Apfel oder Orange: Hinter welchem Saft steckt mehr Wasser?
Nasiha Alicusic, Alexandra Bär, Cedric Bieri, Elena Brunner, Ueli Bürgler, Michelle Camenisch, Lucio Bianchetti, Lea Rapp
Diverse Themen betreffend Umwelt- und Klimafreundlichkeit sind heute brandaktuell. Dazu gehören neben COo2-Ausstoss, Abfall und Fleischkonsum auch der Wasserverbrauch verschiedener Aktivitäten und Produkten. Diese Mengen sind oft erschreckend hoch. Die Herstellung einer Jeans verbraucht z.B etwa 8’000l Wasser [1], ein Kilogramm Rindfleisch sogar 15’000l. [2]
Wir haben uns nun im Rahmen der WFS-Vorlesung gefragt, wie sich dies bei anderen weit verbreiteten Produkten wie Schweizer Apfelsaft und ausländischem Orangensaft verhält. Oft wird die Annahme getroffen, dass importierte, exotische Produkte per se schlechter in punkto Umweltfreundlichkeit abschneiden als regionale. Dem wollten wir auf den Grund gehen und haben recherchiert. Welcher der beiden Säfte verbraucht tatsächlich mehr Wasser?
Natürlich variieren die gefundenen Werte von Sorte zu Sorte und von einem Anbauort oder Verarbeiter zum anderen. Daher ist es schwierig, exakte Angaben zu finden, und wir rechnen mit ungefähren Durchschnitten. Dabei betrachten wir drei verschiedene Aspekte:
- Wie gross ist der Wasserverbrauch im Wachstum der Pflanzen?
- Welche Rolle spielt die Verarbeitung der Früchte für die verbrauchte Menge Wasser?
- Wo wird zusätzlich Wasser verbraucht oder eventuell verschwendet?
Wasserverbrauch der Bäume
Die erste Frage befasst sich mit dem Wasserverbrauch für das Wachstum der Pflanzen, also der Apfel- bzw. Orangenbäume. Damit gemeint ist die Menge, die ein Baum braucht, um eine Frucht zu produzieren. Was beachtet werden muss, ist, dass Apfelbäumen hierzulande der viele Regen ausreicht und sie nicht zusätzlich gegossen werden, während die Orangenplantagen im Mittelmeerraum, Spanien oder Brasilien fast immer zusätzlich bewässert werden müssen. [3,4] Im Gesamten kommt man dabei auf die Aussage, dass pro Apfel (150g) ca. 125l Wasser für das Wachstum aufgewendet werden [5], pro Orange (gleich schwer) aber nur etwa 80l. [6]
Verarbeitungsprozess
Beim zweiten Aspekt wird der Wasserverbrauch der Verarbeitung in Betracht gezogen. Nach der Ernte werden die Früchte in Fabriken gebracht, wo sie gewaschen, geschält oder sortiert, gepresst und abgefüllt werden. Das meiste Wasser fällt dabei vor allem beim Waschen an, hier gibt es aber auch verschiedene Methoden: Wasserbad, Besprühen oder eine Kombination von beidem, wobei das Besprühen am wassersparendsten ist. Bei Saftkonzentrat wird der Saft nach dem Pressen konzentriert und später wieder verdünnt, wodurch also die doppelte Menge Wasser verbraucht wird. Weiter wasserintensiv ist auch das Pasteurisieren des abgefüllten Saftes, bei dem die Flaschen kurz in ein heisses und danach in ein kaltes Wasserbad getaucht werden. Dieses Wasser wird allerdings nicht sehr stark verschmutzt, wodurch es nicht jedes Mal ausgewechselt werden muss. Zudem fällt Wasser für die Reinigung der Maschinen an. Alles in allem ist die verwendete Menge des Wassers in der Verarbeitung aber ähnlich gross bei beiden Säften. [7,8,9]
Ergebnis
Nach Einbezug all dieser Faktoren kommt man auf ein geschätztes Ergebnis, dass für die Herstellung eines Liters Apfelsaft etwa 950l Wasser aufgewendet werden und für einen Liter Orangensaft etwa 850l Wasser. [10,11] Dieser Unterschied ist nicht allzu gross und spricht gegen die Annahme, dass importierte Produkte schlechter abschneiden als lokale.
Weitere Faktoren
Allerdings sollte man jetzt nicht vorschnell urteilen: Zu beachten ist, dass die Orangen zwar weniger Wasser benötigen, das benötigte Wasser zum Giessen der Bäume und zur Verarbeitung stammt aber aus künstlicher Bewässerung. [4] Wer sich schon einmal mit dem Thema der Wasserknappheit in Spanien auseinandergesetzt hat, weiss, dass in Spanien der übermässige Gebrauch von Süsswasser für Bewässerung zur Absenkung des Grundwasserspiegels und anschliessender Versalzung dieses führt. [12] Daher ist das zwar mengenmässig wenigere Wasser in Spanien kritischer zu beurteilen als das verbrauchte, hauptsächliche Regenwasser für die Äpfel in der Schweiz. Wenn dann noch auf andere Umweltfaktoren wie CO2-Ausstoss geschaut wird, der beim Transport anfällt, schneiden Orangen schlechter ab als Äpfel, da sie natürlicherweise nur in warmen, weit entfernten Gebieten wachsen und über weite Wege transportiert werden müssen. [13] Dabei muss allerdings noch die Unterscheidung zwischen Orangensaftkonzentrat und Frischsaft gemacht werden: Konzentrat wird ja dehydriert und braucht daher weniger Platz beim Transport, wodurch es etwas effizienter ist als Frischsaft.. Pestizidtechnisch ist Orangenanbau sehr schädlich, da die Bäume in Monokulturen anfällig auf Parasiten sind und daher regelmässig besprüht werden müssen.[14] Unter Krankheitsbefall leiden allerdings auch Apfelbäume und benötigen daher oft Pestizide, wenn auch etwas weniger. [18] Bei Äpfeln kann bis zu 75% der Frucht zur Saftproduktion verwendet werden, und der Abfall wird teilweise als Tierfutter oder als Grundlage für Schnaps wiederverwendet. [15] Bei Orangen hingegen kann aufgrund ihrer Schale nur rund die Hälfte der Frucht gepresst werden, der Abfall wird allerdings auch grössten Teil weiterverwendet. Die Schale enthält beispielsweise wertvolle Öle, die für die Parfümindustrie interessant sind.[16] (Zudem sind Orangen besonders populär in Brasilien, da der nicht-essbare Anteil der Früchte zu Tierfutter weiterverwertet kann, was in diesem Land von hoher Bedeutung ist.[17] Ein weiterer Faktor, welcher die Umweltfreundlichkeit der Säfte beeinflusst, ist die Verpackung, die in den meisten Fällen aus PET oder Tetrapack besteht, also Plastik. Dieser Abfall kann zwar grösstenteils recycled werden, trägt aber trotzdem zur allgemeinen Umweltverschmutzung bei, da höchstwahrscheinlich nicht alle Flaschen korrekt entsorgt werden.
Fazit
Abschliessend kann also gesagt werden: Die Produktion von Apfelsaft in der Schweiz verbraucht zwar etwas mehr Wasser als die Produktion von Orangensaft in Spanien oder Brasilien, allerdings ist dieses Thema, wie viele andere, nicht bloß einseitig und muss genauer hinterleuchtet werden: Nicht nur Wasserverbrauch, sondern auch CO2-Ausstoss, Verpackungsmaterialien und Pestizideinsatz und viele weitere Einflüsse spielen eine Rolle. Denn wenn man alle diese Faktoren miteinbezieht, schneidet der Apfelsaft im Gesamten am Ende doch besser ab.
Quellen:
[1]Rösemeier-Buhmann, Jürgen, «Ganz schön durstig: Unglaublicher Wasserverbrauch für Jeans» in: nachhaltigleben.ch, URL: https://www.nachhaltigleben.ch/mode/virtuelles-wasser-eine-jeans-hat-wasserverbrauch-von-8000-litern-2729, Abgerufen am 29.11.2020
[2] «Virtuelles Wasser», in: Wikipedia,URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Virtuelles_Wasser , Abgerufen am 29.11.2020
[3]”Pfanzen schützen” in: Landschaftsleben.at, URL: https://www.landschafftleben.at/lebensmittel/apfel/landwirtschaft/boden-pflegen-pflanzen-schuetzen , Abgerufen 11/2020
[4]August, Dorothea, “Zitrusfrüchte”,in: WWF.de, URL: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Hintergrundpapier_Zitrusfruechte_2008.pdf, Abgerufen 11/2020
[5]”Apple”, in: Waterfootprint, URL: https://waterfootprint.org/product-gallery/, Abgerufen 11/2020
[6]”Erdbeere, Apfel”, in: virtuelleswasser.de, URL: http://virtuelles-wasser.de/erbeere_apfel.html, Abgerufen in 11/2020
[7] “Orange Juice Production Line”, in: TICO, URL: http://www.juicemakingmachine.com/complete-line/orange-juice.html, Abgerufen 11/2020
[8] Detzel, Andreas und Kauert, Benedikt “Umweltbilanz von Fruchtsäften”. in: ifeu.de, URL: https://www.ifeu.de/umweltbilanz-von-fruchsaeften/, Abgerufen 11/2020
[9]”Wie wird Apfelsaft hergestellt?”, in ugb.de, URL:https://www.ugb.de/exklusiv/fragen-service/wie-wird-apfelsaft-hergestellt/?apfelsaft-fruchtsaefte, Abgerufen11/2020
[10] Drösser, Christoph: «Wie viel Wasser verbrauchen wir?», in: Internetseite Zeit Online, 08.05.2017, URL: https://www.zeit.de/online/2009/25/infografik-wasser?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com
[11] Flynn, Isabel: «Weniger Wasser essen», in: Internetseite Kofu-zup, Juli 2017, URL: https://kofu-zup.ch/asp/db/pdf/ZUP88-17_Konsum_Wasser.pdf , Abgerufen 11/2020
[12]Urban, Thomas:”Dürres Land” in: Süddeutsche Zeitung, URL: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wassermangel-in-spanien-duerres-land-1.3777459#:~:text=In%20den%20Regionen%20Almer%C3%ADa%20und,weniger%20zur%20inl%C3%A4ndischen%20Wertsch%C3%B6pfung%20bei. , Abgerufen 30.11.2020
[13]Königshofer, Manuela: “Ausgepresst: Hinter der Kulissen der Orangensaftindustrie”, in: supplychainge.org, URL: http://www.supplychainge.org/produkte-at/orangensaft/
[14] Zhiyenbeck, Abdikayim und Beretta, Claudio: “Ökobilanzierung Früchte- und Gemüseproduktion”, in: ETH Zürich, URL: https://www.wwf.ch/sites/default/files/doc-2018-02/2017-02-Studie-Fruechte-und-Gemuese-Oekobilanz_0.pdf , abgerufen 11/2020
[15]”Obstverwertung”, in: Getränkelussi.ch, 2011. URL: http://www.getraenkelussi.ch/__/frontend/handler/document.php?id=150&type=42 , Abgerufen am 30.11.2020
[16] “Orange Facts” in Internetseite softschools.com, URL: www.softschools.com/facts/plants/orange_facts/611/, Abruf 19.11.2020.
[17] Pat, Thomas: “Behind the Label: orange juice” in Internetseite Ecologist, 13.07.2009, URL: www.theecologist.org/2009/jul/13/behind-label-orange-juice, Abruf 19.11.2020.
[18] Richford, Nannette: “How Long do Apple Trees Live?” in Internetseite Garden Guides, 21.09.2017, URL: www.gardenguides.com/68072-apple-trees/, Abruf 19.11.2020