Zielpublikum: Maturaklasse
Können Mykorrhizapilze den Waldbäumen in Zeiten des Klimawandels helfen?
In terrestrischen Ökosystemen existiert eine sehr wichtige Symbiose zwischen Mykorrhizapilzen und dem Wurzelsystem der Pflanzen, die Mykorrhiza genannt wird. Diese Symbiose ist meist mutualistisch (vorteilhaft für beide). Einige Studien haben gezeigt, dass die Mykorrhizapilze ihren Symbiosepartnern helfen können, die durch die Klimaveränderungen intensivierten Stressoren besser zu tolerieren. Andere Feldversuche zeigen aber auch potentielle Gefahren dieser Stressoren für die Symbiose auf. Von Christoph Dieziger, Kim Werlen und Lena Strini
Was ist eine Mykorrhiza und wie funktioniert sie?
90% aller Gefässpflanzen weltweit assoziieren mit Mykorrhizapilzen. Die Pflanze liefert dem Mykorrhizapilz Kohlenhydrate, welche sie durch die Photosynthese gewinnt. Im Gegenzug erhält sie Stickstoff und Phosphor, welches essenzielle Pflanzennährstoffe sind (Abbildung 1). Pflanzen, die diese Nährstoffe selbst nicht gut aufnehmen können, gehen eine Symbiose mit Mykorrizapilzen ein, um ihre Versorgung sicher zu stellen.
Welche Arten von Mykorrhizapilzen gibt es und wo kommen diese vor?
Es gibt verschiedene Typen von Mykorrhiza. Zwei der am meisten vertretenen sind die Arbuskuläre Mykorrhiza (AM), welche 79% der Symbiosen ausmacht, und die Ektomykorrhiza (ECM), welche 2% ausmacht. Da verschiedene Mykorrhiza verschiedene Eigenschaften haben (siehe Abbildung 3), und folglich verschieden auf Umweltveränderungen reagieren, ist es nützlich zu wissen, wo auf der Welt welche Formen vertreten sind. AM ist bei weitem die häufigste Form von Mykorrhiza. Dies lässt sich dadurch erklären, dass AM die erste Form von Mykorrhiza ist, die vor 450 Mio. Jahren entstanden ist. Die AM entstand in den Tropen, was bedeutet, dass die involvierten Symbiosepartner an die klimatischen Gegebenheiten dieser Region angepasst sind und daher auch heute überwiegend in niedrigen Breitengraden vorzufinden sind. Umgekehrt sieht es bei den ECM aus. Diese Form entwickelte sich mehrmals unabhängig aus AM etwa vor 50 Mio. Jahren in gemässigten Ökosystemen und ist daher heute eher in höheren Breitengraden vertreten. (Siehe Abbildung 2)
Gefahren durch Klimawandel und andere anthropogene Störungen
Wenn sich die klimatischen Bedingungen verändern, ändert sich auch das Ökosystem. Durch die Klimaveränderung, grösstenteils angetrieben durch den Menschen, wird sich die Verbreitung, Häufigkeitsverteilung und Effizienz der Mykorrhiza verändern. Drei kritische Störfaktoren für die Symbiosepartner sind Dürren, höhere CO2-Konzentrationen und erhöhte atmosphärische Stickstoff Deposition.
Zuhname von CO2-Konzentrationen und atmosphärischer Stickstoff Deposition
Höhere CO2-Konzentrationen beeinflussen die ECM positiv, indem der Pilz und auch der Baum besser wächst. Denselben Effekt kann man nicht bei der AM beobachten. Die zusätzliche Deposition von Stickstoff auf Grund intensivierter Landwirtschaft und Verbrennungsprozessen, hat schädliche Folgen für beide Symbiosen. Die Artenvielfalt der Pilze ist oft geringer, was andere indirekte Schäden provoziert, welche in Abbildung 4 zu sehen sind. Bei der ECM kann es auch dazu führen, dass in Stickstoff-limitierten Wälder, wie zum Beispiel Nadelwälder in Europa diese Limitierung verschlimmert wird. Der Pilz teilt den zusätzlichen Stickstoff nicht mit dem Baum, sondern nützt ihn selbst zum Wachsen. Bei der AM gibt es die Hypothese, dass die verminderte Artenvielfalt der zugehörigen Pilze die Fähigkeit beeinflusst, Phosphor aufzunehmen. Auch hier ist dies besonders kritisch in Phosphor-limitierten Waldökosystemen. Was noch dazu kommt ist, dass Phosphor-limitierte Böden, welche zuvor vorwiegend in den Tropen vermutet wurden, verbreiteter sind als erwartet. Zu diesem Entschluss kam eine Studie, welche dieses Jahr (2020) publiziert wurde (Abbildung 5).
Zunahme von Dürreperioden
Wie ein Mykorrhizapilz auf die häufigeren und länger anhaltenden Dürreperioden reagiert, lässt sich nicht generalisieren. Verschiedene Arten von Mykorrhizapilzen reagieren unterschiedlich auf Trockenheit in Bezug auf ihr Vorkommen und ihre Häufigkeit. Grund dafür sind die Unterschiede in ihrer Physiologie und der Fähigkeit, auf Bodennährstoffe zuzugreifen und organische Verbindungen zu speichern. Studien zeigen eine vergleichbare Reaktion von AM und ECM.
Viele Experimente und Feldstudien unter Dürrebedingungen stellten einen positiven Effekt auf die Pflanze fest, wenn sie von Mykorrhizapilzen besiedelt war. So wurden z.B. bei Keimlingen mit Mykorrhiza im Vergleich zu Keimlingen ohne eine erhöhte ober- und unterirdische Biomasse, höhere Photosyntheseraten und höhere Konzentrationen von N und P im Pflanzengewebe gemessen. 90% der Studien, die mit-Mykorrhizapilzen-geimpfte und nicht-geimpfte Pflanzen während einer simulierten Dürre verglichen, berichteten von erhöhter Produktivität/Wachstum bei der Anwesenheit von Mykorrhiza.
Wie genau Mykorrhiza die Pflanze während einer Trockenperiode unterstützt ist noch nicht vollständig verstanden. Der wahrscheinlich wichtigste Effekt, der die Pflanze währen einer Dürre oder bei der Erholung unterstützt, ist die verbesserte Nährstoffaufnahme.
Fazit
In Zeiten des Klimawandels gewinnt die Mykorrhiza an Bedeutung. Es gibt Hinweise, dass diese in Trockenperioden entscheidend für das Überleben der beiden Symbiosepartner ist. Andere klimabedingte Stressoren, wie die Zunahme der atmosphärischen Stickstoff Deposition hingegen reduziert die Artenvielfalt der Mykorrhizenpilze, was erhebliche Folgeschäden verursachen kann.
Quellen
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Quellen Abbildungen
- Abbildung 1: Available at https://www.waldwissen.net/wald/baeume_waldpflanzen/oekologie/wsl_mykorrhiza_lebensgemeinschaft/index_DE, accessed on 23.05.20
- Abbildung 2.: Steidinger, B. S. et al. Climatic controls of decomposition drive the global biogeography of forest-tree symbioses. Nature 569, 404–408 (2019).
- Abbildung 3: Available at https://moldresistantstrains.com/diy-how-to-make-mycorrhizal-fungi-inoculant/, accessed on 23.05.20
- Abbildung 4: Cotton, T. A. Arbuscular mycorrhizal fungal communities and global change: an uncertain future. FEMS Microbiol. Ecol. 94, 1–14 (2018).
- Abbildung 5: Hou, E. et al. Global meta-analysis shows pervasive phosphorus limitation of aboveground plant production in natural terrestrial ecosystems. Nat. Commun. 11, 1–9 (2020).
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