Strassen im Amazonas:
Der Weg zu Abholzung und Ackerbau
Alleine im Zeitraum zwischen 1970 und 2009 hat sich die im Amazonasregenwald abgeholzte Fläche verzehnfacht – Tendenz bis heute steigend. Was sind die Haupttreiber des Waldverlustes im Amazonasregenwald? Was genau hat Strassenbau und Landwirtschaft mit Abholzung zu tun? Und wie gelangen Kleinbauern und Holzfäller immer tiefer in den Regenwald? Dieser Blogbeitrag liefert Antworten und zeigt Massnahmen auf, um dem fortschreitenden Waldverlust entgegenzuwirken.
Waldrodungen im Amazonas durch Strassenbau und Landwirtschaft sind eng miteinander verknüpft und haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Strassen steigern die Zugänglichkeit eines Gebietes frappant. Sie sind essentiell für Landnutzung, wirtschaftliche Entwicklung und sozialen Wohlstand. Strassen öffnen Tür und Tor für Kleinbauern und Holzfäller, welche entlang des Strassennetzes weiter in den Amazonasregenwald vordringen können. Insbesondere Kleinbauern siedeln sich entlang der Waldstrassen an und üben bezüglich Landeigentumsrechten Druck auf die Regierung aus. Daher sind Kleinbauern kurz- und mittelfristig stark treibende Kräfte hinter zunehmender, durch neue Strassen verursachter Waldfragmentierung. Vor diesem Hintergrund ist es nicht weiter erstaunlich, dass sich 95% der gerodeten Waldflächen im Amazonas in maximal 5.5 km Abstand zur nächsten Strasse befinden. Der Bau von neuen Strassen hängt unter anderem von der Topografie des Gebietes, der Distanz zum nächsten Markt und vom verfügbaren Kapital ab.
Brandrodung: Wie aus Wäldern neue Ackerflächen entstehen
Brandrodung (englisch: slash-and-burn) ist eine sehr alte Technik, um neues Land aus einem Waldstück zu gewinnen. Die Bäume und Sträucher werden geschnitten, liegen gelassen und anschliessend auf dem Boden verbrannt. Die neu geschaffene Parzelle wird dann für die Landwirtschaft genutzt, wobei zum grössten Teil Soja für Tierfutter angepflanzt wird. Diese Art der Landwirtschaft verlor im Laufe der Zeit ihren nachhaltigen Charakter. Das stetig steigende Bevölkerungswachstum ist Treiber dieser Veränderung, da der Druck auf das Land steigt und den Flächen nicht mehr genügend Regenerationszeit gelassen wird. Somit verschlechtert sich die Bodenqualität und das Land wird ausgebeutet. Sind nicht mehr genügend Nährstoffe vorhanden, wird das Land oft für die Viehhaltung genutzt. Alle diese Prozesse haben die Konsequenz, dass die Bauern immer wieder neue Parzellen in Ackerbauflächen umwandeln müssen. Aufgrund der steigenden weltweiten Nachfrage nach Viehfutter wird diese Expansion der Anbaufläche wohl auch in Zukunft andauern. Diese Entwicklung wird durch sich ausbreitende Strassennetze weiter begünstigt.
Landaneignung und Landnutzungsänderungen
Ein Grossteil öffentlicher Landflächen im Amazonas wird privaten Viehfarmen oder Grosskonzernen zugewiesen, da sie viel Kapital und Macht besitzen. Diese Akteure verwenden ihr Kapital um eigene Zugangsstrassen in den Wald zu bauen und um Landansprüche in Gebieten fernab grosser Hauptstrassen zu erheben. Im Gegensatz hierzu können Kleinbäuerinnen nur wenige Kilometer von öffentlichen Strassen Landansprüche geltend machen oder bereits privat beanspruchte Landflächen überfallen. Die wenigsten dieser Akteure besitzen Rechtstitel für ihr Land, da deren Erwerb aufwendig und teuer ist. Weiter können Personen mit Landrechten durch die Regierung enteignet werden. Die besetzten Waldflächen werden als Folge fehlender Eigentumsrechte entwaldet und zu landwirtschaftlichen Flächen umgenutzt, die rechtlich gesehen als produktiv genutzt gelten. Besetzer versuchen dadurch ihren Anspruch auf das Land zu legitimieren. Die Landnutzungsänderung zu kultivierten Flächen erleichtert zudem das Überwachen des Landes und das Entdecken von Überfällen. Die Rodung und die darauffolgende Umnutzung werden somit von den rechtlichen Rahmenbedingungen gefördert. Da Waldflächen zudem rechtlich gesehen als unproduktiv gelten, werden weitere Anreize zur Waldrodung geschaffen.
Massnahmen gegen den Waldverlust
Die massive Rodung des Amazonasregenwaldes lässt sich auf eine Vielzahl von Ursachen zurückführen. Diese Komplexität erfordert vielfältige Gegenmassnahmen, auf die nicht in einem einzelnen Blog eingegangen werden kann. Trotzdem haben sich die Blogautorinnen im Folgenden Gedanken zu möglichen Massnahmen gemacht: Eine gesetzliche Regulierung des Strassenbaus und damit verbundene Kontrollen durch unabhängige, internationale Organisationen wären notwendig, um den Bau neuer Strassen einzudämmen. Entlang von Strassen kann durch Brandrodung zudem immer mehr Land in Landwirtschaftsparzellen umgewandelt werden. Um diese Tendenz zu stoppen, müsste der Kraftfutteranbau und damit verbunden der weltweite Fleischkonsum reduziert werden. Weiter bieten die momentan geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen Anreize zur Rodung, da Unsicherheiten bezüglich Landeigentumsrechten bestehen. Gesetzlich klar geregelte Landeigentumsrechte könnten hier Abhilfe schaffen
Abbildungen
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Weiterführende Literatur
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Sam Fujisaka, William Bell, Nick Thomas, Liliana Hurtado, Euan Crawford (1996) Slash-and-burn agriculture, conversion to pasture, and deforestation in two Brazilian Amazon colonies. Agriculture, Ecosystem & Environment, 59, 115-130. https://doi.org/10.1016/0167-8809(96)01015-8
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