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12 Projekt Flipped Classroom

12.1 – Einleitung

Die didaktische Idee des Flipped Classroom wird seit einigen Jahren intensiv diskutiert, jedoch fehlten bis anhin breiter abgestützte Erfahrungen – insbesondere mit grossen Vorlesungen (150-700 Studierende).

Das Projektteam mit Meike Akveld, Manny Akka, Alexander Caspar, Laura Keller und Andreas Steiger hat 2018 erstmals in grossem Stil die Technik des Flipped Classroom angewandt und Fragen der konkreten Umsetzung und  des Nutzens dieser Technik diskutiert.

12.2 – Was ist Flipped Classroom?

Die Leitidee der didaktischen Technik des Flipped Classroom besteht darin, dass die eigentliche Wissensvermittlung nicht mehr in der Vorlesung stattfindet, sondern im vorangehenden Selbststudium.

Konkret bedeutet dies, dass die Studierenden sich den Stoff an Hand geeigneter Unterlagen als Vorbereitung auf die Vorlesung selbst erarbeiten und in der Vorlesung dann die entsprechende Thematik durch Besprechung von Beispielen, Lösen von Aufgaben oder Projektarbeiten vertieft wird.

12.3 – Konkrete Umsetzung am D-MATH

Die oben genannten Mitglieder des Projektteams haben im HS 2018 das Konzept des Flipped Classroom in den folgenden Vorlesungen ausprobiert:

  • Analysis I: 700 Studierende, D-MAVT, D-MATL, mit Übertragung in einen zweiten Hörsaal
  • Analysis I: 200 Studierende, D-BAUG
  • Grundlagen der Mathematik (Analysis A): 200 Studierende, D-CHAB
  • Mathematik I (für Humanmedizin): 100 Studierende, D-HEST

Im FS 2018 wurde das Thema «Komplexe Zahlen» vom Projektteam als geeignetes Thema ausgewählt, anhand dessen die Technik des Flipped Classroom getestet werden sollte.

Als Erstes wurden geeignete Unterlagen fürs Selbststudium erstellt: ein  eSkipt, welches aus klassischem Text besteht, aber auch mit interaktiven Aufgaben und Videos verschiedenste Bedürfnisse der Studierenden berücksichtigt.

Ausserdem wurden in dieser Vorbereitungsphase mehrere Sequenzen von Multiple-Choice-Fragen und Aufgaben erarbeitet, anhand derer das Gelernte in den Vorlesungen anschliessend vertieft und gefestigt werden kann.

Im zweiten Schritt stand die eigentliche Umsetzung in der Vorlesung im Mittelpunkt. Der Ablauf sah dann folgendermassen aus: Als Vorbereitung auf die Vorlesungen lesen die Studierenden das eSkript und bearbeiten dessen interaktive Sequenzen, beantworten Fragen auf der EduApp zur Vorbereitung der Vorlesung  und stellen – falls nötig – Fragen (z.B. auf einer elektronischen Pinwand oder auf einem Forum).  Anschliessend werden in den Vorlesungen einerseits Fragen der Studierenden besprochen, andererseits mit den Studierenden interaktiv an vertiefenden und weiterführenden Aufgaben und Fragen gearbeitet. Technisch kommt hier die EduApp massiv zum Einsatz (ca. 15 EduApp-Fragen pro Doppelstunde Vorlesung, auch mit der neuen Option der zweimaligen Bearbeitung der gleichen Frage mit dazwischen stattfindender Diskussion). Den Studierenden wird dabei auch immer wieder die Möglichkeit geboten, alleine oder in kleinen Gruppen zu arbeiten.  Diese Sequenzen dauern in der Regel ein paar Minuten. Längere Phasen von Gruppenarbeiten finden dabei (noch) nicht statt, da die Betreuung durch nur einen Dozenten/eine Dozentin in einer solchen Phase ungenügend ist.

Das oben genannte Modell wurde bei den involvierten Vorlesungen während rund 2 Wochen getestet, und die Dozierenden haben die interaktiven Vorlesungsstunden alleine geleitet. Es waren keine zusätzlichen Assistierenden anwesend.

12.4 – Rückmeldungen und Auswertung

Die Erfahrungen aller involvierten Dozierenden sind zusammenfassend positiv bis sehr positiv. Allgemein kann die Erfahrung so beschrieben werden, dass der(die) Dozent(in) mehr zum Coach wird, als dass klassisch doziert wird.

Als grosse Pluspunkte sind zu erwähnen

  • verbesserte Einblicke in Schwierigkeiten der Studierenden
  • höherer Interaktivitätsgrad
  • bessere Aktivierung der Studierenden
  • Auch ohne zusätzliche Assistierende kann ein(e) Dozent(in) alleine eine Flipped-Classroom-Umsetzung realisieren.
  • lebendiger Unterricht

Die grössten Herausforderungen und Schwierigkeiten sind:

  • Geeignete Unterlagen zu erstellen, ist ein sehr grosser Aufwand.
  • Infrastruktur (klassische Vorlesungsbestuhlung, CatchBox nicht immer zuverlässig) ist nicht ideal. Interaktion wird dadurch behindert.
  • grosse Unterschiede in der Mitarbeit seitens der Studierenden
  • Zeitmanagement während der Vorlesungen
  • technische Schwierigkeiten mit der EduApp (-> Latex-Unterstützung)

Von Seite der Studierenden erfolgten die folgenden Rückmeldungen:

  • eSkript wird sehr geschätzt!
  • Zeitaufwand grösser als bei klassischer Vorlesung
  • Abwechslung wird geschätzt
  • Vorlesung wird dann aber als «überflüssig» erachtet, da «nur Aufgaben besprochen werden»
  • Lernen im eigenen Tempo

Selbstverständlich ergibt diese erste Durchführung einer Flipped-Classroom-Sequanz noch kein abschliessendes Bild. Die Erfahrungen ermutigen aber zur Weiterentwicklung, wobei folgende Fragen im Vordergrund stehen:

  • Wie sieht die Beurteilung aus, wenn Stoff vermittelt werden soll, der komplett neu ist?
  • Gibt es Ermüdungserscheinungen, wenn diese Technik über längere Zeit und bei mehreren Vorlesungen gleichzeitig eingesetzt wird?
  • Was für Auswirkungen hat die Technik des Flipped Classroom auf den Umfang des vermittelten Stoffs?
  • Weiterentwicklung der Fragensequenzen für die Vorlesung
  • Miteinbeziehung der Übungsstunden

 

Zusammenfassend haben alle Involvierten diesen Test als positiv und bereichernd erlebt, schätzten die ausgezeichnete Zusammenarbeit im Team, sehen zur Zeit Flipped Classroom aber eher als eine mögliche Technik unter vielen.

 

 

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