2.7 Weitere Lernmaterialien
2.7.1 Verwendung des Kapitels
Die Themen dieses Kapitels stellen den Anfang unserer Entwicklung der Analysis dar und sind aus diesem Grunde für das Folgende fundamental. Wie bereits erwähnt werden wir die üblichen Eigenschaften der reellen, natürlichen, ganzen, rationalen und komplexen Zahlen (inklusive der Konjugation komplexer Zahlen) im Folgenden ohne Verweise verwenden. Es ist auch nicht notwendig, die Beweise der elementaren Aussagen in Abschnitt 2.1 auswendig zu lernen. Manche der Beweise in Abschnitt 2.2 sind auch etwas zu formal, als dass sie für das Folgende von grosser Bedeutung sein werden. Für ein fundiertes Verständnis der Induktion sind die besprochenen Varianten der Induktion samt Beweise wichtig und auch die Beweise der algebraischen und geometrischen Aussagen stellen eine gute Übung dar. In Abschnitt 2.4 haben wir einige Ihnen wahrscheinlich bekannte Definition ausgesprochen, doch werden auch die Ihnen wahrscheinlich neuen Begriffe „offen“ und „abgeschlossen“ zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Die Kernthemen dieses Kapitels sind hingegen in folgender Liste enthalten.
Diese Themen und deren Beweismethoden sind von zentraler Bedeutung für das Folgende und Sie werden weitere Vorlesungsstunden besser verstehen, wenn Sie diese Kernthemen bereits im Gedächnis und auf Abruf bereit haben.
Im Laufe dieses Kapitels haben wir auch bereits einige grundlegende Funktionen eingeführt, welche wir ohne Verweis und mit den üblichen Eigenschaften in Zukunft wieder benötigen werden.
Sollten Sie noch nicht mit dem Anlegen einer persönlichen Zusammenfassung aller wichtigen Inhalte der Vorlesung begonnen haben, dann legen wir Ihnen nahe dies jetzt in Angriff zu nehmen. Die Inhalte aus Kapitel 1 sollten schnell wiederholt und zusammengefasst sein. Doch in diesem Kapitel haben wir bereits unsere ersten grundlegenden Sätze der reellen Analysis und deren Beweise kennengelernt. Deswegen wird eine persönlich erstellte Zusammenfassung nun wahrscheinlich schon einige Seiten lang sein. Welche Form und Detailreiche eine derartige Zusammenfassung oder Mindmap haben sollte, ist Geschmackssache und Ihnen überlassen. Zum Beispiel könnte für den Beweis der Existenz eines Häufungspunktes einer beschränkten unendlichen Menge (Satz 2.76) folgende Zusammenfassung aussreichen: „Wir definieren und zeigen, dass ein Häufungspunkt der Menge ist.“ Vielleicht reicht Ihnen dies bereits als Anfangspunkt um den Beweis zu vervollständigen, oder Sie ergänzen die Zusammenfassung noch um ein bis zwei Sätze.
2.7.2 Weitere Übungsaufgaben
Übung (Parallelogrammidentität).
Zeigen Sie für alle die Gleichung
Übung (Mittelsenkrechte).
Seien zwei verschiedene Punkte. Erklären und beweisen Sie, wieso die Teilmenge eine Gerade ist. Eine Gerade ist dabei eine Teilmenge der Form für .
Übung (Körper mit zwei Elementen).
Zeigen Sie, dass die Menge mit den in Übung 2.7 definierten Operationen einen Körper mit zwei Elementen bildet. Wieso gibt es keinen Körper mit nur einem Element?
In den nächsten beiden Übungen konstruieren wir für eine Primzahl den Körper mit Elementen. In der Praxis (insbesondere in der Informatik) finden diese viele Anwendungen.
Übung (Kongruente Zahlen).
Sei . Wir sagen, dass kongruent modulo sind, falls durch teilbar ist. In diesem Fall schreiben wir auch .
- (i)
- Zeigen Sie, dass für eine Äquivalenzrelation definiert.
Den Quotienten bezüglich dieser Äquivalenzrelation bezeichnet man meist als und die Äquivalenzklasse von ist durch gegeben. Genau wie die Zahlenmengen, die wir bereits kennen, verfügt die Menge über zusätzliche Struktur wie Addition und Multiplikation.
- (ii)
- Zeigen Sie, dass die Abbildungen
wohldefiniert sind.
- (iii)
- Verifzieren Sie mit Division mit Rest, dass genau Elemente hat.
Applet 2.87 (Darstellung des Quotienten modulo Kongruenz).
Wir stellen in diesem Applet den Quotienten (für verschiedene Werte von ) dar. Es macht Sinn sich die Punkte entlang eines Kreises vorzustellen, doch hat dies formal (vorerst) keine Bedeutung.
Übung (Körper von Primzahlordnung).
Sei eine Primzahl und sei ausgestattet mit Addition und Multiplikation aus der vorherigen Übung. Wir möchten in dieser Übung zeigen, dass ein Körper ist.
- (i)
- Zeigen Sie, dass allen Körperaxiomen bis auf (6) genügt, wobei das Nullelement durch und das Einselement durch gegeben ist.
- (ii)
- Zeigen Sie, dass jedes Element von eine multiplikative Inverse besitzt. Betrachten Sie dazu die Multiplikation mit diesem Element auf und überprüfen Sie zuerst, dass diese injektiv (und damit auch surjektiv) ist.
- (iii)
- Zeigen Sie, dass es keine Ordnung auf gibt, die zu einem angeordnetem Körper macht.
Wir bemerken auch, dass sich für jede Primzahlpotenz wie zum Beispiel oder ein Körper definieren lässt; siehe nächstes Kapitel.
Übung.
Entscheiden Sie bei den folgenden Teilmengen von jeweils, ob sie offen, abgeschlossen oder weder noch sind.
Übung (Topologie auf und ).
Sei die Menge der offenen Teilmengen von . Zeigen Sie, dass folgende Eigenschaften erfüllt sind.
In Worten ausgedrückt sind also endliche Schnitte und beliebige Vereinigungen von offenen Mengen offen. Die analoge Aussage gilt für die offenen Teilmengen von . Was gilt für abgeschlossene Mengen?
In Abschnitt 2.6.1 haben wir bereits beschrieben, was Dichtheit der rationalen Zahlen in bedeutet. Allgemeiner sagt man, dass eine Teilmenge dicht ist, wenn für jedes offene, nicht-leere Intervall der Schnitt nicht-leer ist.
Übung (Charakterisierung von Dichtheit).
Zeigen Sie, dass folgende Aussagen über eine Teilmenge äquivalent sind.
- (i)
- ist dicht.
- (ii)
- Die Menge der Häufungspunkte von ist gleich .
- (iii)
- Jede abgeschlossene Menge, die enthält, ist gleich .
Übung (Dichtheit der irrationalen Zahlen).
Zeigen Sie, dass die Menge der irrationalen Zahlen dicht liegt in .
Übung.
Berechnen Sie die Häufungspunkte folgender Teilmengen von .
Übung (Supremum als Häufungspunkt).
Sei eine von oben beschränkte Teilmenge. Zeigen Sie, dass ein Maximum besitzt oder das Supremum von ein Häufungspunkt der Menge ist.
Übung (Überabzählbare Mengen haben Häufungspunkte).
Sei überabzählbar (aber möglicherweise unbeschränkt). Zeigen Sie, dass dann einen Häufungspunkt besitzt.
Übung.
Finden Sie für jedes ein Intervall mit rationalen Endpunkten wie in obigem Satz, so dass gilt. Schliessen Sie daraus, dass das Intervallschachtelungsprinzip in nicht erfüllt ist. (Hierbei ist ein Intervall in definiert als der Durchschnitt von mit einem reellen Intervall mit rationalen Endpunkten.)
Übung (Das Vollständigkeitsaxiom und das Supremum).
Zeigen Sie, dass Satz 2.60 zum Vollständigkeitsaxiom (Axiom (16)) äquivalent ist. Genauer formuliert: zeigen Sie, dass die Axiome eines angeordneten Körpers (das wären Axiome (1) –(15)) gemeinsam mit der Aussage in Satz 2.60 das Vollständigkeitsaxiom (Axiom (16) ) implizieren.
Übung (Weitere Formen des Vollständigkeitsaxioms).
Zeigen Sie in Analogie zu obiger Übung, dass
- (i)
- der Satz über die Existenz von Häufungspunkten sowie
- (ii)
- das Intervallschachtelungsprinzip zusammen mit dem Archimedischen Prinzip
(unter Annahme der Axiome eines angeordneten Körpers (1)–(15)) äquivalent sind zum Vollständigkeitsaxiom.
Übung.
Zeigen Sie, dass jede offene Teilmenge von überabzählbar ist.
Übung (Multiplikation mit 3 auf der Cantor-Menge).
Zeigen Sie, dass die Abbildung
wohldefiniert ist. Intuitiv sagt uns die Abbildung also, dass aus zwei Hälften besteht, die jeweils aussehen wie kontrahierte Kopien von . (Wieso?)
Übung (Rechtecksschachtelungprinzip in ).
Wir bezeichnen eine Menge der Form
als ein abgeschlossenes beschränktes Rechteck. Beweisen Sie folgendes Rechtecksschachtelungsprinzip in : Seien für jedes ein abgeschlossenes beschränktes Rechteck so dass für . Dann ist der abzählbare Durchschnitt nicht-leer.
Übung (Häufungspunkte in ).
Sei und . Dann heisst ein Häufungspunkt von der Menge falls es zu jedem ein gibt mit . Sei nun eine unendliche und beschränkte (das heisst, es existiert mit ) Teilmenge. Zeigen Sie, dass ein Häufungspunkt der Menge in existiert.
Eine kurze Anleitung: Auf Grund der Beschränktheit der Menge existiert ein so dass . Sie können für den Beweis zuerst obiges Rechtecksschachtelungsprinzip beweisen und dann verwenden. Alternativ können Sie den Beweis von Satz 2.76 adaptieren: definieren Sie
und zeigen Sie, dass ein Häufungspunkt ist.
Übung (Challenge).
Gibt es eine Kollektion von Teilmengen von mit der Eigenschaft für alle in und ?
2.7.3 Multiple-Choice Fragen
In folgendem Fragen-Typ können Sie aus mehreren verschiedenen Lösungsvarianten auswählen (Multiple-Choice). Es ist dabei nicht unbedingt nur eine Lösung richtig.
Übung.
Sei und . Welche der folgenden Aussagen sind äquivalent zur Aussage, dass ein Häufungspunkt von ist?
- (1)
- .
- (2)
- .
- (3)
- .
- (4)
- .
Übung.
Welche der folgenden Punkte liegen in der Cantor-Menge?
- (1)
- (2)
- (3)
- (4)