Hintergrund
(Lern-)Videos – darunter verstehe ich im Folgenden alles von animierten Graphen über kommentierte Folien bis zu aufgezeichneten Vorlesungssequenzen. Moderne didaktische Konzepte (z. B. flipped classroom) basieren immer mehr auf solchen Hilfsmitteln.
Ich möchte also im Folgenden ein paar mögliche Umsetzungen diskutieren, dabei werde ich sowohl auf die technischen Aspekte als auch auf die Einsatzmöglichkeiten eingehen.
Alle folgenden direkt eingebetteten Beispiele habe ich mit eigener Ausrüstung oder mit Geräten der ISG erstellt.
Beispiel 1 – animierte Grafik
Das erste Beispiel mag vielleicht altmodisch anmuten, hat meiner Meinung nach aber immer noch seinen Reiz: das «mathematische Video».
«Mathematisches Video»
Darunter verstehe ich die bildliche Veranschaulich und Darstellung eines Prozesses wie z. B. Diffusion und Wellen. (Download PDF)
Dieses Beispiel zeigt in einem einzigen Dokument zwei solche animierte Grafiken (bitte wiederum mit PDF Expert öffnen).
Technische Umsetzung
In einem ersten Schritt wird die animierte Grafik in einem Mathematikprogramm (im obigen Beispiel Matlab) erzeugt, und in einem zweiten Schritt werden die so erzeugten Videos in ein PDF (oder in ein anderes Dokumentenformat) eingebunden.
Pluspunkt: Mathematische Genauigkeit und Professionalität der Grafik
Schwierigkeit: Es braucht je nach Mathematikprogramm mehr oder weniger Erfahrung, um das gewünscht Resultat zu erzielen.
Diskussion
- Ich sehe die Einsatzmöglichkeit solcher «Eye catcher» entweder als Einstieg in eine neue Thematik oder als Abrundung am Schluss.
- Ein Knackpunkt kann sein, dass die Studierenden nicht lernen, wie sie selbst eine solche animierte Grafik erstellen können. Da muss man sich fragen, ob man da etwas «verraten» will, oder ob man auf einfachere Hilfsmittel verweist. Ganz konkret biete ich in meinen Vorlesungen – wo es angebracht ist – Zusatzmaterialien (Selbstlernunterlagen) an, mit Hilfe derer die Studierenden das Arbeiten mit einem CAS erlernen.
- Solche animierten Grafiken werden wohl nicht mehr als ein-, zweimal angeschaut.
Beispiel 2 – Videos Version 1 – «kommentierte Folien»
Nun kommen wir zu den klassischen Videos. Als Erstes möchte ich hier eine Version vorstellen, bei welcher der visuelle Input (Folien) zuerst vorbereitet und dann als Grundlage für das eigentliche Video verwendet wurde.
«kommentierte Folien»
Wie der Name schon suggeriert, handelt es sich bei dieser Variante um Folien (Beamer-Folien oder eine Power Point Präsentation), welche mündlich kommentiert und erklärt werden.
Hier findet sich eine Umsetzung dieser Idee (Download Video)
mit der entsprechenden PDF-Dokumentation. (Download PDF)
Technische Umsetzung
- Erstellen des «Gerüstes» für die Folien mit Latex
- Die PDF-Folien werden dann durch handschriftliche Zusätze ergänzt (entweder über einen Tablet-Computer, ein Stift-Tablet/Display wie es in mehreren Hörsälen installiert ist, oder ein sonstiges Gerät).
- Erstellung des Videos, d.h. der Überlagerung mit der Audio-Spur.
Vielen Dank an Roger für die wertvollen Tipps!
Diskussion
- Diese Videos sind relativ kurz – respektive können kurz und knapp gehalten werden (empfohlen sind ja Videos mit maximaler Dauer von 6 Minuten).
- Das Einsatzgebiet dieser Videos sehe ich primär zur Repetition oder als Alternative zu klassischen, schriftlichen Musterlösungen.
- Solche Videos werden – insbesondere bei Behandlung von Rechenschemata – durchaus mehrfach, evtl. sogar direkt beim Lösen von Aufgaben parallel angeschaut. Die einzelnen Rechenschritte können durch Anhalten des Videos auch in kleinen einzelnen Portionen «verarbeitet» werden.
- Es ist relativ einfach, die zugrundeliegenden Folien nach der Erstellung des Videos separat z.B. als PDF zu speichern und als Dokumentation abzugeben.
Beispiel 3 – «audio-visuelle live Erarbeitung»
Nun noch eine Version, bei welcher sowohl der visuelle Output als auch der Audio-Kommentar gleichzeitig entstehen. Das Ganze ist also ein «live-Erlebnis».
«audio-visuelle live Erarbeitung»
Diese Version von Video kommt dem Vortrag an der Wandtafel am nächsten, Geschriebenes und mündliche Kommentare bilden eine simultane Einheit.
Das erste Video (Download Video)
dieser Art wurde mit einem Wacom Tablet (gleiches Modell wie in mehreren Hörsälen installiert) und einem Mac erstellt, selbstverständlich ebenfalls mit PDF-Dokumentation. (Download PDF)
Hier kann das Signal der Stiftspitze als Zeiger verwendet werden.
Das zweite solche Video (Download Video)
wurde mit einem iPad Pro und einem Mac erstellt, selbstverständlich ebenfalls mit schriftlichen Unterlagen. (Download PDF)
Hier finde ich die graphische Auflösung besser.
Weitere Videos dieser Art – oder sehr nahe verwandt – finden sich unter ethlinalgtube und unter diesem Link.
Technische Umsetzung
Die Aufnahme der Audio-Kommentare und des Geschriebenen finden gleichzeitig statt.
Knackpunkt: Es braucht ein gutes Zusammenspiel von Tablet und Computer (z.B. Mac und iPad Pro, oder Wacom Tablet und Linux oder Windows Surface alleine; Wacom mit Mac ergibt nach meiner Erfahrung optisch weniger schöne Ergebnisse – insbesondere beim Ausdrucken der PDF-Dokumentation). Ausserdem muss man aufpassen, dass man genügend nahe am eingebauten Mikrophon (Computer) ist, oder ein externes Mikrophon benutzen.
Diskussion
- Diese Art von Videos birgt das Risiko, dass sie relativ schnell längerer werden.
- Solche Videos sehe ich – anders als bei Beispiel 2 – eher als Einführung in ein neues Thema, speziell im Kontext von didaktischen Konzepten wie dem flipped classroom o. Ä., wo die Studierenden neuen Stoff eigenständig lernen sollen.
- Die Nachhaltigkeit sehe ich ähnlich wie bei den Videos der Kategorie von Beispiel 2.
- Das gleichzeitige Sprechen und Schreiben ist am Anfang vielleicht eine etwas grössere Herausforderung als das Kommentieren von Folien.
Beispiel 4 – Video mit sichtbarem Sprecher
Videos mit sichtbarem Sprecher
Beispiele solcher Videos finden sich auf der Website des Brückenkurses der ETH. Für solche Videos ist allerdings der Gang ins Studio unumgänglich (siehe Seite des ETH Videostudios).
Im ETH-Bereich, insbesondere auch am D-MATH, gibt es noch sehr viele weitere Beispiele. Ich entschuldige mich bei allen, deren Videos ich hier nicht einzeln erwähne. Es ist schlicht und einfach nicht möglich, alles aufzulisten.
Und nun: Selbst ausprobieren und im Unterricht einsetzen!
Hinweise:
- Wer noch nie ein Video erstellt hat und von den obigen Beispielen dazu animiert wurde, dieses Konzept einmal auszuprobieren, ist mit Fragen immer herzlich willkommen. Gerne gebe ich auch mein technisches Wissen weiter.
- Selbstverständlich sind Kombinationen der oben kurz vorgestellten Ideen auch möglich, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
- Weitere Illustrationsvideos können bei mir eingesehen werden – ich will den Blog nicht überladen.
- Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Erstellung von Videos, insbesondere solche wie in Beispiel 3, ist hier verfügbar.
Fragen/Schwierigkeiten
- Mit der Einstellung von Flash Player funktioniert die Einbindung von Videos in PDF via Latex nur noch rudimentär. Ob besten gelingt es mit dem Paket «media9» und dem anschliessenden Öffnen des generierten PDF mit dem Programm PDF Expert. Gibt es bessere Lösungen? Danke schon im Voraus für Hinweise! Eine Alternative ist, dass Videos ausschliesslich über axterne Links eingebunden werden.
- Ist das eigene Equipment gut genug, oder muss es ein offizielles ETH-Kit sein?
English summary: Videos provide a nice and attractive way of presenting either eye catchers or content for self study. I have prepared examples of three different such videos.
The first version just consists of mathematical animations. In this example I added a simulation of a solution to the heat equation and an animation of a solution to the diffusion equation to an ordinary slide presentation. Due to the fact that Flash Player is no longer supported, please open the above document with PDF Expert.
The second version is a combination of previously prepared slides and life audio comment. An example can be found here (video) with PDF documentation here.
The third version is a full life presentation (audio with simultaneous writing as in a life lecture or seminar). The resulting video can be downloaded on that page , again with PDF documentation which can be found here.
All versions – or combinations of them – are very nice and appealing. In particular, the possibility to stop the video and / or rewatch something is highly appreciated by the students. Of course, one has to carefully think about the use of such a video, the necessary time and equipment and for which purpose you want to create such a video. Since I can not explain everything in full technical detail the interested reader is referred to this Video-HowToDo-Tutorial (with step by step instructions, see also later chapter) and is also always welcome to contact me for further help.