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32 Methoden: Problembasiertes Lernen (PBL)

32..1 – Kurzbeschreibung

Die Kernidee problemorientierten oder problembasierten Lernens besteht darin, Unterricht und Lernen im Geist des Problemlösens zu gestalten. Zwei funktionale Prototypen lassen sich dabei unterscheiden: Während im traditionellen, einem Wissens-Anwendungs-Paradigma verpflichteten Unterricht i.d.R. wohl definierte («well-defined») Probleme primär der Vertiefung, Überprüfung und Anwendung von bereits erworbenem Wissen dienen (z. B. Aebli, 1983), steht in neueren Konzepten der problemorientierte Wissenserwerb bzw. das generative Problemlösen (Klauser, 1998) anhand von fachlich bedeutsamen, authentischen («ill-defined») Problemen im Zentrum. Während im ersten Fall die Lernenden bereits vor der Lösung der als «Anwendungsaufgaben» verstandenen Probleme über das notwendige Basiswissen verfügen müssen und das Lösen von Aufgaben dazu dient, einen bereits stattgefundenen Lernprozess zu «sichern», generieren die Lernenden beim problembasierten Lernen neues Wissen im Prozess der Problembearbeitung (vgl. Klauser, 1998, S. 278). Unterrichtseinheiten beginnen beim problembasierten Lernen nicht, wie das häufig geschieht, mit längeren Phasen der Belehrung, sondern mit der Herausforderung selbständigen Lernens. Neben dem problemgeleiteten Erwerb von Grundlagenwissen stehen somit gleichrangig ebenfalls die Aneignung von fachlichen Problemlösefertigkeiten und von «soft skills» im Zentrum.

Situiertes Wissen
Nach der Auffassung des situierten Wissens und Lernens (Brown, Collins, Duguid, 1989; Gräsel, 1997; Greeno, 1998; Lave & Wenger, 1991) stellt komplexes Lernen einen situations- und kontextgebundenen, im Rahmen sozialer Transaktivität (Kooperation und Kommunikation) und Unterstützung (Instruktion und Lernbegleitung) stattfindenden Vorgang dar. Wissensinhalte sind immer bis zu einem gewissen Grad an die Kontexte gebunden, in denen sie erworben worden sind. Aus- schliesslich dekontextualisiert vermitteltes Wissen läuft fast zwangsläufig Gefahr, «träge» und in Anwendungssituationen schlecht nutzbar zu sein (Gruber, Mandl & Renkl, 2000), weil die Kontexte ihres Erwerbs sich stark von jeglichen Anwendungssituationen unterscheiden.

Nach der Auffassung des situierten Lernens

  • lassen sich Wissensinhalte, die nicht ein Stück weit in Übertragungssituationen erworben worden sind, nur schlecht auf neue Situationen übertragen;
  • wird die Entstehung von «trägem Wissen» (Renkl, 1996) reduziert, wenn durch die Gestaltung von Lernumgebungen die Lernsituationen den realen Anwendungssituationen möglichst nahe kommen;
  • wird flexibel nutzbares Wissen vorzugsweise in semantisch reichhaltigen, ‹authentischen›, d. h. nicht von Beginn weg komplexitätsreduzierten Kontexten erworben;
  • wird komplexes fachliches Lernen dann produktiv, wenn dessen Inhalte problemorientiert und aus multiplen Perspektiven erarbeitet werden;
  • kommt selbstreguliertem Lernen beim Aufbau einer Wissensbasis eine hohe Bedeutung zu, weil sich dadurch fachnahe Fähigkeiten der Selbststeuerung, des Dialogs und der Ko-Konstruktion, der zielgerichteten Planung und des Projektmanagements ausbilden können;
  • ist das Wissen nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in konkreten Lerngruppen sozial geteiltes Wissen («socially shared knowledge»), d. h. es wird von den beteiligten Individuen durch soziale Transaktionen gemeinsam entwickelt (ko-konstruiert) und ausgetauscht – womit der diskursiven Qualität von Lehr-Lerndialogen eine wichtige Bedeutung zukommt.

Mit dem Begriff des situierten Lernens wird im Kern nichts anderes postuliert als die prinzipielle Nicht-Trennbarkeit von Kognition und Kontext, Lernprodukt und Lernprozess, Inhalt und Form, Wissen und Anwendung – d. h. von Kategorien, die in herkömmlichen Lehr-Lernkonzeptionen meist separiert werden. So wird in traditionellen Lehrveranstaltungen der didaktischen Sorgfalt in der Planung von Lernsituationen, insbesondere hinsichtlich der Förderung studentischen Arbeits- und Lernverhaltens, oftmals wenig Aufmerksamkeit zuteil. Was damit unerkannt bleibt, sind die Folgen für die kognitive Charakteristik von Lernverständnis und Lerntransfer. Die vielleicht wichtigste Einsicht aus der Forschung zum situierten Lernen lautet, dass die didaktische Gestaltung eines Lernvorganges wesentlich darüber mitbestimmt, welche Kompetenzen erworben werden und innerhalb welcher Bandbreiten sich diese auf neue Situationen übertragen lassen. Weil schulische Lernsituationen jedoch selten wirklich authentisch sein können, sollen diese so geplant werden, dass Lernende bereits während des Lernprozesses Gelegenheit erhalten, den Lerninhalt aus möglichst vielen Perspektiven zu 
betrachten und in verschiedenen Zusammenhängen und Kontexten zu bearbeiten. Dies im selbstgesteuerten und sozialen Umgang mit repräsentativen Aufgaben und vielfältigen Informationsangeboten. Darüber hinaus sollten die Lernenden in der flexiblen Anwendung des Gelernten unterstützt werden.

 

Quelle: Ausschnitt aus dem Text Problemorientiertes Lernen – Tiefenstruktur, Gestaltungsformen, Wirkung; Kurt Reusser, aus: Beiträge zur Lehrerbildung 23 (2) 2005


Methodik & Didaktik

Charakeristisch an der PBL Methode ist das Vorgehen mit den sieben Schritten:

 

 


 

Quellen:

 

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