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A4A Gruppe 2a – Was steckt hinter einem Liter Obstsaft? Wasserbedarf, Transport und Anbau von Saft aus Orangen und Schweizer Äpfeln

Was steckt hinter einem Liter Obstsaft? – Wasserbedarf, Transport und Anbau von Saft aus Orangen und Schweizer Äpfeln

 

Autor*innen:

Tobias Larcher, Clémentine Ramuz, Leoni Rast, Gianna Rupf, Lea Stern, Cyril Studach, Flurin Wacker

 

Einleitung

Vergleicht man den Wasserbedarf für die Herstellung von Orangensaft mit dem der Produktion von Apfelsaft, so merkt man, dass für einen Liter Apfelsaft tatsächlich ungefähr 12% mehr Wasser benötigt wird: Für einen Liter Orangensaft sind es 1020 Liter Wasser, für einen Liter Apfelsaft 1140 Liter [1]. Allerdings gibt neben der absoluten Menge an Wasser noch viele weitere Aspekte, die bei einem Vergleich der beiden Obstsäfte berücksichtigt werden müssen, auf die wir in diesem Text eingehen wollen.

Die drei Wasser-Kategorien

Als erstes gilt es zu beachten, welche Art von Wasser verwendet wird. Hierfür wird zwischen drei Kategorien unterschieden [9]:

  • Grünes Wasser ist die verwendete Regenwassermenge, z. B. wenn dieses von Pflanzen aus dem Boden aufgenommen wird [9];
  • Blaues Wasser kann in den verschiedenen Stadien der Produktion genutzt werden und entspricht der verbrauchten Menge an Oberflächen- und Grundwasser [9];
  • Graues Wasser ist das Volumen an Wasser, welches durch die Produktion stark verschmutzt wurde und nicht mehr gebraucht werden kann oder die benötige Wassermenge um diese Verschmutzung auszugleichen. In diesem Fall handelt es sich um ein Mass der Verschmutzung [9].

Um ein Kilogramm Orangen herzustellen, sind 560 Liter Wasser notwendig, davon 72% grünes, 20% blaues und 9% graues Wasser. Für ein Kilogramm Äpfel braucht man 822 Liter Wasser, davon sind 68% grün, 16% blau und 15% grau [1]. Es ist auffällig, dass bei Äpfeln der Anteil des grauen Wassers deutlich höher ist und somit auf eine grössere Verschmutzung hindeutet.

Herkunft der Früchte

Wenn wir uns etwas vom Thema des Wassers wegbewegen, kommen wir zu einem weiteren wichtigen Aspekt beim Vergleich: Die Herkunft der Säfte. Orangensaft wird grösstenteils aus Brasilien importiert. Dieser wird zuerst per Schifffrachter nach Belgien oder in die Niederlande gebracht und anschliessend mit LKWs in ganz Europa verteilt [2]. Der Apfelsaft kommt im hier behandelten Fall aus der Schweiz. Mit Angaben zur Entfernungen und den Transportmitteln können wir die CO₂ Emission (17 g/tkm mit Schiff und 68 g/tkm mit LKW [11]) für einen Liter Orangesaft berechnen: Brasilien ist 12’000 km von Europa entfernt[10] (diese Strecke wird mit dem Schiff zurückgelegt) und von Rotterdam bis zur Abfüllstation von Granini in der Schweiz werden mit dem LKW 830 km zurückgelegt. Somit kommen wir auf insgesamt 260 g CO₂ für den Transport von einem Liter Orangensaft, da der Orangensaft aber meist als Konzentrat transportiert wird, ist es vermutlich weniger.

Die Anbaumethoden im Vergleich

Des Weiteren ist es entscheidend die Anbaumethoden von Orangen in Brasilien und den Äpfeln in der Schweiz zu vergleichen.

Bei den Orangensaftplantagen in Brasilien ist der Pestizideinsatz ziemlich hoch. Dies führt zu relevanten Umwelt- und Gesundheitsschäden. Vor allem Wildbienen, welche eine wichtige Rolle bei der Bestäubung von Orangenblüten spielen, sind stark betroffen. So wurde zwischen 2008 und 2010 ein Verlust von 10’000 Bienenstöcken in São Paolo vermerkt, in einer der wichtigsten Regionen für den Anbau von Orangen. Gewisse Spritzmittel, die dort verwendet werden, sind in der EU gar nicht mehr zugelassen [3]. Die Biodiversität in den Hauptanbaugebieten wird durch die beträchtliche Dichte an Monokulturen gefährdet. Ein weiterer negativer Effekt einseitiger Anbauflächen ist eine höhere Anfälligkeit gegenüber Pflanzenkrankheiten und Schädlingen [4]; und neue Krankheiten können wiederum zu einer Erhöhung des Pestizideinsatzes führen, so wie es z. B. der Fall war, als die Orangenbaumkrankheit «Greening» aus Asien eingeschleppt wurde [3]. Bei biologisch angebauten Orangen ist die Lage natürlich anders; hier wird auf künstliche Mineraldünger und chemische Pflanzenschutzmittel verzichtet [5]. Allerdings verwenden wichtigen Importeure wie Cutrale, Citrosuco und Louis Dreyfus [2] keine biologischen Anbaumethoden für die Orangen.

Betrachten wir nun die Apfelproduktion in der Schweiz. Dabei gilt es hauptsächlich zwischen traditionellen Streuobstwiesen und „moderneren“ Monokulturen zu unterscheiden [6], wobei die ersten nach Schätzungen des Naturschutzbundes NABU ungefähr 80% der Obstbaufläche ausmachen [7].

Streuobstwiesen bestehen aus unterschiedlichen Hochstammbäumen, die in einem gewissen Abstand zueinander gepflanzt werden. Der Platz zwischen den Bäumen kann als Weide genutzt werden. Dadurch ist auf Streuobstwiesen eine grosse Biodiversität vorhanden. Die Fauna kann bis zu 5000 Arten umfassen; u. a. Insekte, Spinnentiere und Tausendfüssler, Amphibien, Reptilien sowie zahlreiche Vogelarten. Ungefähr zehn Mal mehr Vögel finden hier Nahrung als auf Flächen des intensiven Obstbaus. Da Streuobstwiesen vielen Arten einen Lebensraum bieten, aber durch die Intensivierung der Landwirtschaft verdrängt werden, stehen einige nun sogar unter Naturschutz [6]. Der Konsum von Apfelsaft von Streuobstwiesen hat einen direkten Einfluss auf den Erhalt der Hochstammbäume [8] und somit auch auf die Biodiversität.

Obstbäume von Plantagen, bei welchen die Bäume dicht aneinander stehen, sind wesentlich krankheitsanfälliger als die Obstbäume von Streuobstwiesen. Somit werden hier auch einige Pestizide eingesetzt; man kann mit 15 bis 20 Spritzungen pro Vegetationsperiode rechnen. [7]

 

Orangenplantage in Brasilien [13]

 

Streuobstwiese in der Schweiz [14]

Fazit

Abschliessend können wir sagen, dass der Wasserbedarf für Apfelsaft tatsächlich höher ist als der für Orangensaft. Der Anteil des grauen Wassers ist bei der Herstellung von Apfelsaft deutlich höher und somit auch die Wasserverschmutzung. Dieser Punkt steht eigentlich im Widerspruch zu den Informationen bezüglich den Anbaumethoden, da beim Schweizer Apfelsaft ein deutlich grösserer Anteil der Saftmenge ohne den Einsatz von Pestiziden gewonnen wird. Allerdings könnte es sein, dass Orangen, welche zum Verzehr gedacht sind, anders produziert werden als solche, die zu Saft verarbeitet werden; zudem ist die Wasserangabe der Äpfel nicht unbedingt nur auf Schweizer Äpfel bezogen.

Um ein endgültiges Urteil zu fällen, ist es notwendig die verschiedenen Aspekte zu gewichten und auch Punkte wie z. B. die Luftverschmutzung beim Transport (neben den Treibhausgasen), die Schritte zur Herstellung des Saftes und die Arbeitsbedingungen in den zwei Ländern zu vergleichen. Wir würden nach unserem aktuellen Wissen den Konsum von Schweizer Apfelsaft dem von Orangensaft vorziehen, da hierbei die einheimischen Streuobstwiesen gefördert werden. Ebenfalls denken wir nicht, dass die geringere Wasserverschmutzung bei der Produktion von Orangensaft die negativen Folgen des Transports ausgleichen kann (hier müsste auch noch untersucht werden, ob der Wasserverbrauch für den Transport, z. B. für die Treibstoffherstellung, schon in dem Wasserbedarf von Orangensaft berücksichtigt wurde). Zudem bezweifeln wir, dass der Unterschied an Wasserbedarf  so eine wichtige Rolle spielt, da in der Schweiz momentan noch kein direkter Wassermangel besteht. In Brasilien hingegen gehen über 70% des verbrauchten Wasser in die Landwirtschaft (Daten von 2015), und so kam es in gewissen Regionen schon zu Wassermangel [12].



Quellen 

[1] Arjen Hoekstra & Water Footprint Network, “Product gallery”, in: Internetseite Waterfoodprint, aktualisiert 2017, URL:  https://waterfootprint.org/en/resources/interactive-tools/product-gallery/, Abruf am 08. Dez. 2020 

[2] N.N., “Ausgepresst: Hinter den Kulissen der Orangensaftproduktion”, in: Internetseite Supplychainge, aktualisiert 2013, URL: http://www.supplychainge.org/fileadmin/user_upload/SC_Squeeze_out_DE.pdf, Abruf  am 08. Dez. 2020 

[3] Latina-Press, “Lateinamerika: Menschen und Umwelt auf Brasiliens Orangenplantagen” in: Internetseite Latina-Press, aktualisiert 11. Okt. 2015, URL: https://latina-press.com/news/208697-lateinamerika-menschen-und-umwelt-auf-brasiliens-orangenplantagen/, Abruf am 23. Nov. 2020  

[4] Dr. Von der Reden, Bettina, “Stärkung des kleinbäuerlichen Orangenbaus in Brasilien” in: Internetseite Fairtrade Deutschland, URL: https://www.fairtrade-deutschland.de/was-ist-fairtrade/arbeitsschwerpunkte/fairtrade-projekte-zu-arbeitsschwerpunkten/staerkung-des-kleinbaeuerlichen-orangenanbaus-in-brasilien, Abruf am 23. Nov. 2020  

[5] Von Kalben, Beatrix, “Zitrusfrüchte: Anbau und Handel – vom Baum in den Laden” in: Internetseite Planet Wissen, aktualisiert 26. Okt. 2020, URL: https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/lebensmittel/zitrusfrucht_beliebt_gesund_und_farbenfroh/pwieanbauundhandelvombaumindenladen100.html, Abruf am 23. Nov. 2020  

[6] N.N., “Streuobstwiesen”, in: Internetseite Wikipedia, aktualisiert 18. Okt. 2020, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Streuobstwiese, Abruf am 08. Dez. 2020 

[7] N.N., “Streuobst vs. Plantagenanbau? “Das Wunder von Mals” – Film und Diskussionsveranstaltung mit dem Dokumentarfilmer Alexander Schiebel und mit Steffi Lemke”, in: Internetseite Grüne im Landkreis Harz, aktualisiert 01. Jan. 2018, URL: https://gruene-harz.de/nachrichten/kvvolltext/article/streuobst_vs_plantagenanbau_das_wunder_von_mals_film_und_diskussions_veranstaltung_mit_dem_dokumentarfilmer_alexander_schiebel_und_mit_steffi_lemke/, Abruf am 08. Dez. 2020 

[8] N.N., “Obstpressen laufen auf Hochturen”, in: Internetseite Swissfruit, aktualisiert 14. Seb. 2020, URL: https://www.swissfruit.ch/de/infothek/obstpressen-laufen-auf-hochtouren, Abruf am 08. Dez. 2020 

[9] M. M. Mekonnen and A. Y. Hoekstra, “The green, blue and grey water footprint of crops and derived crop products“, in Internetseite: Waterfoodprint, aktualisiert 2011, URL: https://waterfootprint.org/media/downloads/Mekonnen-Hoekstra-2011-WaterFootprintCrops.pdf, Abruf am 08. Dez. 2020 

[10] N.N., “Ökobilanz des Orangensaft – Wieviel Wasser braucht man für 1 Liter Saft?“, in Internetseite: Praxis Umweltbildung, aktualisiert 1999, URL: https://www.praxis-umweltbildung.de/dwnl/h2o_planet/blauerplanet_info_oekobilanz.pdf, Abruf am 08. Dez. 2020 

[11] Umweltbundesamt, “Wie energieeffizient ist ein Schiff?” in: Internetseite Umweltbundesamt Deutschland, aktualisiert 06.09.2019, URL: https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/wie-energieeffizient-ist-ein-schiff, Abruf am 08. Dez. 2020 

[12] Russau, Christian, “Weltwassertag: Brasiliens Wasserkrise: Sparen, Verbrauch – und was haben wir damit zu tun?” in: Internetseite Kooperation Brasilien, aktualisiert 22. März 2015, URL: Weltwassertag: Brasiliens Wasserkrise: Sparen, Verbrauch – und was haben wir damit zu tun? — Kooperation Brasilien e.V. (kooperation-brasilien.org), Abruf am 05. Dez. 2020 

[13] Busch, Alexander, “Monopol am Frühstückstisch: Wie ein Kartell den Orangen-Markt kontrolliert“, in Neue Zürcher Zeitung, aktualisiert 17. Feb. 2018, URL: https://nzzas.nzz.ch/hintergrund/fruehstueckstisch-monopol-wie-orangen-kartell-den-weltmarkt-kontrolliert-ld.1358241?reduced=true, Abruf am 05. Dez. 2020 

[14] Hochstammobst.ch, “Mehrfachnutzen”, in Internetseite Hochstammobst.ch Foto Galerie, URL: https://www.hochstammobst.ch/68/hochstammbaeume, Abruf am 07. Dez. 2020 

 

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