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Blog 12 – Hilft Aufforstung dabei, den Klimawandel einzudämmen?

Zielgruppe: Breite Bevölkerung (Tagesanzeiger/NZZ)

Um internationale Klimaziele zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen drastisch reduziert werden. Wenn die globale Erwärmung auf 2 °C beschränkt werden soll, sind zudem Technologien nötig, die aktiv CO2 aus der Atmosphäre entfernen. Eine weitere denkbare Massnahme, um die globale Erwärmung zu begrenzen, ist die Vergrösserung der Waldflächen. Dabei geht es einerseits um die Aufforstung von ehemals gerodeten oder neuen Waldflächen, und andererseits um den Erhalt von gegenwärtigen Wäldern. Ein Beispiel, wie diese Idee umgesetzt werden kann, ist die Trillion Tree Campaign. Allerdings besteht dabei ein grundlegendes Problem: die Ressourcen, die von Wäldern beansprucht werden (Land, Wasser, Nährstoffe), können auch für die Landwirtschaft oder als Siedlungsraum interessant sein. Um diesen Nutzungskonflikten möglichst gut die Waage zu halten, ist es wichtig zu wissen, welche Wälder in welchen Klimaregionen am meisten Kohlenstoff speichern können.

Wie wirken Wälder auf das Klima?

Nicht jeder gepflanzte Baum wirkt automatisch dem Klimawandel entgegen. So unterscheiden sich die Einflüsse von Wäldern auf das Klima, je nachdem, wo ein Wald gelegen ist. Hier unterscheiden wir zwischen drei verschiedene Waldtypen, die nach den Klimazonen eingeteilt werden:

  • “boreal forests”: Wälder in der kalt-gemässigten Klimazone (pinke Zone in Abb. 1),
  • “temperate forests”: Wälder in der kühl-gemässigten Klimazone (grüne Zone in Abb. 1),
  • “tropical forests”: Wälder in den Tropen (lachsfarbene Zone in Abb. 1).

Abbildung 1: Ausdehnung der verschiedenen Klimazonen. Die Einteilung ist wie folgt: (weiss) Polareis-Zone, (blau) subpolare Zone, (pink) kalt-gemässigte Zone, (grün) kühl-gemässigte Zone, (gelb) subtropische Zone, und (lachsfarben) tropische Zone. Die pinke und die grüne Zone bilden zusammen die gemässigte Klimazone (© LordToran).

Zwischen diesen Waldtypen vergleichen wir nun drei verschiedene Möglichkeiten, wie Wälder das Klima beeinflussen können:

  • “carbon storage”: die Menge an Kohlenstoff (C), die pro Hektare gespeichert werden kann,
  • “evaporative cooling”: die Kühlung, welche durch das pflanzliche Verdunsten von flüssigem Wasser zu Wasserdampf verursacht wird,
  • “albedo[1] decrease”: der Effekt, dass Waldflächen im Vergleich zu Grasflächen einen grösseren Anteil der Sonnenstrahlung aufnehmen (und dadurch wärmer sind).

Die folgende Abbildung veranschaulicht diese Konzepte für jeden der oben genannten Wälder.

Abbildung 2: Wirkung der drei verschiedenen Waldtypen auf das Klima. Entnommen und vereinfacht aus Bonan (2008).

Tropische Wälder scheinen eine wichtige Ressource zu sein, um den Klimawandel einzuschränken. Die Pflanzen, Bäume und Böden dieser Wälder speichern viel Kohlenstoff (C)(375–437 t C/ha) in ihrer Biomasse. In diesem Fall sprechen wir zum Beispiel von den Blätter. Mangrovenwälder (siehe Abb. 3), die im Gezeitenbereich von tropischen Meeresküsten vorkommen, speichern dabei mit Abstand am meisten Kohlenstoff (830–1218 t C/ha). Sie werden regelmässig geflutet, weshalb die abgefallenen Blätter langsamer abgebaut werden. Mehr Kohlenstoff bleibt im Sediment gespeichert anstatt wieder in die Atmosphäre zu entweichen. Neben der Aufnahme von CO2 geben tropische Wälder auch viel Wasserdampf an die Atmosphäre ab (Evapotranspiration). Beide Vorgänge haben einen kühlenden Effekt auf das Klima.

Abbildung 3: Ein 5-jähriger Mangrovenwald auf der Philippinen-Insel Mindanao (© Urlich Kronberg).

Auch Wälder in der kühl-gemässigten Klimazone (grüne Zone in Abb. 2) speichern viel Kohlenstoff (199–550 t C/ha). Die kühlende Evapotranspiration ist in diesen Wäldern aber nicht so stark ausgeprägt. Insgesamt ist es nicht sicher, ob Aufforstung hier tatsächlich zu einer Abschwächung der Erwärmung führt.

In den borealen Wäldern, die in der kalt-gemässigten Klimazone vorkommen (pinke Zone in Abb. 2), ist der Kohlenstoff-Speicher vergleichsweise klein (129–434 t C/ha) und die Evapotranspi-ration ist hier noch schwächer, als in den Wäldern der gemässigten Klimazone. Beides deutet darauf hin, dass die Aufforstung nur einen schwachen kühlenden Effekt zur Folge hat. Zusätzlich führt die Aufforstung in borealen Regionen zu einer Art “Verdunklung der Landschaft”. So nehmen Waldflächen im Vergleich mit (verschneiten) Grasflächen einen grösseren Anteil der Sonnen-strahlung auf. Dies wiederum führt zu einem wärmenden Effekt der Aufforstung. Das könnte dazu führen, dass eine Erweiterung der borealen Wälder zu einer verstärkten Erwärmung beiträgt.

Der Kohlenstoff-Speicher von Wäldern ist nicht in Stein gemeisselt

Viele verschiedene Faktoren beeinflussen die Menge an Kohlenstoff, die in einem Wald gespeichert werden kann.

Einer davon ist das Ausmass von menschlichen Eingriffen. So ist die C-Speicherkapazität von natürlichen Wäldern grösser als jene von intensiv bewirtschafteten Wäldern. Auch nehmen renaturierte Wälder, die natürlichen Wäldern gleichen, mehr Kohlenstoff auf, als landwirtschaftlich betriebene Monokulturen oder Mischarten-Plantagen.

Ein weiterer Faktor ist das Klima selbst. In Zukunft werden tropische Wälder durch den Klimawandel stark gefährdet sein. Vermehrter Hitze-Stress hat zur Folge, dass die Bäume weniger gut wachsen können, was wiederum zu einer verminderten CO2-Aufnahme führt. In der kühl-gemässigten Klimazone und in den borealen Wäldern werden die Bäume allerdings besser wachsen können, womit auch ihr Kohlenstoff-Speicher vergrössert wird. Gleichzeitig führen die globale Erwärmung und länger anhaltende Trockenperioden zu einem erhöhten Waldbrandrisiko. Solche Waldbrände setzen einerseits CO2 frei, und andererseits führen sie zum Verlust von Pflanzen, welche für weitere Kohlenstoff-Speicherung wichtig wären. Diese Folgen des Klimawandels müssen berücksichtigt werden, um die Wirkung von Wäldern auf das Klima abschliessend beurteilen zu können.

Ausblick

Tropische Wälder haben das grösste Potential den Klimawandel einzuschränken. Diese Wälder sind aber durch den Klimawandel stark gefährdet. Zusätzlich wird immer mehr Regenwaldfläche von der Agrarwirtschaft beansprucht. Für diese Expansion gibt es sehr unterschiedliche Gründe: von grossflächigen kapitalintensiven Plantagenbetreibern bis hin zu Kleinbauern, die sich mit einem zusätzlichen Teefeld das Schulgeld für ihre Kinder verdienen möchten und einen Weg aus der Armut suchen. Für die Staaten in den Tropen stellt sich die Herausforderung, die eigene wirtschaftliche Lage, die Interessen der lokalen Bevölkerung und den ökologischen Nutzen des Waldes gegeneinander abzuwägen. Der Erhalt dieser natürlichen CO2-Speicher ist auf der globalen Ebene von grossem Interesse.

Auch in den Wäldern der kühl-gemässigten Klimazone und in den borealen Wäldern ist viel Kohlenstoff gespeichert. Inwiefern Aufforstungen dem Klimawandel entgegenwirken, kann für diese Regionen jedoch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Hier ist die Forschung gefragt, alle Faktoren zu quantifizieren, so dass Regierungen, Unternehmen und NGO’s ihre Klimapolitik durch fundierte Entscheide vorantreiben können.

Sollen die international abgesprochenen Klimaziele erreicht werden, wird es aber nicht ausreichen, sich auf die Rettung von Wäldern oder auf Aufforstungen zu konzentrieren. Eine langfristige Lösung für die globale Erwärmung setzt aktuell auch eine klare Reduktion der jetzigen Treibhausgasemissionen voraus.

Referenzen

Abbildungen:

Text:

  • Bonan (2008): Bonan, G. B. Forests and climate change: Forcings, feedbacks, and the climate benefits of forests. Science vol. 320 1444–1449 (2008).
  • Anderson, R. G. et al. Biophysical considerations in forestry for climate protection. Frontiers in Ecology and the Environment vol. 9 174–182 (2011).
  • Jackson, R. B. et al. Protecting climate with forests. Environ. Res. Lett. 3, 0–5 (2008).
  • Donato, D. C., Kauffman, J. B., Mackenzie, R. A., Ainsworth, A. & Pfleeger, A. Z. Whole-island carbon stocks in the tropical Pacific: Implications for mangrove conservation and upland restoration. J. Environ. Manage. 97, 89–96 (2012).
  • Keith, H., Mackey, B. G. & Lindenmayer, D. B. Re-evaluation of forest biomass carbon stocks and lessons from the world’s most carbon-dense forests. Proc. Natl. Acad. Sci. U. S. A. 106, 11635–11640 (2009).
  • Silva, L. C. R. & Anand, M. Probing for the influence of atmospheric CO2 and climate change on forest ecosystems across biomes. Glob. Ecol. Biogeogr. 22, 83–92 (2013).
  • Sharma, C. M., Gairola, S., Baduni, N. P., Ghildiyal, S. K. & Suyal, S. Variation in carbon stocks on different slope aspects in seven major forest types of temperate region of Garhwal Himalaya, India. J. Biosci. 36, 701–708 (2011).
  • Thuille, A., Buchmann, N. & Schulze, E.-D. Carbon stocks and soil respiration rates during deforestation, grassland use and subsequent Norway spruce afforestation in the Southern Alps, Italy. Tree Physiol. 20, 849–857 (2000).

Link zum kompletten Factsheet: Factsheet Gruppe 12 (Version 6).


  1. Die Albedo ist eine Zahl zwischen 0 und 1. Sie beschreibt jenen Anteil der einfallenden Sonnenstrahlung, der wieder zurück in den Weltraum reflektiert wird.

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