20.1 – Lernaufgabe
20.1.1 – Einleitung
Lernaufgaben sind nicht nur eine nette Abwechslung, sondern vor allem eine sehr effiziente Unterrichtsmethode. Dabei werden verschiedene positive Auswirkungen kombiniert:
„Time on task“: | Die Lernenden beschäftigen sich intensiv mit dem Stoff. |
Konstruktivismus: | Die Lernenden bauen ihr Wissen selbst auf. |
Alle aktiv: | Alle Lernenden sind selber aktiv, nicht nur das beste Drittel. |
Individualisierung: | Jeder arbeitet in seinem eigenen Tempo. Ziele und Hilfestellungen können individualisiert werden. |
Lernziele: | Die Ziele und der Massstab sind bekannt. |
Gezielte Fragen: | Vorbereitete Fragen zeigen deutlich höhere Aktivität der Studierenden und bessere Ergebnisse als „Fragen-aus-dem-Stand“. |
„Mastery“: | Die Lernaufgabe ist so konzipiert, dass 80% die Ziele erreichen. Damit erreicht man ein gutes Niveau und eine gute Motivation. |
Kognitives Niveau: | Lernaufgaben liegen auf Kognitionsstufe 2 bis 6 und fördern neben deklarativem auch prozedurales Wissen (Arbeitsmethodik). |
Alle Sinne aktiv: | Der neue Teil des Stoffes wird nicht nur passiv aufgenommen, sondern selber aktiv erarbeitet. Dies kann allenfalls auch eine „hands-on“ Komponente haben (Auseinandersetzung mit konkretem Gegenstand). |
Abwechslung: | Lernaufgaben sind eine Abwechslung zum „normalen“ Unterricht und wirken auch dadurch motivierend. |
Unterstützung: | Die Lehrperson gibt falls nötig Hilfestellungen, greift aber selber möglichst wenig ein. |
20.1.2 – Prinzipien von Lernaufgaben
20.1.3 – Ziele einer Lernaufgabe:
- Lernaufgaben sind eine willkommene Abwechslung in sonst eher lehrerzentrierten Unterricht. Sie sprechen neben der Fachkompetenz auch die Selbstkompetenz an.
- Die Lernenden können unter Anleitung Wissen aufbauen und entwickeln dadurch die Sicherheit, motivierter und selbstsicherer an entsprechende Aufgaben heranzugehen.
- Die Lernenden können bereits vorhandenes Wissen weiter entwickeln und sich durch Überlegungen neues Wissen aneignen und Sachverhalte verstehen. Sie können daraus Prinzipien herleiten und erklären.
20.1.4 – Aufbau einer Lernaufgabe
Lernaufgaben sollten mehr oder weniger folgende Komponenten enthalten:
Das (Halb-)Neue
Die Studierenden lernen während der Bearbeitung der Lernaufgabe neuen Stoff dazu. Das
selbständige Erarbeiten neuer Wissenselemente ist die Kurzform des entdeckenden Lernens. Dabei ist die „time on task“ sehr hoch. Die Lernaufgabe ist keine Repetitionsübung und keine Anwendung. Was haben die SuS bisher gelernt und was kommt Neues auf sie zu? Welcher Lerntransfer wird durch die Aufgabe ermöglicht (Praxiskontext, klinischer Hintergrund, Alltag, etc.)?
Hinweise zum Vorgehen und Hilfsmittel
Während der Bearbeitung hilft der Lehrer nicht. Er unterstützt nur bei grösseren Lernwiderständen. Deshalb muss das Problem genau beschrieben werden. Mit einer genauen Arbeitsanleitung wird sicher gestellt, das die Lernenden den Lehrstoff selbständig erarbeiten können. Dem wird mit den nötigen Informationen zum Kontext, zu den Hilfsmitteln und gegebenenfalls neuen Techniken Rechnung getragen.
Verfügbare Zeit angeben
Ein Umfang von 15 bis max. 30 Minuten ist ideal oder in der selbstorganisierten Lernphase (Landwehr/Müller). Die Zeit sollte eingehalten werden.
Sozialform: Einzel-, Partner-, oder Gruppenarbeit
Klare Anweisungen geben, damit die Energie auf die Aufgabe gerichtet werden kann. In aller
Regel keine Noten geben. Dann steigt die Kreativität. Ansonsten die Modalitäten genau bekannt geben, wie zusammen gearbeitet werden muss.
Massstab
Die Kriterien bekannt geben, wann die Lernaufgabe erfolgreich erledigt worden ist. Damit auch die Schwächsten einen Erfolg haben, zwei bis drei Lösungsstufen anbieten.
Konstruieren Sie die Lernaufgabe so, dass mindestens 80% aller Lernenden die Lernaufgabe erfolgreich bearbeiten. 20% sollten mindestens einen Teilerfolg melden können. Möglichkeit von Zusatzaufgaben für die schnelleren SuS bedenken. Hinweise: Wer die Lernaufgabe nicht erfolgreich bearbeitet, erlebt einen doppelten Negativeffekt, er lernt in der genutzten Zeit nichts und erfährt seine Unfähigkeit.
Kontext von Lernaufgabe
Verwenden Sie einen aussagekräftigen Titel und klären Sie ihre Zuhörer über den Zusammenhang, den Kontext oder Zweck der Lernaufgabe auf. Einsichtiges Lernen ist effektiver als blindes (aus Sicht der SuS nutzloses) Lernen.
Schriftlich ausformulierte Aufgabe
Nur eine schriftliche, sorgfältig ausformulierte Formulierung führt zur gewünschten Denkleistung der Lernenden. Was ist der genaue Arbeitsauftrag, was müssen sie wie machen?
Aufbau der Lernaufgabe
- das (Halb-) Neue
- Hinweise zum Vorgehen
- Hilfsmittel
- Angaben zur Zeit
- Sozialform
- Massstab
- Kontext
- konkrete Aufgabenstellung
Beispiel einer Lernaufgabe
Quellen:
- ETH Zürich, Fachdidaktik ITET(2009)
- Frey Karl / Frey-Eiling Angela (2004): Allgemeine Didaktik; utb GmbH, Stuttgart
- Grell Jochen/ Grell Monika (2010): Unterrichtsrezepte; Beltz, Weinheim und Basel
- Städeli Christoph / Obrist Willy (2013): Kerngeschäft Unterricht; hep verlag, Bern