Ob draussen in einem Stadtviertel von Rio de Janeiro, in der Turnhalle in Zürich oder in einem Flüchtlingslager in Syrien; Capoeira ist heutzutage weltweit verbreitet und überall anzutreffen.

Capoeira entstand als getarnter Kampf für die Freiheit während der Sklavenzeit in Brasilien. Sie wurde von afrikanischen Sklaven entwickelt und gespielt. Diese tarnten die Kampftechnik als Tanz, weil ihnen das Kämpfen von den Weissen untersagt wurde. Da Capoeira im Versteckten entstanden ist und das Historische mündlich überliefert wurde, bleiben der genaue Ort und die Zeit der Entstehung der Capoeira schwer nachvollziehbar. Oft existieren mehrere unterschiedliche Überlieferungen. Viele Aspekte der Entstehungsgeschichte bleiben deswegen umstritten und unklar.

Capoeira ist eine Mischung aus Tanz, Kampf, Musik, Rhythmus und Akrobatik. Im Laufe der Zeit entstanden verschiedene Gruppen. Jede Capoeira-Gruppe legt den Schwerpunkt auf ein anderes dieser fünf Elemente, wodurch verschiedene Stile entstehen. Sie gruppieren sich in die zwei Hauptstile und in einen weniger bedeutenden Hauptstil:

Alle unterscheiden sich teilweise stark untereinander, was eine generell gültige Definition schwierig macht. Allgemein ist Capoeira jedoch als brasilianischer Kampf-Tanz bekannt.

Ich selber bin eine leidenschaftliche Capoeirista. Weil ich Capoeira praktiziere, kenne ich zwei Capoeira-Gruppen der Capoeira Regional sehr gut. Eine Gruppe kenne ich in Zürich, wegen des wöchentlichen besuchten Trainings, die andere Gruppe in Thessaloniki, Griechenland, weil ich dort während meines Austauschsemesters regelmässig trainiert habe. Zwischen den zwei Gruppen stellte ich trotz der Tatsache, dass beide dem gleichen Hauptstil angehören, zwar Gemeinsamkeiten, gleichzeitig aber auch Unterschiede fest, zum Beispiel bezüglich der Interpretation der Capoeira wie auch deren Unterrichtsform, Spielweise und Gruppendynamik.

Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung habe ich für die Maturitätsarbeit das Thema „Capoeira“ und insbesondere die Fragestellung „Capoeira – mehr als nur ein Sport?“ gewählt. Mit meiner Arbeit möchte ich herausfinden, ob Capoeira einfach eine von vielen Kampfsportarten oder viel mehr als nur ein Sport ist. Dabei werde ich das Charakteristische dieser Sportart herausarbeiten und parallel den Fokus auf die Philosophie dahinter werfen. Die Arbeit ist in einen theoretischen und einen praktischen Teil gegliedert.

Im theoretischen Teil vergleiche ich die beiden Hauptstile Capoeira Angola und Capoeira Regional. Auf die Capoeira Contemporânea werde ich nicht näher eingehen, da diese nicht weit verbreitet ist. Ich frage mich, inwiefern sich die beiden Capoeira-Stile voneinander unterscheiden. Differenzieren sich die Philosophie, die Rituale, die Spielweise, die Musik und die Kleidung der Gruppen? Auf deutsche Fachliteratur werde ich nur beschränkt zurückgreifen können, da wenig vorhanden ist. Eine wichtige Informationsquelle bildet das Internet. Filme und Webseiten werden mir Einblick in die verschiedenen Themenbereiche der Capoeira geben.

Im praktischen Teil werde ich mich auf den Hauptstil Capoeira Regional konzentrieren. Durch Feldforschung, wenn möglich auch im Ausland, will ich herausfinden, wie dieser Hauptstil sich in den einzelnen Gruppen unterschiedlich entwickelt hat. Dabei werde ich vorwiegend nach den gleichen Kriterien vorgehen wie im theoretischen Teil. Spannend wird unter anderem sein, die Gründe für Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Untergruppen zu durchleuchten. Für die Informationsbeschaffung werde ich grösstenteils meine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen nutzen. Mir ist bewusst, dass dieser Teil meiner Maturitätsarbeit angesichts meiner Art und Weise der Recherche keine allgemeine Aussagekraft und Gültigkeit hat und wissenschaftlich zu wenig fundiert sein wird.

Die Arbeit ist in sieben Abschnitte gegliedert. Ohne historischen Hintergrund ist es nicht möglich, die Entstehung und Entwicklung der Capoeira zu verstehen, denn ohne ihre Geschichte würde sie nicht in ihrer jetzigen Form existieren. Das ausgeprägte Lebensgefühl der Capoeira wäre wahrscheinlich nicht oder anders vorhanden. Ein bedeutender Teil meiner Arbeit wird sich somit diesem Thema widmen. Danach folgen der theoretische und praktische Teil und ein Kapitel, in welchem ich die in der Überschrift gestellte Frage untersuche. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse präsentiere ich abschliessend meine Schlussfolgerungen.