt und erfüllt die Aussage in (iii). Wir wollen (ii) zeigen und nehmen also an, dass I1,I2RI1,I2R die Ungleichungen

baudxI1bao dxbaudxI2bao dxbaudxI1bao dxbaudxI2bao dx

für alle u,oTF([a,b])u,oTF([a,b]) mit ufoufo erfüllen. Für ein beliebiges ε>0ε>0 können wir wegen (iii) u,oTF([a,b])u,oTF([a,b]) finden, so dass die obigen Ungleichungen kombiniert zu

\begin{aligned}[]I_1-I_2 \leq \int _a^b o\thinspace {\rm {d}} x -\int _a^b u\thinspace {\rm {d}} x\begin{aligned}[]I_1-I_2 \leq \int _a^b o\thinspace {\rm {d}} x -\int _a^b u\thinspace {\rm {d}} x

und

\begin{aligned}[]I_2-I_1 \leq \int _a^b o\thinspace {\rm {d}} x -\int _a^b u\thinspace {\rm {d}} x\begin{aligned}[]I_2-I_1 \leq \int _a^b o\thinspace {\rm {d}} x -\int _a^b u\thinspace {\rm {d}} x

führen. Daher ist |I2I1|0|I2I1|0 und es muss I1=I2I1=I2 gelten. Dies zeigt, dass es höchstens eine Zahl IRIR gibt, die die Ungleichung in (ii) erfüllt.

Angenommen (ii) gilt. Wir behaupten, dass die Ungleichungen dann von genau einer Zahl erfüllt werden und dass ff Riemann-integrierbar ist. In der Tat gilt nach Gleichung (4.2), dass

baudxsupU(f)=I_(f)¯I(f)=infO(f)baodxbaudxsupU(f)=I(f)¯¯¯I(f)=infO(f)baodx

für alle u,oTF([a,b])u,oTF([a,b]) mit ufoufo. Das heisst, dass sowohl ¯I(f)¯¯¯I(f) wie auch I_(f)I(f) die Ungleichungen in (ii) erfüllen. Nach Voraussetzung (von (ii)) folgt ¯I(f)=I_(f)¯¯¯I(f)=I(f) und damit, dass ff Riemann-integrierbar ist.

Wir haben gesehen, dass die Implikationen (i)(iii), (iii)(ii) und (ii)(i) gelten, also folgt die Proposition. ∎

Applet 4.13: Unter- und Obersummen

Wir sehen den Graph einer Funktion, können die betrachtete Zerlegung verfeinern (mit dem Punkt ++) und dann (mit den Pfeilen) sowohl bessere Untersummen also auch besser Obersummen zu der Funktion finden. Können Sie die optimalen Unter- und Obersummen zu einer Zerlegung in 5 Intervalle finden? Nach einigen Experimenten sollten Sie davon überzeugt sein, dass die betrachtete Funktion Riemann-integrierbar ist — dies wird aus den späteren Sätzen dieses Kapitels recht schnell folgen.

Gut zu wissen ist, dass das Riemann-Integral eine Verallgemeinerung des Integrals von Treppenfunktionen darstellt und in diesem Sinne auch einfach vom Riemann-Integral einer Treppenfunktion gesprochen werden kann.

Übung 4.14: Zur Wohldefiniertheit

Sei tTF([a,b])tTF([a,b]) eine Treppenfunktion. Zeigen Sie, dass tt Riemann-integrierbar ist und dass das Riemann-Integral von tt gleich dem Integral von tt als Treppenfunktion ist.

Übung 4.15: Integral der Parabelfunktion

Wiederholen Sie den Beweis von Proposition 1.1 und zeigen Sie (in der Sprache dieses Abschnitts), dass f:x[0,1]x2Rf:x[0,1]x2R Riemann-integrierbar ist mit 10x2dx=1310x2dx=13. Verifizieren Sie an dieser Stelle auch, dass

U(f)=(,13), O(f)=(13,).U(f)=(,13), O(f)=(13,).

Die Charakterisierung (iii) in Proposition 4.12 ist unter anderem dann nützlich, wenn man von spezifischen Funktionen die Riemann-Integrierbarkeit zeigen will. Ihre Bedingungen lassen sich sogar noch abschwächen, was wir in folgender Übung diskutieren wollen.

Wichtige Übung 4.16: Betrachten spezieller Ober- und Untersummen

Sei fF([a,b])fF([a,b]) eine beschränkte Funktion und sei TUTU eine Menge von Treppenfunktionen mit ufuf für alle uTUuTU und TOTO eine Menge von Treppenfunktionen mit fofo für alle oTOoTO. Angenommen für jedes ε>0ε>0 existieren uTUuTU und oTOoTO mit

\begin{aligned}[]\int _a^b (o-u)\thinspace {\rm {d}} x\begin{aligned}[]\int _a^b (o-u)\thinspace {\rm {d}} x

Zeigen Sie, dass ff Riemann-integrierbar ist und

bafdx=sup{baudxuTU}=inf{baodxoTO}.bafdx=sup{baudxuTU}=inf{baodxoTO}.

Hinweis.

Verwenden Sie den Beweis von Proposition 4.12.

Beispiel 4.17: Eine nicht-Riemann-integrierbare Funktion

Wir betrachten wieder die sogenannte Dirichlet-Funktion, das heisst, die charakteristische Funktion

f=\mathds1Q[0,1]:[0,1][0,1], x{1xQ0xQ.f=\mathds1Q[0,1]:[0,1][0,1], x{1xQ0xQ.

Die Behauptung ist, dass diese nicht Riemann-integrierbar ist. Dazu berechnen wir das untere und das obere Integral von ff. Sei oTF([0,1])oTF([0,1]) mit fofo. Sei

[latex]
\begin{aligned}[]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {0 = x_0 [/latex]

eine Zerlegung in Konstanzintervalle von oo. Sei k{1,,n}k{1,,n} und ckRckR mit o(x)=cko(x)=ck für alle x(xk1,xk)x(xk1,xk). Da QQ dicht in RR ist (siehe Korollar 2.71), existiert ein x(xk1,xk)x(xk1,xk) mit xQxQ. Wegen fofo gilt 1=f(x)o(x)=ck1=f(x)o(x)=ck. Somit gilt

10o(x)dx=nk=1ck(xkxk1)nk=1(xkxk1)=xnx0=110o(x)dx=nk=1ck(xkxk1)nk=1(xkxk1)=xnx0=1

unter Verwendung von Teleskopsummen. Damit ist das obere Integral von ff durch 11 gegeben, da die Treppenfunktion mit konstantem Wert 11 Integral 11 hat und oo beliebig war. Ähnlich (siehe Übung 4.18) zeigt man, dass das untere Integral von ff durch 00 gegeben ist. Somit ist ff nicht Riemann-integrierbar.

Es ist etwas schwierig den Graphen der Dirichlet-Funktion zu zeichnen (vor allem da für die meisten Computerprogramme alle Zahlen rational sind). Wir wollen dies aber trotzdem versuchen, wobei die verschiedenen Kreuze die Funktionswerte der ersten rationalen Zahlen andeuten.

Übung 4.18

Zeigen Sie, dass die Funktion ff aus Beispiel 4.17 unteres Integral 00 hat.

Hinweis.

Gehen Sie genauso wie im Beispiel vor und zeigen Sie dazu, dass RQRQ dicht in RR liegt. Für letzteres kann man beispielsweise Dichtheit von 2Q{0}2Q{0} zeigen.

4.3 – Erste Integrationsgesetze

Wie schon zuvor betrachten wir hier Funktionen und den Begriff des Riemann-Integrals auf einem kompakten Intervall [a,b]R[a,b]R für [latex]a4.7 und Lemma 4.8) analog sind.

4.3.1 – Linearität

Satz 4.19: Linearität des Riemann-Integrals

Die Menge

R([a,b])={fF([a,b])f ist Riemann-integrierbar}R([a,b])={fF([a,b])f ist Riemann-integrierbar}

der Riemann-integrierbaren Funktionen auf [a,b][a,b] bildet einen Unterraum von F([a,b])F([a,b]) und das Integral ist eine lineare Funktion auf R([a,b])R([a,b]). Das heisst, für f1,f2,fR([a,b])f1,f2,fR([a,b]) und sRsR ist f1+f2,sfR([a,b])f1+f2,sfR([a,b]) und

ba(f1+f2)(x)dx=baf1(x)dx+baf2(x)dx,ba(sf)(x)dx=sbaf(x)dx.ba(f1+f2)(x)dx=baf1(x)dx+baf2(x)dx,ba(sf)(x)dx=sbaf(x)dx.

Im Beweis werden wir folgendes allgemeines Prinzip mehrmals anwenden. Falls ABAB nicht-leere Teilmengen von RR sind und BB von oben beschränkt ist, dann ist sup(B)sup(B) eine obere Schranke von AA und daher sup(A)sup(B)sup(A)sup(B) (nach Definition des Supremums). Analog gilt inf(A)inf(B)inf(A)inf(B), falls BB von unten beschränkt ist.

Beweis

Sei fR([a,b])fR([a,b]) und s0s0. Für Treppenfunktionen u,oTF([a,b])u,oTF([a,b]) mit ufoufo gilt somit susfsosusfso. Mit sbau(x)dx=basu(x)dxsbau(x)dx=basu(x)dx und sbao(x)dx=baso(x)dxsbao(x)dx=baso(x)dx nach Lemma 4.7 folgt sU(f)U(sf)sU(f)U(sf) und sO(f)O(sf)sO(f)O(sf). In der Tat ist

sU(f)={sbau(x)dxuTF([a,b]), uf}={basu(x)dxuTF([a,b], susf}sU(f)={sbau(x)dxuTF([a,b]), uf}={basu(x)dxuTF([a,b], susf}

eine Teilmenge von U(sf)U(sf) und analog für sO(f)O(sf)sO(f)O(sf). Aus der Bemerkung vor dem Beweis folgt also

sup(sU(f))sup(U(sf))=I_(sf)¯I(sf)=inf(O(sf))inf(sO(f)).sup(sU(f))sup(U(sf))=I(sf)¯¯¯I(sf)=inf(O(sf))inf(sO(f)).

Nach Proposition 2.63 ist jedoch

sI_(f)=ssup(U(f))=sup(sU(f))I_(sf)¯I(sf)inf(sO(f))=sinf(O(f))=s¯I(f).sI(f)=ssup(U(f))=sup(sU(f))I(sf)¯¯¯I(sf)inf(sO(f))=sinf(O(f))=s¯¯¯I(f).

Da aber ff Riemann-integrierbar ist und somit I_(f)=¯I(f)=baf(x)dxI(f)=¯¯¯I(f)=baf(x)dx erfüllt ist, gilt in obiger Abschätzung (wegen Gleichheit der kleinsten und der grössten Zahl) überall Gleichheit und wir schliessen

I_(sf)=¯I(sf)=sbaf(x)dx.I(sf)=¯¯¯I(sf)=sbaf(x)dx.

Damit ist sfsf Riemann-integrierbar mit Integral sbaf(x)dxsbaf(x)dx. Ist s4.20).WirzeigennunAdditivitätdesIntegrals.Seienalso[latex]f1,f2R([a,b])s4.20).WirzeigennunAdditivitätdesIntegrals.Seienalso[latex]f1,f2R([a,b]) zwei Riemann-integrierbare Funktionen auf [a,b][a,b] und u1,u2,o1,o2TF([a,b])u1,u2,o1,o2TF([a,b]) Treppenfunktionen mit

u1f1o1,u2f2o2.u1f1o1,u2f2o2.

Dann ist auch u1+u2f1+f2o1+o2u1+u2f1+f2o1+o2, was gemäss Lemma 4.7
U(f1)+U(f2)U(f1+f2),O(f1)+O(f2)O(f1+f2)U(f1)+U(f2)U(f1+f2),O(f1)+O(f2)O(f1+f2)
zur Folge hat. Des Weiteren gilt nach Proposition 2.64, dass

sup(U(f1)+U(f2))=sup(U(f1))+sup(U(f2))=I_(f1)+I_(f2)=baf1(x)dx+baf2(x)dxsup(U(f1)+U(f2))=sup(U(f1))+sup(U(f2))=I(f1)+I(f2)=baf1(x)dx+baf2(x)dx

nach Riemann-Integrierbarkeit von f1f1 und f2f2 und ebenso

inf(O(f1)+O(f2))=inf(O(f1))+inf(O(f2))=¯I(f1)+¯I(f2)=baf1(x)dx+baf2(x)dx.inf(O(f1)+O(f2))=inf(O(f1))+inf(O(f2))=¯¯¯I(f1)+¯¯¯I(f2)=baf1(x)dx+baf2(x)dx.

Gemeinsam mit der Bemerkung vor dem Beweis ergibt sich nun wiederum

baf1(x)dx+baf2(x)dx=sup(U(f1)+U(f2))sup(U(f1+f2))=I_(f1+f2)¯I(f1+f2)=inf(O(f1+f2))inf(O(f1))+inf(O(f2))=baf1(x)dx+baf2(x)dxbaf1(x)dx+baf2(x)dx=sup(U(f1)+U(f2))sup(U(f1+f2))=I(f1+f2)¯¯¯I(f1+f2)=inf(O(f1+f2))inf(O(f1))+inf(O(f2))=baf1(x)dx+baf2(x)dx

Dies zeigt

I_(f1+f2)=¯I(f1+f2)=baf1(x)dx+baf2(x)dxI(f1+f2)=¯¯¯I(f1+f2)=baf1(x)dx+baf2(x)dx

und insbesondere Riemann-Integrierbarkeit von f1+f2. Wir haben also die Linearität des Riemann-Integrals bewiesen. ∎

Übung 4.20: Negative Vielfache

Formulieren Sie den Fall [latex]s

Übung 4.21

Zeigen Sie, dass Gleichheit in (4.3) (siehe obigen Beweis) nicht erfüllt sein muss.

Hinweis.

Verwenden Sie die Polynome f1(x)=x2 und f2(x)=x2 und Übung 4.15.

Übung 4.22: Ändern bei einem Punkt

Sei fR([a,b]) Riemann-integrierbar. Sei fF([a,b]) eine Funktion, die erhalten wurde, indem der Wert von f an nur einem Punkt in [a,b] abgeändert wurde. Zeigen Sie, dass f Riemann-integrierbar ist und das gleiche Riemann-Integral wie f hat.

Hinweis.

Verwenden Sie Satz 4.19 und für x0[a,b] und cR die Treppenfunktion tTF([a,b]) gegeben durch

t(x)={cfalls x=x00falls xx0

für x[a,b].

4.3.2 – Monotonie

Für fF([a,b]) definieren wir Funktionen f+,f,|f|F([a,b]) durch

f+(x)=max{0,f(x)}, f(x)=max{0,f(x)}, |f|(x)=max{f(x),f(x)}=|f(x)|

für x[a,b]. Die Funktion f+ ist der Positivteil von f, f ist der Negativteil von f und |f| ist der Absolutbetrag von f.

Übung 4.23: Eigenschaften vom Positiv- und Negativteil

Sei fF([a,b]). Zeigen Sie die Gleichungen

f=f+f,|f|=f++f,f+=|f|+f2,f=|f|f2.

Satz 4.24: Monotonie des Riemann-Integrals

Für zwei Funktionen f1,f2R([a,b]) gelten folgende Monotonie-Eigenschaften des Riemann-Integrals:

  1. Falls f10 ist, so gilt baf(x)dx0.
  2. Falls f1f2 ist, so gilt baf1(x)dxbaf2(x)dx.
  3. Die Funktion |f1| ist Riemann-integrierbar auf [a,b] und es gilt die Dreiecksungleichung
    |baf1(x)dx|ba|f1(x)|dx.

Wir möchten kurz erklären, wieso sich die Ungleichung in Punkt (iii) des obigen Satzes Dreiecksungleichung nennt. Tatsächlich sieht man kein Dreieck, im Gegensatz zur Dreiecksungleichung

|z1+z2||z1|+|z2|

für z1,z2C, die geometrisch direkt begründet werden kann (wie?). Es gilt auch die verallgemeinerte Dreiecksungleichung

|ni=1zi|ni=1|zi|

für z1,,znC, wie man direkt aus der Dreiecksungleichung und vollständiger Induktion folgern kann (siehe Übung 3.4). Die Aussage (iii) in Satz 4.24 ist eine «kontinuierliche Version» der verallgemeinerten Dreiecksungleichung, weswegen wir von der Dreiecksungleichung für das Riemann-Integral sprechen.

image

Abbildung 4.3 – Wir sehen hier den Graphen einer Funktion f links und der entsprechenden Funkton |f| rechts. Dabei stellt baf(x)dx einen Nettoflächeninhalt und ba|f(x)|dx einen Flächeninhalt dar.

Beweis

Für f10 wie in (i) ist die konstante Funktion u=0 eine Treppenfunktion mit uf1 und

0=bau(x)dxsup(U(f1))=I_(f1)=baf(x)dx

folgt.

Falls f1f2 wie in (ii) gilt, so ist f2f10 und

baf2(x)dxbaf1(x)dx=baf2(x)f1(x)dx0

nach Linearität des Riemann-Integrals (Satz 4.19) und Teil (i). Dies zeigt (ii).

Für (iii) wollen wir zuerst zeigen, dass für ein fR([a,b]) auch f+ Riemann-integrierbar ist. Dazu bemerken wir zuerst, dass für s,tR die Ungleichung st impliziert, dass

s+=max{0,s}t+=max{0,t} und t+s+ts.

Dies ergibt sich aus der Unterscheidung der Fälle st0, [latex]s \leq 0

Falls st0 dann ist s+=t+=0 und t+s+=0ts. Falls [latex]s\leq 0

). Da f Riemann-integrierbar ist, gibt es nach Proposition 4.12 (iii) zu jedem ε>0 zwei Treppenfunktion u,oTF([a,b]) mit ufo und [latex]\int _a^b (o-u)(x)\thinspace {\rm {d}} x

u+f+o+,o+u+ou

und daher nach (ii) auch

\begin{aligned}[]\int _a^b (o^+-u^+)(x)\thinspace {\rm {d}} x \leq \int _a^b (o-u)(x)\thinspace {\rm {d}} x

Allerdings sind u+,o+ wieder Treppenfunktionen. Nach der dritten Charakterisierung in Proposition 4.12 ergibt sich somit, dass f+ Riemann-integrierbar ist, da ε>0 beliebig war.

Mittels Satz 4.19 erhalten wir, dass |f|=2f+f auch Riemann-integrierbar ist. Aus f|f| und f|f| folgt aus (ii) nun

baf(x)dxba|f(x)|dx,baf(x)dxba|f(x)|dx,

was zur Dreiecksungleichung äquivalent ist. ∎

Übung 4.25: Modifizierte Dirichlet- oder Riemann-Funktion

Zeigen Sie, dass die Funktion

g:[0,1][0,1], x{0falls x irrational1qfalls x=pq mit p,q teilerfremd

Riemann-integrierbar ist. Als Hilfestellung stellen wir den Graphen dar, aber überlassen Ihnen die Interpretation des Graphen und die sich daraus ergebenden Überlegungen.

4.3.3 – Teilintervalle

Es seien [latex]a

f(x)={f1(x)falls x[a,b]f2(x)falls x(b,c]

für x[a,c] zu definieren. In diesem Sinne entspricht die Funktion fF([a,c]) zwei Funktionen f1F([a,b]), f2F([b,c]) mit f1(b)=f2(b).

Satz 4.26: Additionseigenschaft bezüglich Intervallen

Unter Verwendung obiger Notation gilt, dass fF([a,c]) genau dann Riemann-integrierbar ist, wenn f1 und f2 Riemann-integrierbar sind. In diesem Fall ist

caf(x)dx=baf1(x)dx+cbf2(x)dx.
Beweis

Wir verifizieren zuerst die behauptete Formel für Treppenfunktionen. Dazu betrachten wir eine Treppenfunktion t auf [a,c] und eine Zerlegung in Konstanzintervalle von t

[latex]
\begin{aligned}[]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a = x_0 [/latex]

Dabei dürfen wir wegen Lemma 4.5 ohne Beschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass xm=b für ein m{1,,n1}. Für k{1,,n} sei ck der Konstanzwert von t auf (xk1,xk). Dann gilt
cat(x)dx=nk=1ckΔxk=mk=1ckΔxk+nk=m+1ckΔxk=bat|[a,b](x)dx+cbt|[b,c](x)dx

Sei fF([a,c]) eine Funktion und definiere f1=f|[a,b], f2=f|[b,c]. Gegeben uTF([a,c]) mit uf kann man ebenso u1=u|[a,b], u2=u|[b,c] definieren. Es gilt u1f1 und u2f2. Wegen Gleichung (4.4) erhalten wir, dass
cau(x)dx=bau1(x)dx+cbu2(x)dx,
was wiederum U(f)U(f1)+U(f2) zur Folge hat. Umgekehrt kann man, gegeben Treppenfunktionen u1,u2 mit u1f1, u2f2 eine Treppenfunktion u auf [a,c] definieren, die ebenso uf und Gleichung (4.5) erfüllt. (Wie?

Wegen Lemma 4.5 spielt der Funktionswert einer Treppenfunktion bei einem einzelnen Wert keine Rolle. Deswegen können wir beispielsweise die Funktion u definiert durch u(x)=u1(x) für x[a,b) und u(x)=u2(x) für x[b,c] verwenden.

). Dadurch ist

U(f)=U(f1)+U(f2)

und wegen der Additionseigenschaft des Supremums in Proposition 2.64 gilt
I_(f)=I_(f1)+I_(f2).
Analog zeigt man, dass
¯I(f)=¯I(f1)+¯I(f2).
Ist nun f Riemann-integrierbar, dann ist

I_(f1)+I_(f2)=I_(f)=¯I(f)=¯I(f1)+¯I(f2)¯I(f1)+I_(f2)I_(f1)+I_(f2).

Überall in dieser Kette von Ungleichungen gilt also Gleichheit. Somit ist ¯I(f1)=I_(f1) und dadurch auch ¯I(f2)=I_(f2). Das heisst, dass f1 und f2 Riemann-integrierbar sind und Gleichung (4.6) wird zur gewünschten Additionseigenschaft für das Riemann-Integral.

Falls f1,f2 Riemann-integrierbar sind, dann gilt ¯I(f1)=I_(f1) und ¯I(f2)=I_(f2). Dies impliziert gemeinsam mit den Gleichungen (4.6), (4.7) auch I_(f)=¯I(f) und die Additionseigenschaft. ∎

Sei [a,b] ein kompaktes Intervall mit [latex]a abfdx=bafdxundaafdx=0.
Diese Definition vereinfacht die Notation und macht auf Grund der Aussage in folgender Übung Sinn.

Wichtige Übung 4.27: Intervalladditivität

Sei I=[a0,b0] für a04.26füralle[latex]a,b,cI.

Lösung

Wir unterscheiden Fälle abhängig von der Anordnung der Punkte a,b,c im Intervall I und zeigen jeweils, dass
cafdx=bafdx+cbfdx.
gilt wie gewünscht.

  1. Angenommen [latex]a 4.26.
  2. Angenommen a=b. Dann ist baf(x)dx=0 per Definition und es gilt
    cafdx=cbfdx=bafdx+cbfdx.
  3. Falls b=c gilt, so geht man wie in vorherigem Fall vor.
  4. Angenommen es gilt [latex]b 4.26
    cbfdx=abfdx+cafdx.

    Somit gilt nach den Definitionen vor dieser Übung

    cafdx=cbfdxabfdx=cbfdx+bafdx.
  5. Die Fälle [latex]a

Übung 4.28: Stetigkeit des partikulären Integrals

Sei [latex]a

x[a,b]xaf(t)dt

eine stetige reellwertige Funktion auf [a,b] definiert. Ist diese Funktion auch gleichmässig oder Lipschitz-stetig (siehe Übung 3.81 für letzteren Begriff)?

4.4 – Anwendungen

4.4.1 – Intervallfunktionen

Wir möchten nun spezielle Abbildungen auf der Menge der Teilintervalle eines Intervalles betrachten, wobei wir Ordnungsvertauschungen im Stile von (4.8) zulassen wollen. Genauer untersuchen wir folgenden Begriff.

Definition 4.29

Seien ab in R und sei I:(α,β)[a,b]2I(α,β)R eine Funktion. Wir nennen I eine additive Intervallfunktion auf [a,b], falls

  1. Für alle α[a,b] gilt I(α,α)=0.
  2. Für alle α,β[a,b] gilt I(α,β)=I(β,α).
  3. Für alle α,β,γ[a,b] mit I(α,β)+I(β,γ)=I(α,γ).

Wir wollen hier kurz erklären, woher die Bezeichnung «additive Intervallfunktion» stammt. Ist I eine additive Intervallfunktion auf einem kompakten Intervall [a,b], so kann man eine reellwertige Funktion J auf der Menge der nicht-leeren Teilintervalle von [a,b] durch J([α,β])=I(α,β) für [α,β][a,b] definieren. Diese hat die Eigenschaften
J([α,α])=0,J([α,β][β,γ])=J([α,β])+J([β,γ])
für alle αβγ in [a,b] (wieso?). Vor allem letztere Eigenschaft begründet die Bezeichnung «additive Intervallfunktion» .

Hat man umgekehrt eine reellwertige Funktion J auf der Menge der nicht-leeren Teilintervalle von [a,b] gegeben, die (4.10) genügt, so definiert I(α,β)=J([α,β]) für αβ und I(α,β)=J([β,α]) für α>β eine additive Intervallfunktion I auf [a,b] (wieso?).

Somit haben wir also zwei Arten, wie wir uns additive Intervallfunktionen vorstellen können. Eine grosse Kollektion von Beispielen erhält man mit Satz 4.26 und Übung 4.27, nach welchen die Abbildung
I:(α,β)[a,b]2βαf(x)dx
für jede Riemann-integrierbare Funktion f:[a,b]R eine additive Intervallfunktion ist. Die folgende Proposition charakterisiert derartige additive Intervallfunktionen.

Proposition 4.30

Seien a[latex](βα)infx[α,β]f(x)I(α,β)(βα)supx[α,β]f(x)
für alle [latex]\alpha

I(α,β)=βαf(x)dx

für alle α,β[a,b].

Wir möchten anmerken, dass jedoch nicht alle additiven Intervallfunktionen von der Form in (4.11) sein müssen.

Beweis

Seien [latex]\alpha 4.12) gilt

I(α,β)=I(α,α+ε)+I(α+ε,βε)+I(βε,β)εinfx[α,α+ε]f(x)+(βα2ε)infx[α+ε,βε]f(x)+εinfx[βε,β]f(x)2εinfx[α,β]f(x)+(βα2ε)infx(α,β)f(x).

Da ε(0,ba2) beliebig war, ergibt sich daraus die erste Ungleichung in

(βα)infx(α,β)f(x)I(α,β)(βα)supx(α,β)f(x).

(Wieso?) Die zweite Ungleichung ergibt sich analog zu obigem aus der zweiten Ungleichung in (4.12).

Sei nun uf eine Treppenfunktion auf [a,b] mit Zerlegung [latex]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a = x_0

βαu(x)dx=nk=1ck(xkxk1)nk=1(xkxk1)infx(xk1,xk)f(x)nk=1I(xk1,xk)=I(α,β)

Ebenso ergibt sich I(α,β)βαo(x)dx für jede Treppenfunktion o mit fo. Daher gelten für das untere Integral I_ und das obere Integral ¯I von f über [α,β] die Ungleichungen

I_I(α,β)¯I.

Da f aber Riemann-integrierbar ist, gilt I_=¯I und somit I(α,β)=βαf(x)dx. ∎

Man kann Proposition 4.30 als Wegweiser verwenden, um verschiedene Interpretationen des Riemann-Integrals zu finden. Formal gesehen sind diese Anwendungen jeweils Definitionen.

4.4.2 – Flächeninhalt

Die einfachste Anwendung von Proposition 4.30 ist die Interpretation von baf(x)dx als Flächeninhalt des Gebietes

{(x,y)R2axb, 0yf(x)}

unter dem Graphen einer Riemann-integrierbaren Funktion f:[a,b]R0. Die Argumentation, die zu dieser Definition führt, haben wir bereits in Abschnitt 1.1 besprochen. Formal gesehen erachten wir baf(x)dx als Definition des Flächeninhalts des obigen Gebietes.

4.4.3 – Masse, Momente und Schwerpunkt

Es gibt natürlich auch viele physikalische Beispiele für die Bedeutung des Riemann-Integrals. Sei zum Beispiel [latex]a4.30, dass wir m=baρ(x)dx als das Gesamtmasse (in kg) interpretieren sollten. (Wieso?)

Wir erinnern daran, dass bei einem Hebel das Moment (in Nm) einer Krafteinwirkung durch das Produkt der Krafteinwirkung (in Newton N) und des Weges (in m) definiert ist. Wir stellen uns vor, dass [latex]a=0

inf{ρ(x)x[α,β]}(βα)m(α,β)sup{ρ(x)x[α,β]}(βα)

erfüllt, woraus sich für das entsprechende Moment M(α,β) die Ungleichung

gαinf{ρ(x)x[α,β]}(βα)M(α,β)gβsup{ρ(x)x[α,β]}(βα)

ergibt. Diese Eigenschaft von M unterscheidet sich zwar formal von (4.12) doch lässt sich mit Hilfe der Stetigkeit von x[a,b]x der Beweis von Proposition 4.30 anpassen. Ebenso ist es physikalisch sinnvoll die Additivität dieser Momentfunktion anzunehmen, dadurch erhalten wir die Definition

M(a,b)=baρ(x)gxdx

für das Gesamtmoment des Stabes.

Der Schwerpunkt des Stabes ist definiert als die x-Koordinate x0, so dass eine Punktmasse bei x0 mit derselben Masse wie der Stab auch dasselbe Moment besitzt. Also ist

x0=M(a,b)mg=1mbaρ(x)xdx.

der Schwerpunkt des Stabes.

Die Annahme a=0 ist für diese Diskussion (abgesehen von der Vorstellung dass der Stab am Ursprung gehalten wird) nicht notwendig, falls [latex]a

4.4.4 – Geleistete Arbeit

Wenn [latex]a Energie oder vom Stromnetz eingespeiste Arbeit (in Joule J=Ws) zwischen den Zeitpunkten t=a und t=b (in Sekunden s). Diese Interpretation ergibt sich wiederum aus Proposition 4.30 und der Definition, dass Arbeit gleich Leistung mal Zeitdauer ist. Hier ist es ebenso physikalisch sinnvoll, Funktionen mit positiven und negativen Werten zuzulassen, wenn zum Beispiel das Hausdach mit einer Solaranlage ausgestattet ist, die bei Schönwetter etwaige Energieüberschüsse des Hauses ins Stromnetz zurückspeist. Das Vorzeichen des Integrals entscheidet in diesem Fall, ob insgesamt innerhalb der Zeitspanne [a,b] das Haus ein Energieverbraucher oder Energielieferant war.

4.4.5 – Vorteil des Integralbegriffs

Wir haben das Integral abstrakt mittels der Definition 4.6 des Integrals einer Treppenfunktion und der Definition 4.11 des Integrals einer Riemann-integrierbaren Funktion eingeführt. Bei Besprechung dieser Definitionen haben wir uns zwar von einer geometrischen Interpretation des Integrals als (vorzeichenbehafteter) Flächeninhalt leiten lassen, doch war diese Vorstellung formal nicht notwendig für unsere Diskussionen. Wir hoffen, dass der Vorteil dieses abstrakten Zugang nun ersichtlich ist: Das Integral hat je nach Zusammenhang verschiedene (zum Beispiel physikalische) Bedeutungen. Wenn unsere Definition des Integrals «der Flächeninhalt unter der Kurve» gewesen wäre, dann wäre es nicht klar, was genau der Zusammenahng zwischen einem Flächeninhalt und einer Momentberechnung sein sollte.[1] In diesem Sinne ist unser abstrakter Zugang nicht Selbstzweck, sondern geradezu notwendig auf Grund der vielfältigen Anwendungen des Integralbegriffs.

4.5 – Integrierbarkeit monotoner Funktionen

Wir betrachten wie zuvor ein kompaktes Intervall [a,b]R für reelle Zahlen a,b mit [latex]a

Satz 4.31: Integrierbarkeit monotoner Funktionen

Jede monotone Funktion in F([a,b]) ist Riemann-integrierbar.

Beweis

Ohne Beschränkung der Allgemeinheit können wir eine monoton wachsende Funktion fF([a,b]) betrachten (ansonsten ersetzt man f mit f und wendet Satz 4.19 an). Wir möchten die dritte Charakterisierung in Proposition 4.12 anwenden. Das heisst, wir wollen für ein gegebenes ε>0 zwei Treppenfunktionen u,oTF([a,b]) finden, so dass ufo und [latex]\int _a^b (o-u)(x)\thinspace {\rm {d}} x

image

Wir konstruieren u und o mittels einer natürlichen Zahl nN (die wir später wählen werden) und der Zerlegung

[latex]
\begin{aligned}[]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a = x_0 [/latex]

von [a,b] gegeben durch xk=a+bank für k{0,,n}. Seien u,o gegeben durch

u(x)={f(xk1)falls x[xk1,xk) für ein k{1,,n}f(b)falls x=b

respektive

o(x)={f(a)falls x=af(xk)falls x(xk1,xk] für ein k{1,,n}

für alle x[a,b]. Da f monoton wachsend ist, gilt ufo. In der Tat ist für x[a,b] entweder x=b, womit u(x)=f(x), oder es gibt ein k{1,,n} mit x[xk1,xk). In letzterem Fall erhalten wir u(x)=f(xk1)f(x) und somit gilt uf. Ein analoges Argument liefert fo. Des Weiteren gilt

ba(ou)(x)dx=nk=1(f(xk)f(xk1))(xkxk1)=nk=1(f(xk)f(xk1))ban=bannk=1(f(xk)f(xk1))=ban(f(b)f(a))

nach Vereinfachen der Teleskopsumme. Nach dem Archimedischen Prinzip können wir nun ein n wählen, so dass ba(ou)(x)dx4.12(iii)folgtsomit,dass[latex]f Riemann-integrierbar ist. ∎

Übung 4.32: Kreisfunktion

Zeigen Sie, dass die Funktion x[0,1]1x2R Riemann-integrierbar ist.

Mit Hilfe der Additionseigenschaft in Satz 4.26 lässt sich die Aussage von Satz 4.31 auf Funktionen erweitern, die nur stückweise monoton sind.

Definition 4.33: Stückweise Monotonie

Sei I=[a,b] ein abgeschlossenes, beschränktes Intervall mit [latex]astückweise monoton, falls es eine Zerlegung

[latex]
\begin{aligned}[]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a = x_0 [/latex]

von [a,b] gibt, so dass f|(xk1,xk) monoton ist für alle k{1,,n}.

Jede monotone Funktion ist stückweise monoton (man braucht dazu nur die Zerlegung [latex]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a

Korollar 4.34: Riemann-Integrierbarkeit von stückweise monotonen Funktionen

Sei I=[a,b] ein kompaktes Intervall mit [latex]a

Übung 4.35: Riemann-Integrierbarkeit von stückweise monotonen Funktionen

Beweisen Sie Korollar 4.34 unter Verwendung der Sätze 4.31 und 4.26 und der Übung 4.22.

Insbesondere sind also alle Monome auf einem abgeschlossenen, beschränkten, nicht-leeren Intervall I Riemann-integrierbar. Mit der Linearität des Riemann-Integrals folgt nun mittels vollständiger Induktion, dass alle Polynome auf I Riemann-integrierbar sind.

Übung 4.36: Gauss-Abbildung

Zeigen Sie, dass die sogenannte Gauss-Abbildung

g:x[0,1]{{1x}falls x>00falls x=0

Riemann-integrierbar ist, wobei {} den gebrochenen Anteil bezeichnet (siehe Abschnitt 2.6.1).

image

Hinweis.

Beschreiben Sie g auf den Intervallen (12,1), (13,12), (14,13), und zeigen Sie, dass g auf diesen Riemann-integrierbar ist.

4.6 – Integration von Polynomen

Wir betrachten wiederum ein Intervall [a,b] mit Endpunkten [latex]a

Satz 4.37: Riemann-Integrierbarkeit von Polynomen

Die Einschränkung einer reellen Polynomfunktion auf [a,b] ist Riemann-integrierbar. Für alle Monome xd mit dN0 gilt

baxddx=1d+1(bd+1ad+1).
Beweis

Dass Polynomfunktionen eingeschränkt auf [a,b] Riemann-integrierbar sind, folgt, wie schon diskutiert, aus der Linearität des Riemann-Integrals (Satz 4.19) und der Riemann-Integrierbarkeit von stückweise monotonen Funktionen (Korollar 4.34). Die zweite Aussage behandeln wir hier nur im Spezialfall [latex]0= a 4.26 (siehe Übung 4.38).

Da x[0,b]xdR monoton wachsend ist, können wir dieselbe Methode wie im Beweis von Satz 4.24 (und daher auch wie in Proposition 1.1) verwenden. Sei also nN und u,o Treppenfunktionen auf [0,b] mit Zerlegung in Konstanzintervalle

[latex]
\begin{aligned}[]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {0= x_0 [/latex]

wobei xk=knb für k{1,,n}, und Konstanzwert xdk1 respektive xdk auf (xk1,xk) für k{1,,n} (siehe Beweis von Satz 4.24). Es ergibt sich

n1k=0(knb)dbnb0xddxnk=1(knb)dbn

oder äquivalent
bd+1nd+1n1k=1kdb0xddxbd+1nd+1nk=1kd
Nach Proposition 3.31 gilt

nk=1kd=nd+1d+1+cdnd+cd1nd1++c0

für gewisse Koeffizienten cd,,c0Q. Damit möchten wir die linke und die rechte Summe in (4.13) nach unten respektive nach oben abschätzen. Wir erhalten für die Summe auf der rechten Seite

nk=1kdnd+1d+1+|cd|nd+|cd1|nd1++|c0|nd+1d+1+(|cd|+|cd1|++|c0|)nd.

Für die Summe auf der linken Seite von (4.13) erhalten wir analog

n1k=1kd=nk=1kdnd=nd+1d+1+(cd1)nd+cd1nd1++c0nd+1d+1|cd1|nd|cd1|nd1|c0|nd+1d+1(|cd1|+|cd1|++|c0|)nd

Wir definieren

c=(|cd1|+|cd1|++|c0|),c+=(|cd|+|cd1|++|c0|)

und setzen die oben erhaltenen Ungleichungen mit (4.13) zusammen. Wir erhalten
bd+1d+1cbd+1nb0xddxbd+1d+1+c+bd+1n.
Aus dem Archimedischen Prinzip (Satz 2.69) folgt nun, dass b0xddx=bd+1d+1. ∎

Übung 4.38: Allgemeine Grenzen

Beweisen Sie Satz 4.26 für [latex]a

Applet 4.39: Integral eines Polynoms

Wir betrachten nochmals das partikuläre Integral, wobei wir diesmal mit einer Polynomfunktion beginnen und dadurch Satz 4.37 anwenden können.

Beispiel 4.40

Als Anwendung von Satz 4.37 berechnen wir

21(x4+5x2x+1)dx=21x4dx+521x2dx21xdx+1=[x55]21+5[x33]21[x22]21+1=2515+523132212+1=52130,

wobei wir für eine Funktion f, deren Definitionsbereich [a,b] enthalten sollte, die Notation [f(x)]ba=f(b)f(a) verwendet haben.

Übung 4.41: Integration der Wurzelfunktion

Sei [a,b] ein beschränktes, abgeschlossenes Intervall mit 0a0 die Zerlegung von [0,1] aus dem Beweis von Satz 4.24 und die dort definierten Treppenfunktionen u,o für das Polynom xm.

  1. Finden Sie von u respektive o ausgehend eine Treppenfunktion o respektive eine Treppenfunktion u mit u(x)x1mo(x) für x[0,1] und
    10u(x)dx+10o(x)dx=1, 10o(x)dx+10u(x)dx=1.
  2. Zeigen Sie, dass
    10xmdx+10x1mdx=1

    und berechnen Sie damit das Integral 10x1mdx.

Hinweis.

Betrachten Sie den Graphen von xm auf [0,1] und spiegeln Sie ihn an der Diagonalen. Die so erhaltene Funktion ist gerade die Funktion x[0,1]x1mR, deren Fläche unter dem Graphen vor Spiegelung also durch folgendes Bild gegeben ist.

image

Versuchen Sie insbesondere bei (i) zuerst informell vorzugehen und sich an obigem Bild zu veranschaulichen, was die Zuweisungen u nach o und o nach u sein sollten.

4.7 – Integrierbarkeit stetiger Funktionen

Aus Abschnitt 4.6 wissen wir bereits, dass Polynomfunktionen integrierbar sind. In diesem Abschnitt möchten wir nun unter Verwendung der Beschränktheit und der gleichmässigen Stetigkeit stetiger Funktionen auf kompakten Intervallen (Satz 3.70 respektive Satz 3.78) folgendes allgemeines Resultat beweisen.

Satz 4.42: Stetige Funktionen und das Riemann-Integral

Eine stetige Funktion auf einem kompakten Intervall [a,b] mit [latex]a

Beweis

Sei fC([a,b]) und ε>0. Nach Satz 3.78 ist f gleichmässig stetig und es gibt ein δ>0, so dass für alle x,y[a,b] gilt

\begin{aligned}[]|x-y|

Sei nun [latex]\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a=x_0

\begin{aligned}[]\max _{k=1,\ldots ,n} |x_k - x_{k-1}|

Wir definieren für jedes k{1,,n} die Zahlen

mk=inff([xk1,xk])Mk=supf([xk1,xk]),

wobei wir Satz 3.70 für die Existenz dieser Infima und Suprema benötigt haben. Wir behaupten nun, dass für alle k{1,,n}

Mkmkε

gilt. In der Tat ist [latex]|x-y|

f(x)inf{f(y)+εy[xk1,xk]}=mk+ε

Dies beweist aber, dass mk+ε eine obere Schranke für f([xk1,xk]) darstellt, womit wir auf Mkmk+ε schliessen.

Wir definieren nun Treppenfunktionen u,o durch

u(x)={mkfalls x[xk1,xk) für k{1,,n}mnfalls x=bo(x)={Mkfalls x[xk1,xk) für k{1,,n}Mnfalls x=b

für x[a,b]. Nach Definition von mk,Mk für k{1,,n} gilt daher ufo. Des Weiteren ist

ba(ou)dx=nk=1(Mkmk)(xkxk1)εnk=1(xkxk1)=ε(ba).

Da ε>0 beliebig war (und ba fix ist), zeigt dies mittels Proposition 4.12, dass f Riemann-integrierbar ist. ∎

Applet 4.43: Integrierbarkeit einer «zittrigen» Funktion

Wir sehen, dass eine stetige aber zittrige Funktion wie im dargestellten Graphen auch Riemann-integrierbar ist.

(*)

Was wir auch mitunter sehen können, ist, dass geogebra mit der verwendeten Funktion manchmal Problem hat und manche der dargestellten Untersummen oder Obersummen eigentlich nicht richtig dargestellt und berechnet werden. Unabhängig davon haben wir aber in unserem Beweis schon die Riemann-Integrierbarkeit gesehen, sind also für die gewünschte Aussage nicht auf geogebra angewiesen.

4.8 – Weitere Lernmaterialien

4.8.1 – Verwendung des Kapitels

Im Folgenden werden wir meist nicht direkt auf die Definition des Riemann-Integrals mit Hilfe von Treppenfunktionen zurückgreifen, sondern stattdessen die hier besprochenen Eigenschaften verwenden, um weitere Integrationsgesetze und Integrationsformeln für noch zu findende, weitere Funktionen zu beweisen. Trotzdem ist es wichtig sich an die Definition des Riemann-Integrals und die Vorraussetzungen an Funktion und Integrationsbereich zu erinnern, damit der Unterschied zu etwaigen späteren Verallgemeinerungen klar wird. Das Verständnis der Definition des Riemann-Integrals ist auch wichtig, da wir dieses im zweiten Semester zu einem mehrdimensionalen Integral verallgemeinern wollen und dabei analog vorgehen werden (siehe auch Abschnitt 4.9). Die Berechnung von Riemann-Integralen wird uns später mit Hilfe des Fundamentalsatzes der Differential- und Integralrechnung erheblich einfacher fallen.

Bei einigen Beweisen dieses Kapitels waren Sie vielleicht versucht, den Grenzübergang für n oder ε0 zu verwenden. Unsere bisherigen Argumente haben diesen Begriff nicht verwendet, aber wir führen Grenzwerte im nächsten Kapitel ein und Sie dürfen daher demnächst die Beweise von Satz 4.31, Satz 4.37 oder Satz 4.42 umformulieren und zum Beispiel in (4.14) den Grenzwert für n nehmen.

4.8.2 – Weitere Übungsaufgaben

Übung: Maximum und Minimum

Charakterisieren Sie die Riemann-integrierbaren Funktionen, für welche sowohl bei den Untersummen als auch bei den Obersummen ein Maximum beziehungsweise ein Minimum in der Definition des Riemann-Integrals angenommen wird.

Hinweis.

Zeigen Sie, dass in diesem Fall die Funktion selbst eine Treppenfunktion ist.

Übung: Nicht umkehrbar

Finden Sie eine Funktion f auf einem kompakten Intervall [a,b] für [latex]a

Hinweis.

Manipulieren Sie die Funktion f aus Beispiel 4.17.

Übung: Verhalten unter Verknüpfung

Wir möchten in dieser Übung zeigen, dass Verknüpfungen von Riemann-integrierbaren Funktionen im Allgemeinen nicht Riemann-integrierbar sind. Dazu betrachten wir die Riemann-integrierbare Funktion g:[0,1][0,1] aus Übung 4.25. Finden Sie eine Riemann-integrierbare Funktion f:[0,1]R, so dass fg die nicht-Riemann-integrierbar ist.

Hinweis.

Wählen Sie f so, dass fg die Funktion aus Beispiel 4.17 ist.

Übung: Definitheit

Sei fC([a,b]) eine stetige Funktion auf einem kompakten Intervall [a,b] zu [latex]a

  1. Es gilt f(x)=0 für alle x[a,b].
  2. Es gilt baf(x)dx=0.

Übung: Sandwich mit Riemann-integrierbaren Funktionen

Sei fF([a,b]) eine Funktion auf einem kompakten Intervall [a,b] mit [latex]a

  1. Die Funktion f ist Riemann-integrierbar.
  2. Für jedes ε>0 existieren Riemann-integrierbare Funktionen fε,,fε,+:[a,b]R mit fε,ffε,+ sowie [latex]\int _a^b f_{\varepsilon ,+} - f_{\varepsilon ,-} \thinspace {\rm {d}} x

Wie wir später sehen werden, kann man zu ε>0 wie oben sogar stetige Funktionen fε,,fε,+ mit den gewünschten Eigenschaften wählen.

Übung: Funktionen beschränkter Variation

Sei I=[a,b] ein kompaktes Intervall mit [latex]abeschränkte Variation, falls

[latex]
\begin{aligned}[]\sup \left \lbrace {\sum _{i=1}^n |f(x_i) - f(x_{i-1})|} \mid {\mathfrak {Z} = \left \lbrace {a=x_0 [/latex]

In dieser Übung möchten wir zeigen, dass sich jede Funktion fF([a,b]) mit beschränkter Variation als Differenz von zwei monotonen Funktionen schreiben lässt und daher auch Riemann-integrierbar ist. Sei also fF([a,b]) mit beschränkter Variation und sei

[latex]
\begin{aligned}[]V(f)(x) = \sup \left \lbrace {\sum _{i=1}^n |f(x_i) - f(x_{i-1})|} \mid {\mathfrak {Z}_x = \left \lbrace {a=x_0 [/latex]

für x[a,b]. Zeigen Sie, dass für x,x mit [latex]a \leq x

|f(x)f(x)|+V(f)(x)V(f)(x),

indem Sie von einer beliebigen Zerlegung von [a,x] ausgehen und diese geeignet zu einer Zerlegung von [a,x] erweitern. Schliessen Sie damit, dass die Funktionen V(f) und V(f)f monoton wachsend sind.

4.8.3 – Multiple-Choice Fragen

4.8.4 – Lernkarten

Sie können wiederum die Lernkarten oder den Graphen für Ihre Wiederholung der Themen des Kapitels verwenden.

4.9 – Einschub: Mehrdimensionale Integrale*

*Dieser Abschnittes existiert als Hilfestellung für die Physik I-Vorlesung, wo diese Begriffe bereits auftauchten. Der Abschnitt kann natürlich beim Lernen übersprungen werden, da alles sowieso nochmals kommt. Doch könnte eine ungenaue aber knappe Darstellung auch beim Lernen helfen, weswegen dieser Abschnitt kein * bekommt.

Wir wollen hier unseren vollständigen Aufbau der Analysis kurz unterbrechen und anwendungsbezogen mehrdimensionale Integrale besprechen. Insbesondere werden wir die vorgestellten Methoden informell begründen, aber nicht vollständig erklären oder beweisen können — wir werden dies erst im zweiten Semester nachholen. Der Grund für den Einschub ist einfach zu erklären: Sie werden ein intuitives Verständnis für diese Themen und die wichtigsten Rechenmethoden in den Vorlesungen Physik I und Physik II benötigen.

4.9.1 – Definition mittels Treppenfunktionen

Wir beginnen unsere Diskussionen damit, die Definition eines mehrdimensionalen Integrals anzudeuten. Für diese Definition sollten wir Funktionen f auf einem d-dimensionalen Quader [a1,b1]××[ad,bd] betrachten, wobei d1 die Dimension des Quaders angibt und die Zahlen [latex]a_1

Eine Treppenfunktion tTF(Q) ist in diesem Zusammenhang eine Funktion, so dass man Q in Teilrechtecke zerlegen kann und t auf den einzelnen Teilrechtecken jeweils konstant ist. Genauer sollte die Zerlegung rasterförmig von der Form

Q=j,k(xj1,xj)×(yk1,yk)N

sein, wobei

[latex]
\begin{aligned}[]\mathfrak {Z}_1 &= \left \lbrace {a_1 = x_{0} [/latex]

zwei beliebige Zerlegung der Kanten [a1,b1] und [a2,b2] des Rechtecks Q sind und die Vereinigung über alle Paare (j,k) läuft mit j{1,,m} und k{1,,n}. Die Menge N besteht hier aus den Rändern der einzelnen Rechtecke und wird im folgenden einfach ignoriert (da dies eine sogenannte Nullmenge darstellt). Falls nun die Treppenfunktion t für jedes Tupel (j,k) auf dem entsprechenden Teilrechteck den Konstanzwert cj,k annimmt, dann definieren wir das Integral der Treppenfunktion durch
Qtdvol=j,kcj,k(xjxj1)(ykyk1).

Wir nehmen an, dass f:QR beschränkt ist. Dies impliziert wiederum, dass es Treppenfunktionen u,oTF(Q) gibt, die ufo erfüllen. Wir bezeichnen udvol beziehungsweise odvol als Untersumme und Obersumme zu f. Das untere Integral I_(f) ist nun als Supremum der Untersummen und das obere Integral ¯I(f) als Infimum der Obersummen definiert. Wenn diese beiden Zahlen übereinstimmen, dann definieren diese das Riemann-Integral

Qfdvol=I_(f)=¯I(f).

Wir wollen dies auch im folgenden Applet erklären, wobei wir das zwei-dimensionale Integral als Volumen des Körpers in Figur 4.4 interpretieren.

Applet 4.44: Zelt

Wir sehen, dass wir das Volumen des Zeltes von unten und von oben abschätzen können, wodurch wir immer genauere Annäherungen für das Volumen erhalten können. Das zwei-dimensionale Integral [1,1]2(2x2y2)dvol gibt das Volumen fehlerfrei an.

Auch dreidimensionale Integrale können konkrete physikalische Bedeutungen besitzen. Falls zum Beispiel Q=[a1,b1]×[a2,b2]×[a3,b3] ein drei-dimensionaler Quader mit Abmessungen b1a1,b2a2,b3a3>0 (in m) ist und ρ(x,y,z) die vom Punkt (x,y,z)Q abhängige Dichte des Quaders (in kg/m3) angibt, so gibt das drei-dimensionale Integral

Qρ(x,y,z)dvol

die Gesamtmasse des Quaders an. Dies ergibt sich durch Verallgemeinerung der Diskussion in Abschnitt 4.4.3.

4.9.2 – Iterierte Integrale

In der Definition des Begriffes «Integral einer Treppenfunktion» t:QR haben wir über alle Paare (j,k) mit j{1,,m} und k{1,,n} summiert (siehe Definition 4.15). Wollen wir dies genauer mittels der Summennotation aus Abschnitt 3.1 formulieren, so haben wir die zwei äquivalenten Möglichkeiten

Qtdvol=j,kcj,k(xjxj1)(ykyk1)=mj=1[nk=1cj,k(ykyk1)](xjxj1)=nk=1[mj=1cj,k(xjxj1)](ykyk1).

Da das mehrdimensionale Integral gewissermassen ein kontinuierliches Analog zu derartigen Doppelsummen darstellt, könnte man erwarten, dass das mehrdimensionale Integral einer Riemann-integrierbaren Funktion f:QR analog

Qfdvol=b1a1[b2a2f(x,y)dy]dx=b2a2[b1a1f(x,y)dx]dy

erfüllt, wobei die inneren Integrale (oben das Integral bezüglich y) die äussere Integrationsvariable (oben die Variable x) als Konstante interpretieren und diese Integrale wiederum eine Funktion bezüglich der äusseren Integrationsvariable (oben x) definieren. Dies trifft in der Tat für stetige Funktionen f zu — geeignet interpretiert auch allgemeiner — und wird als der Satz von Fubini bezeichnet. Informell können wir dies in zwei Dimensionen auch durch die Gleichung dvol=dxdy ausdrücken.

Applet 4.45: Volumen des Zeltes

Wir können den Satz von Fubini und das Vorgehen der Berechnung des Volumens auch geometrisch veranschaulichen. Dabei bestimmt die x-Koordinate einen ebenen Querschnitt durch das Zelt, und die y-Koordinate animiert die Berechnung des Flächeninhaltes des Querschnittes. Versuchen Sie mit den Schiebern die Addition der iterierten Summen nachzustellen.

Der Satz von Fubini ist extrem nützlich, da wir mit diesem Satz die Berechnung von mehrdimensionalen Integrale auf die Berechnung eindimensionaler Integrale zurückführen können (und wir für letztere im Laufe dieses Semester viele Methoden zur Berechnung lernen werden).

Beispiel 4.46: Volumen des Zeltes

Wir definieren das Zelt

Z={(x,y,z)R3(x,y)[1,1]2 und 0z2x2y2}.
image

Abbildung 4.4 – Das Zelt Z ist der Bereich unterhalb des Graphen der Funktion (x,y)2x2y2.

Das Volumen des Zeltes ist auf Grund von f(x,y)=2x2y20 für alle (x,y)[1,1]2 und obiger Diskussionen durch

vol(Z)=[1,1]2(2x2y2)dvol=11[11(2x2y2)dy]dx=11(1032x2)dx=20343=163

gegeben, wobei wir für das innere Integral über y[1,1] die Variable x als Konstante betrachtet haben und die Rechnung

11(2x2y2)dy=2(2x2)11y2dy=42x2(131313(1)3)=1032x2

verwendet haben.

4.9.3 – Schwerpunkt eines Körpers

Wir wollen als weitere Anwendung von mehrdimensionalen Integralen den Schwerpunkt von Körpern KR3 berechnen, wobei ρ:KR0 die vom Punkt abhängige Dichte des Körpers beschreibt. In Analogie zu Abschnitt 4.4.3 sind dann die Gesamtmasse m des Körpers und die Koordinaten (x0,y0,z0) des Schwerpunktes durch die Formeln

m=Kρ(x,y,z)dvolx0=1mKxρ(x,y,z)dvoly0=1mKyρ(x,y,z)dvolz0=1mKzρ(x,y,z)dvol

gegeben. Wir haben in diesen Definition auch eine Verallgemeinerung des mehrdimensionalen Integrals versteckt, da wir nicht immer annehmen wollen, dass K=Q ein Quader ist. Im Sinne der Anwendung liegt es aber nahe anzunehmen, dass K beschränkt ist. Dadurch existiert ein Quader wie in obiger Diskussion Q, der K enthält. Nun setzen wir die Dichtefunktion ρ von K auf ganz Q fort, indem wir ρ|QK=0 setzen. Dies macht Sinn, denn wir wollen ja Masse und Schwerpunkt des betrachteten Körpers berechnen und werden dabei davon ausgehen, dass ausserhalb des Körpers Vakuum herrscht. In diesem Sinne ist ein Integral über eine Funktion f auf K durch

Kfdvol=Q\mathds1Kfdvol

definiert, wobei

(\mathds1Kf)(x,y,z)={f(x,y,z) für (x,y,z)K0 für (x,y,z)QK

Beispiel 4.47: Schwerpunkt des gleichmässig gefüllten Zeltes

Wir wollen nun diese Formeln ausprobieren und den Schwerpunkt des gleichmässig gefüllten Zeltes (mit Dichte 1kg/m3) berechnen. Auf Grund der Symmetrie des Zeltes sind die x– und y-Koordinaten des gleichmässig gefüllten Zeltes gleich x0=y0=0. Für die z-Koordinate des Zeltes verwenden wir den Quader Q=[1,1]2×[0,2] und obige Formel, woraus sich

z0=1mZzdvol=3161111[20\mathds1Zzdz]dydx=3161111[2x2y20zdz]dydx=3161111[12(2x2y2)2]dydx

ergibt. Wir haben hier die Reihenfolge der Variablen anders gewählt, da in einer anderen Reihenfolge die Betrachtung der Funktion \mathds1Z erheblich komplizierter wäre. In der Tat hat in dieser Reihenfolge die Funktion \mathds1Z einfach die Auswirkung, dass das innerste Integral über die Variable z mit den ursprünglichen Integrationsgrenzen z=0 und z=2 (wie in der Definition unseres Quaders Q) stattdessen die Integrationsgrenzen z=0 und z=2x2y2 (was unserer Definition des Zeltes entspricht) verwendet. Um nun z0 tatsächlich zu berechnen, nützen wir nochmals die Symmetrie des Zeltes aus, um die Rechnung ein wenig zu vereinfachen. Dadurch ergibt sich

z0=3410[1012(4+x4+y44x24y2+2x2y2)dy]dx=3810[4+x4+154x243+23x2]dx=38(4+15+154343+29)=1115

Übung 4.48

Wir betrachten nun den Körper

K={(x,y,z)R3(x,y)[0,1]2 und 0zx(1x)y(1y)}

und die Dichtefunktion ρ(x,y,z)=xyz für (x,y,z)K.

  1. Berechnen Sie das Volumen von K.
  2. Berechnen Sie die Masse des Körpers.
  3. Berechnen Sie die Koordinaten des Schwerpunktes. (Auf Grund einer Symmetrie genügt es hierfür zwei dreidimensionale Integrale zu berechnen.)

Zahlenwerte der Lösung

Das Volumen ist 136, die Masse ist 17200 und der Schwerpunkt hat die Koordinaten x0=y0=47 und z0=2798.

Wir erwähnten bereits, dass man den Satz von Fubini für zwei-dimensionale Integrale auf zwei verschiedene Arten anwenden kann. Dies hilft manchmal um die Berechnung des Integrals zu beschleunigen, wie in der nächsten Übungsaufgabe.

Übung 4.49

Berechnen Sie den Flächeninhalt und den Schwerpunkt (bei gleichmässiger Massenverteilung mit Gesamtmasse 1) der Fläche zwischen den Kurven, die durch die Gleichungen xy2=0 und xy=2 beschrieben wird. Hierzu müssen Sie zuerst eine Skizze des Gebietes erstellen. Versuchen Sie anschliessend die Wahl der Integrationsreihenfolge zu optimieren, so dass Sie möglichst wenige Integrale berechnen müssen (konkret 3 anstatt 6).

Zahlenwerte der Lösung

Der Flächeninhalt ist 92 und der Schwerpunkt hat die Koordinaten x0=85 und y0=12.

4.9.4 – Polarkoordinaten

Gelegentlich ist es in gewissen Problemen nützlich, ein Integral in anderen Koordinaten als den Kartesischen Koordinaten x,y,z zu berechnen. Beispielsweise kann eine gegebene Funktion oder ein Integrationsbereich über gewisse Symmetrien verfügen, welche man sich zu Nutzen machen möchte. Wir illustrieren dies hier an den Polarkoordinaten in der Ebene und im nächsten Unterabschnitt an den Kugelkoordinaten im dreidimensionalen Raum.

Jeder Punkt (x,y)R2 lässt sich schreiben als

x=rcos(φ), y=rsin(φ)

für den Radius r=x2+y2 und einen Winkel φ[0,2π).[2] Die Koordinaten (r,φ) des Punktes (x,y) werden dabei die Polarkoordinaten genannt. Wir bemerken natürlich, dass die Funktionen cos:RR und sin:RR noch nicht formal definiert wurden; wir werden diesen Mangel später beheben. Für den Moment begnügen wir uns mit folgendem Bild:

image

Gegeben eine Riemann-integrierbare Funktion f:BR(0)R möchten wir nun das Integral BR(0)f als Integral bezüglich den neuen Koordinaten (r,φ) ausdrücken. Dabei können wir aber nicht einfach dvol wie in der Diskussion vom Satz von Fubini als dφdr interpretieren, denn dies würde die vorliegende geometrische Bedeutung der Polarkoordinaten komplett ignorieren. Stattdessen gilt
BR(0)fdvol=R02π0f(rcosφ,rsinφ)rdφdr,
Der zusätzliche Faktor r beschreibt das Volumen kleiner Quader in den Koordinaten (r,φ), wie wir im folgenden Bild erklären möchten.

image

Abbildung 4.5 – Wir betrachten ein «Rechteck» in Polarkoordinaten (kurz «Polarrechteck» ), das aus jenen Punkten besteht, die Distanz zwischen r1 und r2>r1 von Null haben und Winkel zwischen φ1 und φ2>φ1 zur x-Achse haben. Sind r=r2r1 und φ=φ2φ1 klein, so ist dieser Ausschnitt eines Kreisringes fast rechteckig mit «Seitenlängen» r und etwa rφ. Wir werden diese Idee im 2. Semester zu einem Beweis von (4.16) ausbauen.

Beispiel 4.50: Kreisrundes Zelt

Wir betrachten das adaptierte Zelt

Zrund={(x,y,z)R3(x,y)B1(0) und 0z2x2y2}

mit kreisförmiger Basis und berechnen das Volumen. Es gilt

vol(Zrund)=B1(0)(2x2y2)dxdy=2π010(2r2)rdrdφ

unter Verwendung der Formel (4.16). Nun berechnet man

2π010(2r2)rdrdφ=2π102rr3dr=2π[r214r4]10=3π2.

Beispiel 4.51: Trägheitsmoment der Kreisscheibe

Wir betrachten zu einem Radius R>0 die Kreisscheibe BR(0)R2, welche wir nun um die Null rotieren lassen möchten. Sei ωR die dazugehörige Winkelgeschwindigkeit (mit Einheit s1). Betrachtet man nun einen Punkt pBR(0) und ein sehr kleines «Polarrechteck» U um diesen Punkt wie in Figur 4.5, so rotieren Punkte in U etwa mit Geschwindigkeit pω. Die kinetische Energie für die Bewegung von U ist also in etwa gegeben durch 12p2ω2m, wobei m die Masse von U bezeichnet. Summiert man dies über alle Polarrechtecke, so erhält man eine intuitive Begründung für die folgende Formel für die kinetische Energie der Rotation (kurz Rotationsenergie)

Erot=12ω2BR(0)(x2+y2)ρ(x,y)dxdy.

Dabei ist ρ die Massenverteilung auf BR(0). Die Grösse J=BR(0)(x2+y2)ρ(x,y)dxdy (mit Einheit kgm2) verhält sich also wie die Masse für die geradlinige Bewegung und ist in diesem Sinne intrinsisch. Sie wird das Trägheitsmoment von BR(0) um Null genannt. Wir wollen dieses nun berechnen, wobei wir annehmen wollen, dass ρ konstant ist und BR(0) Masse m hat. Wir haben also ρ=mπR2, und damit ist das Trägheitsmoment durch

J=BR(0)(x2+y2)ρdxdy=ρ2π0R0r3drdφ=ρ2πR44=12mR2

gegeben.

Im Vergleich dazu wäre das Trägheitsmoment für einen Kreisring mit Masse m am Kreis mit Radius R gleich mR2: Denn bei vernachlässigbarer Dicke des Kreisrings hat jeder Teil der Masse Geschwindigkeit ωR, womit die kinetische Energie der Rotation durch

Erot=12m(ωR)2=12ω2mR2J

gegeben ist.

Applet 4.52: Trägheitsmomente

Wir sehen verschiedene Körper, welche an einer Rampe frei runter rollen. Dabei kommt es je nach Trägheitsmoment des Körpers zu unterschiedlichen Geschwindigkeiten, da die potentiellen Energie in Rotationsenergie und kinetische Energie umgewandelt wird und Erot=12ω2J ist. Zum Vergleich wird auch noch ein nicht rotierender Würfel dargestellt, der ohne Reibung die Rampe runter rutscht. Wir werden die Trägheitsmomente der anderen dargestellten Körper unten berechnen.

Was passiert, wenn wir am Ende der Rampe alle Objekte (mit Hilfe einer Stange durch die Rotationsachsen) stoppen ohne die Rotation zu stören und dann nochmals gleichzeitig weiterrollen lassen? Es ist klar, dass der Würfel dann einfach liegen bleibt, da wir beim Stoppen seine kinetische Energie auf Null gesetzt haben und er keine Rotationsenergie hat. Was passiert mit den anderen Körpern?

4.9.5 – Kugelkoordinaten

Ähnlich zum zweidimensionalen Fall gibt es im dreidimensionalen Raum sphärische Koordinaten. Jeder Punkt (x,y,z)R3 lässt sich schreiben als

x=rsin(θ)cos(φ),y=rsin(θ)sin(φ),z=rcos(θ)

für den Radius r=x2+y2+z2 und Winkel φ[0,2π), θ[0,π) wie im folgenden Bild.

image

Abbildung 4.6 – Der Winkel φ definiert (abgesehen von der Einheit) den Längengrad des Punktes (x,y,z) und θ entspricht dem Breitengrad. Formal konstruiert sich der Winkel φ als den Winkel, den man mit Polarkoordinaten erhält, wenn man den Punkt (x,y,z) auf die xy-Ebene projiziert. Weiter ist θ der Winkel zwischen (x,y,z) und der positiven z-Achse.

Für eine Riemann-integrierbare Funktion

f:BR(0)={(x,y,z)R3x2+y2+z2R2}R

gilt dann
BR(0)fdvol=R0π02π0f(rsinθcosϕ,rsinθsinφ,rcosθ)r2sinθdφdθdr.
Wie im vorherigen Abschnitt beschreibt der Faktor r2sinθ das Verhältnis des Volumens eines sehr kleinen Quaders bezüglich den neuen Kugelkoordinaten (r,θ,φ) im Vergleich zu dem Produkt der Differenzen der einzelnen (Kugel-)Koordinaten.

image

Abbildung 4.7 – Wie schon beim Bild 4.5 möchten wir hier erklären, wie der Faktor r2sinθ in der Integrationsformel 4.17 zustande kommt. Betrachtet man den durch Radien r1<r2 und Winkel θ1<θ2, φ1<φ2 gegebenen «Kugelquader» , so ist dessen Volumen in etwa das Produkt seiner Seitenlängen, falls r=r2r1, θ=θ2θ1, φ=φ2φ1 klein sind. Die Seitenlänge in radialer Richtung ist r (unabhängig von beiden Winkeln) und die Seitenlänge in Richtung von θ ist etwa rθ (unabhängig von φ). Die Seitenlänge in Richtung φ ist gegeben durch rsin(θ)φ, da für festes r und θ und sich verändernden φ eine Bewegung auf einem Kreis mit Radius rsinθ beschrieben wird. Daraus ergibt sich, das das gesuchte Volumen des Kugelquaders in etwa durch r2sinθφθr gegeben ist, was die Formel (4.17) geometrisch erklärt.

Beispiel 4.53: Volumen des Balles mit Radius R

Wir berechnen das Volumen des Balles BR(0)={(x,y,z)R3x2+y2+z2R2}. Es gilt

vol(BR(0))=BR(0)1dvol=R0π02π0r2sinθdφdθdr=2π(π0sin(θ)dθ)(R0r2dr)=2π[cos(θ)]π0[13r3]R0=43πR3,

wobei wir die Integrationsregel basin(θ)dθ=[cos(θ)]ba verwendet haben.

Beispiel 4.54: Trägheitsmoment des Balles

Wir wollen das Trägheitsmoment des Balles mit Radius R berechnen, wobei wir annehmen wollen, dass die Masse m gleichmässig mit Dichte ρ=3m4πR3 im Ball verteilt ist. Wir gehen hier ähnlich wie in Beispiel 4.51 vor und wollen annehmen, dass der Ball BR(0) mit Mittelpunkt 0 gegeben ist und wir diesen um die z-Achse rotieren lassen wollen. Daraus ergibt sich

J=BR(0)(x2+y2)ρdvol=ρR0π02π0(rsinθ)2r2sinθdφdθdr=ρ2π(π0(1cos2θ)sin(θ)dθ)(R0r4dr)=3m4πR32π[cosθ+13cos3θ]π0[15r5]R0=2mR25.

Beispiel 4.55: Trägheitsmoment einer Kugelschale

Wir wollen nun annehmen, dass die Masse m mit gleichmässiger Dichte ρ (in kg/m2) an der Oberfläche des Balles mit Radius R verteilt ist, und wiederum das Trägheitsmoment berechnen. Da die Oberfläche zwei-dimensional ist, liegt es nahe zu erwarten, dass wir auch ein zwei-dimensionales Integral berechnen müssen. Wir werden auch dies im zweiten Semester genauer definieren und dessen Eigenschaften vollständig erklären, doch begnügen wir uns hier mit folgenden beiden Rechnungen.

Die Oberfläche der Kugel ist gegeben durch

A=π02π0R2sinθdφdθ=2πR2π0sin(θ)dθ=4πR2,

wobei wir uns die Kugeloberfläche als Vereinigung von kleinen «Sphärenrechtecken» (ähnlich wie in Figur 4.7) vorgestellt haben und dabei das Ihnen wahrscheinlich bekannte Ergebnis erhalten haben.

Durch diesen Erfolg bestätigt berechnen wir die Dichte ρ=m4πR2 und das Trägheitsmoment

J=π02π0(x2+y2)R2sinθρdφdθ=ρR2π02π0(Rsinθ)2sinθdφdθ=m4πR22πR4π0sin3θdθ=mR2243=2mR23.

4.9.6 – Zusammenfassung

Wir hoffen, dass Sie in dieser Diskussion folgende Punkte erkennen konnten:

  • Der Satz von Fubini erlaubt uns mehrdimensionale Integrale mit Hilfe von eindimensionalen Integralen zu berechnen. Dies liefert zusätzliche Motivation weitere Methoden zur Berechnung von eindimensionalen Integralen zu finden, da wir diese Methoden auch für die Berechnung von mehrdimensionalen Riemann-Integralen benötigen werden.
  • Die geometrische Anschauung ist sehr hilfreich — fast schon notwendig — um die betrachteten Integralausdrücke zu finden. Vor allem bei Polar- und Kugelkoordinaten ist es wichtig den zusätzlichen «geometrischen Faktor» in die Integrale einzubauen.
  • Das Wort «etwa» ist in diesem Abschnitt unüblich oft aufgetreten, da eine genauere Begründung oder sogar ein Beweis der Aussagen für uns erst im nächsten Semester möglich ist. In der Tat hatten wir bei der Besprechung sehr viel Vertrauen in die Welt, da wir des Öfteren kleine Fehler erlaubten, aber dann über alle Teilquader summierten, ohne uns Gedanken zu machen, ob denn die kleinen Fehler auch in der Summe (über sehr viele kleine Teilquader) noch klein bleiben.
  • Wir hoffen, dass Sie dies auch als Motivation sehen, unsere Theorie weiterhin schrittweise und ausführlich aufzubauen. Damit wir eben nicht wie oben «Integral-Alchemie» betreiben sondern auch die mehrdimensionale Integralrechnung und die dafür nötigen Theorien vollständig verstehen. Zum Beispiel werden wir dann auch die geometrischen Faktoren der Polar- und Kugelkoordinaten vollständig erklären und für beliebige «glatte Koordinaten­systeme» berechnen können.

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  1. Des Weiteren wäre diese Definition zirkulär gewesen, da wir ohne Definition des Integrals keine Definition des Flächeninhalts unter der Kurve haben.
  2. Wie wir später bei der Einführung der Winkelfunktionen sehen werden, stellt die Bogenlänge am Einheitskreis die einzige natürliche Wahl für die Angabe eines Winkels dar.

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Analysis-Skript CHAB MATH PHYS: 18/19 Copyright © by Manfred Einsiedler and Andreas Wieser. All Rights Reserved.

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